Im Visier des Verlangens
zusammen. „Sie müssen wissen, dass ich Ihre Frau liebe wie eine Schwester. Ich würde niemals wünschen, dass ihr ein Leid geschieht. Warum sollte ich sie von Ihnen fernhalten, wenn sie Ihren Schutz braucht?“
Mit dieser Frage wagte sie sich auf gefährlich dünnes Eis. Er stieß den Atem hörbar aus, verengte die Augen und richtete seinen hasserfüllten Blick wieder auf sie. Hatte seine Verachtung ihr bereits Angst gemacht, so ließ dieser Blick sie zu Eis erstarren.
„Ja“, sagte er gedehnt. „Warum sollten Sie meine Frau vonmir fernhalten?“
Er trat einen Schritt auf sie zu. Kate wich zur Wand zurück.
„Warum sollten Sie Louisa von ihrem rechtmäßigen Ehemann fernhalten? Weil Sie denken, sie habe etwas von mir zu befürchten?“
Er näherte sich einen weiteren Schritt. Kate versuchte, ihm seitlich auszuweichen, er aber stieß ihr die Faust grob gegen die Schulter. Der Schlag warf sie gegen den geschnitzten Türstock, den sie nun schmerzhaft im Rücken spürte. Kate unterdrückte einen Schrei.
„Aber eine gehorsame Frau würde wissen, dass sie jetzt nichts von mir zu befürchten hat. Sie jedoch haben Angst vor mir, wie?“ Seine Hand krallte sich in ihre Schulter. „Louisa hat nichts zu befürchten, solange sie die Anordnungen ihres Ehemanns befolgt. Keine gottesfürchtige Frau würde je vom Pfad abweichen, den ihr der Mann zugewiesen hat, dem sie ihr heiliges Eheversprechen gab.“
„Nehmen Sie Ihre Hände von mir!“, befahl Kate erzürnt und stieß ihm die Fäuste gegen die Brust. Der Earl rührte sich nicht vom Fleck. „Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen.“
„Ja, was weiß eine wie Sie schon von einer gottesfürchtigen Frau?“ Harcroft drängte noch näher. Seinem Gehrock haftete ein schaler Geruch nach Rauch und Bier an. Kneipengestank. „Eine gottesfürchtige Frau würde ihren Ehemann nicht auf Abwege führen. Ned versprach mir heute Morgen, sich umgehend auf die Suche nach ihr zu begeben. Aber ein paar Stunden später spazierte er mit Ihnen durchs Dorf. Sie würden ihn nicht von seiner Aufgabe ablenken, wenn Sie nicht befürchten müssten, er könne Ihnen auf die Schliche kommen.“
„Sie haben den Verstand verloren.“ Kate erhob die Stimme. Jeden Moment würde ein Diener sie hören und einschreiten, und Harcroft wäre gezwungen, von ihr abzulassen.
„Tatsächlich? Eine gottesfürchtige Frau entführt keine Ehefrau, nicht wahr, Kathleen?“
Vielleicht würde kein Diener erscheinen. Aber Kate gehörtenicht zu den Frauen, die sich ängstlich duckten und auf Hilfe warteten. Sie war es leid, Angst zu haben. Entschlossen packte sie die Enden seiner Krawatte und drehte sie über Kreuz zu, so fest sie konnte, bis der Stoff in ihre Handflächen schnitt. Harcroft lief rot an, schnappte nach Luft, nahm seine Hände von ihr und griff sich an die eingeschnürte Kehle. Sie ließ los, und er riss sich das Tuch vom Hals.
Blitzschnell sprang Kate zur Seite.
Er starrte sie voller Hass an. „Sie gottverdammtes Miststück!“
„Ich sagte Ihnen doch, Sie sollen die Hände von mir nehmen.“ Ihr Herz klopfte wild gegen ihre Rippen.
Drohend hob er den Arm.
Was immer sie sagen würde, es wäre ohne Bedeutung. Ein Mann, der Frauen misshandelte, brauchte keinen Vorwand, um zuzuschlagen. Aber sie hatte nicht die Absicht, ihn zu besänftigen, damit hätte sie ihm noch mehr Macht über sie gegeben. Stattdessen ballte sie die Hände zu Fäusten. „Verlassen Sie augenblicklich mein Haus.“
Seine Faust flog. Sie konnte sich gerade noch rechtzeitig abwenden, um von dem brutalen Schlag nicht mitten im Gesicht getroffen zu werden. Seine Faust traf sie mit voller Wucht seitlich am Hals. In der ersten Schrecksekunde war sie wie betäubt, dass er es tatsächlich gewagt hatte, sie zu schlagen, und spürte nichts. Erst dann setzte der Schmerz ein.
Jetzt packte er sie am Ellbogen und versuchte, sie herumzureißen. Kate stieß ihm den Schuhabsatz gegen seinen weichen Stiefel. Ein spitzer, ausgesprochen unmännlicher Schrei entfuhr ihm. Dann drehte er ihr den Arm um, und ein stechender Schmerz fuhr ihr bis tief in die Schulter. Sie biss sich auf die Lippen.
„Wo ist meine Frau, Kathleen?“
Sein übler Atem hauchte feucht an ihr Ohr. Sie schüttelte den Kopf.
Er drehte ihr den Arm noch weiter um. „Ich habe Sie etwasgefragt. Wo ist meine Frau, Kathleen?“
Kate presste die Lippen aufeinander. Mochte Harcroft noch so grausam sein, niemals würde ihr auch nur ein Wort entschlüpfen. Was er sich
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