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Im Wald der gehenkten Füchse

Im Wald der gehenkten Füchse

Titel: Im Wald der gehenkten Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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durchaus zuzutrauen. Üble Sache, oder? Siira ist übrigens in Vehmersalmi und in Florida gewesen. Seit ein paar Wochen hat man ihn hier nicht mehr gesehen. Festgenommen wurde er nicht, er ist auf Reisen.«
    Oiva Juntunen seufzte schwer. Der Mörder Siira war jetzt unterwegs. Würde die lappische Wildmark sich als sicher erweisen, oder würde Siira den Weg zum Kuopsu finden? Oiva Juntunen schlief unruhig in dieser Nacht, und das war nicht allein Agnetas Schuld.
    »Ohne Fleiß kein Preis!«, rief Naska am nächsten Tag, als Agneta und Christine, ihrer Gewohnheit entsprechend, bis mittags im Bett lagen. Die alte Skoltfrau kommandierte die Damen zur Hausarbeit ab. Die war ihnen ein bisschen ungewohnt, aber Naska war eine geduldige Lehrerin. Sie nahm die beiden buchstäblich bei der Hand und zeigte ihnen, wie man den Fußboden fegte, die Soße abschmeckte oder die Laken im Saunakessel kochte, ehe man sie waschen konnte. Als Gegenleistung kämmten Agneta und Christine jeden Morgen und jeden Abend Naskas Haar. Sie brachten ihr bei, wie man beheizte Lockenwickler benutzte und sich die Augenbrauen zupfte. Sie hätten ihr auch die Nägel lackiert, doch damit war Naska nicht einverstanden.
    »Nicht die Finger anmalen«, protestierte die Alte, ließ aber zu, dass Agneta ihr die Fußnägel rot lackierte, weil man die in den Schuhen nicht sah. Christine streute Goldlamee auf Naskas silbergraues Haar. Naska amüsierte sich prächtig, als sie in den Spiegel blickte.
    »Das müsste Kiureli sehen!«
26
    Remes verliebte sich Hals über Kopf. Seine rauhe, schwarzbärtige Schale schmolz gleichsam dahin. Er wurde zu einem zerstreuten, hilfsbereiten Kavalier, der Süßholz raspelte, den Frauen die Tür aufhielt, hin und wieder die Mütze abnahm und Handküsse verteilte. Er lief mit Christine, dem Objekt seiner Bewunderung, häufig im Juha-Vainaan-Maa Ski, wobei er mit vorbildlichem Eifer die Spur legte. Wenn Christine ausruhen wollte, zog er seinen Pelz aus und breitete ihn über einen umgestürzten Baum, damit sie sich beim Sitzen nicht den Hintern verkühlte. Remes war so verliebt, dass er hin und wieder feuchte Augen bekam. Der Schritt des früheren Trinkers wurde fester, sein Bauch straffte sich, zog sich hinter den Gürtel zurück und blieb auch dort. Sein Herz pochte manchmal laut vor Glück, vor allem dann, wenn es ihm gelungen war, sich dem Objekt seiner Liebe mehr als sonst zu nähern. Christine reagierte auf die Gefühle des Majors mit all der Zärtlichkeit und Leidenschaft, die ihr bei ihrer hohen Qualifikation zur Verfügung stand.
    Remes plante bereits die Scheidung von seiner Frau. Diese hätte bestimmt nichts dagegen einzuwenden. Nur leider war Christine eine Hure, und nicht einmal versoffene Offiziere gingen mit solchen Frauen gern die Ehe ein. Remes sprach in schönen Worten von Umschulung und Berufswechsel, doch damit fand er kein Gehör bei seiner Flamme. Ihrer Meinung nach war es zu spät und außerdem unbedacht, zur früheren Tugendhaftigkeit und der damit verbundenen ständigen Armut zurückzukehren. Diese Aussage wurde verständlich, wenn man Christines Bericht über ihre Familie hörte. Das Mädchen kam wirklich aus elenden Verhältnissen.
    Ursprünglich stammte ihre Familie aus Deutschland. Im Berlin der Hindenburg-Zeit war es üblich, arme, kinderreiche Familien in neu errichteten Steinhäusern wohnen zu lassen, die nach dem Verputzen noch feucht und somit für die vornehmeren Bürger zu ungesund waren. Christines Familie wohnte zig Wohnungen trocken, jeweils ein halbes oder auch ein ganzes Jahr. Auf diese Weise produzierten sie für das deutsche Bürgertum menschliche Wärme. Eingebracht hatte es den Trockenwohnern außer freier Miete auch Lungenkrankheiten, Keuchhusten und Rheumatismus. Christines Eltern wollten sich retten, indem sie nach Dänemark zogen. Aber auch dort ging es ihnen nicht viel besser. Die Gicht war ihr ständiger Begleiter. In der Familie herrschte Armut, und so reiste die Tochter, nachdem ihr Brüste gewachsen waren und ihr Hintern die richtige Breite bekommen hatte, nach Kopenhagen, um dort in einer Bierkneipe Kellnerin zu werden. Schaumfeuchte Münder flüsterten ihr hier zu, wie sie leicht und angenehm Geld verdienen könnte. Von diesen Aussagen ließ sich das hübsche, arme Ding verleiten. Aus Rücksicht zog sie nach Stockholm, wo sie ihr neues Gewerbe ausüben konnte, ohne ständig fürchten zu müssen, dass Vater und Mutter von der Sache erfuhren. Christine wollte ihre lieben,

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