Im Visier des Todes
schön begann zu zerbröckeln, zu etwas Hässlichem wie der Fassade des Studios draußen zu werden. Die nasse Kleidung klebte an ihrem Körper. Sie zitterte leicht. »Weißt du, was Perles d’Or bedeutet? Viele von den hier erwähnten Mädchen haben das als letzte Notiz dort stehen. Meistens in Verbindung mit einem anderen Künstlernamen. Sagt man das so – Künstlername?«
Er zögerte. » Perles d’Or ist Französisch und heißt übersetzt goldene Perlen. Man kann auch Liebesperlen dazu sagen, was zugegebenermaßen etwas doppeldeutig klingt.« Wie zur Bekräftigung glitt sein Blick an ihr herab, und ein warmer Strom folgte ihm durch ihr Inneres, um sich in ihrem Schoß zu sammeln. Ein Schluck Whiskey an einem kalten Tag, der vibrierende Klang eines Cellos in ihrem Bauch – er war so vieles für sie. So nah. Keine Schlagzeile dieser Welt würde sie dessen berauben.
» Perles d’Or. « Liebesperlen. Sie musste sich zwingen, den Faden wieder aufzunehmen und sich nicht in Gedanken an seine Hände, die ihren Bauch entlangglitten, zu verlieren. »Ist das eine Modemarke oder etwas Ähnliches? Eine Werbekampagne vielleicht?«
»Noch nie gehört.«
Sein distanzierter Ton brachte sie zur Verzweiflung. Es lag kaum ein Schritt zwischen ihnen, und doch war er ihr so fern. Sie zitterte deutlicher, fühlte sogar, wie ihr Kinn bebte. »Und der Scout? Hat der etwas mit Nick zu tun? Stecken die beiden unter einer Decke?«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon du sprichst.«
»Verdammt, Kay, was ist nur mit dir los?«, schrie sie ihn an. Noch ein wenig, und sie hätte ihn mit der Mappe geschlagen. Sie stieß den Atem aus und ließ den Arm sinken. Was stimmte nicht mit ihm? Was stimmte nicht mit ihr? Sie starrte zu Boden. »Angeblich sucht er Mädchen für eine Fashion Week in Russland, gibt es die Show wirklich? Kannst du mir sagen, ob die Sache seriös ist?«
Er seufzte. »Ich kenne die Aurora Fashion Week in St. Petersburg, falls du das meinst. Die Veranstaltung ist relativ bedeutungslos – selbst für Osteuropa. Was nicht heißt, dass sich das nicht ändern kann, schließlich gibt es sie erst seit vier Jahren. Es dauert einige Zeit, bis sich eine Stadt als Modemetropole etabliert hat. Da braucht man nur zu sagen: Berlin. Wie auch immer. Ist das alles, was du wissen wolltest?«
Sie hatte nicht geahnt, dass es so wehtun würde. Er machte Schluss mit ihr. Pass auf dich auf und … leb wohl! Auf einmal erschöpft, lehnte sie sich gegen die nächste Wand, versuchte ihren Körper zum Verstummen zu bringen. Die kalte Nässe ihrer Klamotten – mehr sollte sie in seiner Nähe jetzt nicht spüren. »Das war’s also?«
Das war’s. Sie schloss die Lider. Und spürte es trotzdem. Wie er an sie herantrat und ihr Gesicht in die Hände nahm, wie alles in ihr ihm entgegenfieberte und sie den Mund öffnete, um seinen Kuss zu schmecken, trotz allem.
Aber es waren nur Worte, die sein Atem auf ihre Lippen hauchte. »Du hast mir versprochen, dass du die Sache sein lässt. Was muss denn noch alles passieren, damit du aufhörst, mit dem Feuer zu spielen?«
Lass es … Eine Warnung, in das Fleisch ihrer Mutter eingeritzt.Sie schlug die Augen auf und befreite sich aus seinem Griff.Ihre Stimme vibrierte in ihrer Kehle, überschlug sich, strapazierte die Stimmbänder bis zum Äußersten. »Warum ist dir so wichtig, dass ich das sein lasse? Warum versuchst du mit aller Macht, mich davon abzuhalten, Fragen zu stellen? Was … was führst du im Schilde? Warum hatte meine Mutter solch eine Panik vor dir?«
Warst du es vielleicht doch? Sie hatte es nicht gesagt, aber er musste es so verstanden haben. Sein Blick wurde dunkler. Als würde sie in einen Abgrund, auf ein schäumendes Meer hinuntersehen. In die Tiefen. In die keiner je blicken sollte.
»Ist das so schwer zu verstehen?« Für einen Augenblick biss er die Zähne zusammen. An seinem Kiefer traten die Muskeln hervor, sein ganzer Körper spannte sich an. »Weil ich nicht will, dass dir etwas zustößt. Weil ich dich … «
»Ja, was? Weil du mit mir spielst? Ich brauche doch nur ein paar Antworten!« Sie stieß ihn vor die Brust, stolperte selbst – ihm entgegen. Er fing ihre Handgelenke ab. Eine Sekunde lang starrten sie einander in die Augen. Nur eine Sekunde lang. Und sie bemerkte, dass auch er zitterte.
Unverwandt ließ er ihre Arme los. »Du bist völlig durchnässt. Ich sorge dafür, dass dich jemand nach Hause fährt.«
Ihre Augen brannten, als sie zusah, wie er sich
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