Im Visier des Todes
auf den Schuhkarton. Die Fotos ohne Céline ertrug sie nicht. »Bei Kay.«
Es war ihr egal, was danach kommen würde.
Aber es kam nichts. Absolut nichts. Nur dieser Blick.
Das Telefon zerklingelte die Stille.
Die Mutter erhob sich schwerfällig und begab sich auf die Suche nach dem Hörer.
Thessas vom Glühwein heiße Handflächen strichen über Leahs Oberschenkel. »Es tut mir leid, was ich über Céli gesagt habe. Das hätte ich nicht tun dürfen. Ich habe sie geliebt. Ich dachte, ich könnte auch ihr etwas von dieser Liebe beibringen, mit meiner Nähe, mit ein wenig Geduld. Aber die Zeit dafür war uns nicht vergönnt. Meinst du, es hätte zwischen uns funktioniert?«
»Ich weiß es nicht.« Leah stand auf. »Sie lief gern fort, um nicht verlassen zu werden. Sie konnte nichts dafür.« So ist es besser für alle. Bitte verzeih mir! Zeit, sich ihren eigenen Verlustängsten zu stellen. Sie brachte den Karton weg.
Als sie ins Wohnzimmer zurückkam, reichte die Mutter ihr das Telefon. »Da ist eine Frau für dich. Ich habe ihr gesagt, dass du beschäftigt bist, aber sie ließ sich nicht abwimmeln.«
»Ich bin nicht beschäftigt.« Sie griff zum Hörer und seufzte ein » Hallo? « hinein, das von einer viel zu lauten Stimme sogleich fortgerissen wurde: »Bevor Sie direkt auflegen: Es ist wichtig, ich habe lange überlegt, ob ich das hier tun soll, und bin zu dem Entschluss gekommen, dass wir zwei miteinander reden müssen.«
Die Mutter blieb neben ihr stehen, und Leah wusste, dass die viel zu enthusiastische Stimme bis zu ihr drang.
»Elinor?«, flüsterte sie betont leise. Die Managerin folgte ihrem Beispiel und reduzierte die Lautstärke ebenfalls: »Ja, natürlich, haben Sie jetzt eine Möglichkeit, mit mir zu sprechen? Es ist dringend, und allzu viel Zeit haben wir leider nicht.«
Die Mutter wandte sich demonstrativ ab. Leah machte ein paar Schritte von ihr weg zum Fenster, stützte sich mit einer Hand auf der Fensterbank ab und spähte hinaus. »Wir reden doch schon.«
»Doch nicht am Telefon, kommen Sie raus, ich stehe praktisch vor Ihrer Tür, Sie werden den blauen Mazda nicht übersehen.«
»Ähm … «
»Schön, dann bis gleich!« Elinor legte auf.
Die Mutter nahm ihr den Hörer aus der Hand. »Wer war das?«
»Nur eine Bekannte«, murmelte sie.
»Wer? Die hatte einen komischen Akzent.«
»Niemand, Mama. Niemand.« Sie ging in den Flur, nahm ihren Trenchcoat und zog die Schuhe an.
Die Mutter folgte ihr. »Du willst schon wieder weg?«
»Es dauert nicht lange.« Nach ein paar Schritten hatte sie das Gefühl, mit Elefantenfüßen auf Streichhölzern zu laufen. Die dicken Socken mit den Bommeln an der Seite eigneten sich denkbar schlecht für ein elegantes Stolzieren auf den Absätzen ihrer Büropumps.
»Leah, ich will endlich wissen, was hier vorgeht.«
»Nichts.« Sie schlüpfte aus dem Haus und stöckelte den Kiesweg entlang zur Straße. Während die Bommeln bei jedem Schritt um ihre Waden flogen.
Die azurblaue Farbe des Mazda Cabrios verhöhnte den regenschwangeren Himmel. Elinor hatte sich gegen den Wagen gelehnt und bibberte merklich in ihrem beigefarbenen Kostüm aus dünnem Wildleder, während der Wind gegen ihre glatt gegelte Zuckergussfrisur kämpfte.
»Leah, danke, dass Sie gekommen sind!« Die Managerin streckte eine Hand aus. Leah drückte sie. Einige Sekunden lang sahen sie einander an.
»Eigentlich wollte ich mit Ihnen schon heute früh im Studio reden, aber Sie sind zu schnell weggelaufen, und ich gehöre leider nicht gerade zu den besten Joggern.«
Die nächste Böe stieß Leah einen Schritt vorwärts. Sie zog die Schultern hoch und verschränkte die Arme vor der Brust. »Sie haben gesagt, wir hätten nicht allzu viel Zeit. Worum geht es?«
»Kay musste nach Paris fliegen. Als er wegging … «
»Elinor, ich fürchte, ich habe die letzten Stunden damit verbracht, mir einzureden, dass es mich nicht mehr interessiert, was Kay macht oder nicht. Sagen Sie ihm … Nein. Sagen Sie ihm nichts. Auf Wiedersehen!« Sie wandte sich zum Gehen. Der Wind schnitt ihr ins Gesicht, sie blinzelte, als ihre Augen zu tränen begannen. Dieses Mal zerfloss sie zumindest nicht vor Herzschmerz. Hoffte sie jedenfalls.
Die Managerin hielt sie am Ärmel zurück. »Warten Sie, ach, ich weiß wirklich nicht, wie ich das alles erklären soll. Warten Sie.« Elinor tippelte um den Wagen herum, holte eine Schachtel vom Beifahrersitz und brachte sie her. »Das ist für Sie.«
Instinktiv nahm Lea den
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