Im Visier des Verlangens
Unterbrechung noch Bestand.
Die Vorhänge in ihrem Zimmer waren zurückgezogen, das Mondlicht zeichnete einen schimmernden Pfad zu ihrem Bett und den silbrigen Umrissen ihrer schlanken Gestalt. Mit angezogenen Beinen kauerte sie auf dem Bett, die Arme um ihre Knie geschlungen. Er sah den anmutigen Schwung ihres Fußes, der unter einem weißen Nachthemd hervorlugte.
Beim Geräusch an der Tür fuhr sie herum. „Mein Gott, Ned. Mir blieb fast das Herz stehen vor Schreck.“
Unter dem langen wallenden Hemd schien sie nackt zu sein. Der Mund wurde ihm trocken.
Es war sehr lange her. Und verdammt noch mal, er begehrte sie. Er wollte ihre Rundungen unter dem Stoff fühlen, wollte mit zwei langen Sätzen zu ihr eilen und sie auf die weiche Matratze werfen. Mächtiges Verlangen durchströmte ihn, das Blut rauschte ihm in den Ohren wie ein reißender Fluss, der all seine guten Vorsätze wie Treibholz wegzuschwemmen drohte.
Sie streckte die Beine, entblößte ihre wohlgeformten Waden und erhob sich anmutig. Im Mondlicht wirkte der dünne weiße Stoff durchsichtig, und er sah ihre schmale Taille, die Kurven ihrer Hüften. Es juckte ihn in den Fingern, sie zu berühren.
Sie gehört dir. Du hast das Recht, sie zu nehmen.
Stirnrunzelnd sah sie ihn an. „Du trägst erstaunlich viel Kleidung.“
„Tatsächlich? Das war mir gar nicht bewusst.“ Der Stoff seiner Hose war sein einziger Schutz, die Rüstung, hinter der er den Beweis seiner Wollust verbergen konnte. Er war seit dem Betreten ihres Zimmers zum Bersten erregt.
Er näherte sich keinen Schritt, konzentrierte sich stattdessen auf seine Atmung. Er hatte die Kontrolle, nicht seine pochende Erregung. Nicht seine fiebernde Fantasie. Er hatte dieKontrolle. Und er war kein wildes Tier.
Doch dann näherte sie sich ihm, umwallt von dem durchsichtigen Hemd, das sich bei jedem Schritt an ihre Schenkel schmiegte. Sie stemmte die Hände in die Hüften, wodurch der raschelnde Stoff noch mehr von ihrer Figur preisgab. Eine große Herausforderung, auch wenn ihr das nicht bewusst war.
„Also wirklich, Ned, ist das so hart für dich?“
„Unerträglich hart.“ Und lang und schwellend.
„Nun ja, ich bin deine Frau. Wir wissen beide, was wir zu tun haben.“ Sie seufzte. „Können wir es einfach hinter uns bringen? Ich wehre mich nicht dagegen.“
Sie versprach, ihm zu Willen zu sein, im Tonfall einer Magd, der man aufgetragen hatte, den Stall auszumisten. Aber selbst diese klägliche Ermunterung bewirkte, dass Neds Erregung noch mehr schwoll. Seine Vernunft drohte in tausend Scherben zu zersplittern. „So funktioniert das nicht.“
„Es funktioniert nicht?“ Ratlos senkte sie den Blick. „Ich verstehe. Die Jahre im Ausland haben dich verändert. Früher hat es problemlos funktioniert.“
Es schwoll noch mehr bei der direkten Anrede. Ned verfluchte sich im Stillen, die Hosen nicht mit einem weiten Morgenrock vertauscht zu haben, der es verborgen hätte. „ Es funktioniert, glaube mir. Mit einer Berührung könntest du dich davon überzeugen, dass es in diesem Moment sehr wohl funktioniert.“
Sie streckte die Hand aus, er aber hielt ihre Finger fest, bevor sie ihren Reiz auf ihn überprüfen konnte.
„Das war eine Feststellung.“ Ihre Hand zitterte in seiner wie ein gefangener kleiner Vogel. „Keine Einladung. Es ist noch keine zwölf Stunden her, als du behauptet hast, das Letzte, wonach dir der Sinn steht, wäre eine komplizierte Liebesaffäre.“
„Gütiger Himmel.“ Sie entzog ihm ihre Hand und schüttelte die Finger. „Wir sind verheiratet. Das hat doch nichts mit einer Liebesaffäre zu tun. Es ist ja nicht so, als müsstest du michverführen. Kein anderer Mann hätte solche Skrupel.“
Zweifellos. Unter Skrupel verstanden die Herren aus gehobenen Kreisen die Mühen, derer sie sich unterzogen, um ihre Mätressen vor ihren Ehefrauen geheim zu halten. Man beruhigte Skrupel, indem man einem Wohltätigkeitsverein beitrat und für die Notleidenden in der Kirche großzügige Geldspenden leistete. Skrupel war der Mantel der Wohlanständigkeit, den man im Dunkel der Nacht ablegte, wenn eine Frau flüsterte, sie sei willig.
„Genau das ist der Punkt.“ Neds Stimme kratzte heiser. „Ich will nicht wie jeder andere Mann sein. Ich will besser sein.“
Sie verdrehte die Augen. „Ja, das kann ich mir denken. Du bist besser. Und ausdauernder. Vergiss nicht, ich habe drei Jahre allein gelebt, umgeben von Männern, die damit prahlten, mich zu verführen. Zu
Weitere Kostenlose Bücher