Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Visier des Todes

Im Visier des Todes

Titel: Im Visier des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Krouk
Vom Netzwerk:
gesprochen.«
    Worüber? Ihr wurde eng ums Herz. Als wäre die feuchte Kälte des Winters eine klamme Hand, die nach ihren Eingeweiden griff. »Doch Ihnen ist die Geschichte anscheinend bekannt.«
    »Vor einiger Zeit ist Kays biologischer Vater wieder aufgetaucht. Ein ekelhafter Kerl. Ist psychisch labil, wenn Sie mich fragen, streift obdachlos umher, wenn er nicht gerade wieder einmal wegen irgendetwas festgenommen wird.«
    Instinktiv blickte Leah sich um. Als trüge der Wind ihr das Quietschen und Klappern eines mit Tüten bepackten Einkaufswagens zu. Das wutverzerrte Gesicht tauchte vor ihrem geistigen Auge auf. Die Finger, die sich in ihre Oberarme bohrten. » DU hättest tot sein sollen « und » Troll dich, ja, troll dich! « im röchelnden Atem.
    »Er verfolgt Kay?«
    »Ich wollte, dass der Typ ihn in Ruhe lässt, also habe ich ihm Geld angeboten. Viel Geld. Er kam betrunken und redselig an. Wissen Sie, wie oft Kay von zu Hause abgehauen ist? Wie lange er auf der Straße gelebt hat, um diesem Mann zu entkommen?«
    Leah schluckte. »Nein. Ich … ich weiß nicht viel über ihn.«
    »Die Mutter hat die Familie verlassen, ist einkaufen gegangen und nicht mehr zurückgekommen – ohne ihre Sachen zu packen, als wollte sie nichts aus ihrem Leben mitnehmen. Der Vater hat daraufhin angefangen zu saufen und Kay zu misshandeln.« Elinor sog so heftig an der Zigarette, dass ihre sonst runden Wangen hohl wurden. »Und was glauben Sie, was mir dieser Mistkerl sagt, als ich ihn treffe?« Der Rauch entwich aus ihrem Mund wie aus einem Drachenmaul. » › Ich hätte ihn totschlagen sollen, als ich noch die Kraft dazu hatte . ‹ Ich kann mir kaum vorstellen, was Kay durchmachen musste. Ich glaube, die Spuren davon trägt er bis heute.«
    »Er … er hat gelernt davonzulaufen. Richtig?« Wie Céline gelernt hatte, andere zu verlassen. Und ich, allen Beziehungen abzuschwören. »Aber ich kann ihn nicht zwingen zurückzukommen.«
    Oder mit mir zusammen zu sein. Zwei kaputte Seelen. Die zusammen so wunderbar über die Vergangenheit schweigen konnten.
    »Reden Sie mit ihm, das ist alles, worum ich Sie bitte. Sie sind die Einzige, die ich kenne, die zu ihm durchdringen kann.« Elinor warf die Zigarette auf den Asphalt, drückte sie mit der Schuhspitze aus und holte aus dem Auto einen Umschlag. »Hier sind ein Flugticket nach Paris, eine Hotelreservierung und die Einladung zur Galerieeröffnung, auf Ihren Namen ausgestellt.«
    »Warum machen Sie das? Wir sind nicht gerade die besten Freundinnen.«
    »Ich mache das nicht für Sie, ich mache das für Kay, damit er endlich Frieden in seinem Leben findet. Das Flugzeug startet in zwei Stunden.«
    »In zwei Stunden? Aber ich habe doch nichts … «
    »… gepackt?« Elinors Blick glitt über ihre Kleidung, bis zu den Pumps und den Socken. »Da bin ich aber froh, ehrlich gesagt. Und keine Sorge, für den heutigen Abend braucht Cinderella nur das Kleid und die Schuhe. Am Flughafen müssen Sie bloß Ihren Ausweis vorlegen, keinen Reisepass – ich habe mich erkundigt. Ich bringe Sie hin.«
    »Mein Ausweis ist drinnen im Haus«, stammelte Leah. In ihrem Kopf drehte sich alles. Paris. Kay.
    Vor allem Kay.
    »Dann holen Sie ihn schnell, na los!« Elinor klopfte auf das Dach ihres Autos. »Diese Kürbiskutsche mit ihren Pferdestärken wartet nicht lange. Und ich hoffe, Sie müssen nicht vor Mitternacht zu Hause sein. Oder etwa doch?« Eine von Elinors dünnen Augenbrauen zuckte hoch. Leah folgte Elinors Blick zum Haus und sah ihre Mutter an einem der Fenster.
    Vielleicht sollte sie Thessa und ihrer Mutter die Chance geben, noch ein paar Kekse einzuäschern, statt mit trüber Miene eine Spielverderberin zu mimen.
    »Nein. Muss ich nicht.«
    »Na wunderbar!« Elinor lächelte und hob ihre ausgedrückte Zigarette auf, die geschürten Lippen schienen sogleich loszupfeifen. Ich war noch niemals in …
    Nun ja.
    Paris.

29
    »Je suis impressionnée par ton vernissage, Kay! Il ne faut pas souligner que je les trouve phénoménales, tes photographies, n’est-ce pas?« Ihre weißen Zähne strahlten Kay zwischen den bordeauxrot schimmernden Lippen an. Die rauchige Stimme wiegte im Takt der Musik, die eine Liveband auf einer Minibühne am Ende des Saals von sich gab. Alles so samtig-seidig-feierlich wie das Rascheln der teuren Roben um ihn herum, das ihm langsam, aber sicher Kopfschmerzen bescherte.
    » Kay? « In den blaugrünen Augen der Dame prickelte es wie in dem filigranen Glas, das sie in ihrer

Weitere Kostenlose Bücher