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Im Wald der stummen Schreie

Im Wald der stummen Schreie

Titel: Im Wald der stummen Schreie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grange
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von früher ... gesehen. Der Mörder hat es auf einen bestimmten Typus abgesehen, aber das ist auch nicht weiter erstaunlich. Vielleicht wählt er sie aus einem Grund aus, von dem wir nichts ahnen und ...«
    »Hast du die Punkte überprüft, um die ich dich gebeten hatte?«
    »In einem Punkt hast du Recht gehabt: Der Mörder hat bei den Laboratoires Pavois Fruchtwasser entwendet.«
    »Und meine zweite Frage?«
    »Da hast du dich geirrt. Wir haben die DNA-Analysen: Der Mörder ist ein Mann. Jedes Mal derselbe, natürlich.«
    Es ist ein Mann , dachte Jeanne, und ich kenne seinen Vornamen ...
    »Und was verrät uns die DNA sonst noch?«
    »Jedenfalls nicht seine Identität. Der Kerl ist erwartungsgemäß in keiner Datei drin.«
    »Hat er keinen genetischen Defekt? Irgendeine Besonderheit?«
    »Fehlanzeige, ein ganz gewöhnliches Profil. Keine Besonderheiten.«
    »Ist das alles?«
    Taine seufzte und löste sich von der Mauer, um auf und ab zu gehen.
    »Das ist alles«, murmelte der Richter, »nicht gerade viel. Nicht der geringste Anhaltspunkt. Keine Bilder, keine Zeugen. Niemand hat jemals eines der Opfer mit einem verdächtigen Typen gesehen, nicht einmal mit einem Unbekannten. Keine Spuren von Kontakten. Weder Telefon noch Internet. Dieser Kerl ist unsichtbar. Er ist aus dem Nichts aufgetaucht, hat sein Opferritual durchgezogen und sich anschließend wieder in Luft aufgelöst.« Taine schnalzte mit den Fingern. »Einfach so.«
    »Habt ihr die Lebensgewohnheiten der Opfer gründlich unter die Lupe genommen?«
    Der Richter baute sich, die Hände in den Taschen, vor Jeanne auf. Er stand mit dem Rücken zum Licht, aber seine Augen funkelten.
    »Was glaubst du denn? Reischenbach hat den Alltag der beiden Mädchen auf den Kopf gestellt. Kreditkarten. Scheckhefte. Handyanrufe. Wir haben sogar die Strecken überprüft, die sie mit öffentlichen Leihfahrrädern zurückgelegt haben. Nichts. Wir wissen nur, was mit Sicherheit nicht der Fall war. Sie haben sich nicht gekannt. Sie sind dem Mörder vor der Tat nicht begegnet.«
    »Ganz sicher?«
    »Jedenfalls hatten sie in den letzten sechs Monaten keinen Kontakt zu einer Person, die sie beide kannten. Im Übrigen lebten beide eher zurückgezogen. Die erste war mit einem Lehrer vietnamesischer Abstammung verheiratet. Die andere war nach zweijähriger, kinderloser Ehe frisch geschieden. Der Fettwanst Pavois war ihr Lover.«
    »Habt ihr ihren Ex vernommen?«
    »Jeanne, du kommst mir hier mit Routinekram. Diese Morde haben eine andere Dimension. Sie fallen völlig aus dem Rahmen, kapiert?«
    Sie hatte kapiert, ja. Der Wald, er beißt dich ...
    »Alles deutet auf einen Mörder hin, der methodisch vorgeht. Ungeachtet des Blutbads an den Tatorten bewahrt er einen kühlen Kopf. Er hat sich sein Opfer gezielt ausgesucht. Er hat es beobachtet. Er hat es verfolgt und in einem günstigen Augenblick zugeschlagen. All dies aus Gründen, die nur er kennt.«
    »Es kann doch nicht sein, dass ihr gar nichts habt.«
    Taine lehnte sich wieder in der Nähe der Briefkästen an die Wand.
    »Okay«, sagte er, »nur ein Detail.«
    »Was für ein Detail?«
    »Der Autismus.«
    »Kannst du etwas konkreter werden?«
    »Ich habe Näheres über die Arbeit des ersten Opfers, Marion Cantelau, herausgefunden. Sie arbeitete in einem Zentrum für Kinder mit tiefgreifenden Entwicklungsstörungen, zu denen hauptsächlich autistische Syndrome zählen.«
    »Und der Zusammenhang mit dem zweiten Opfer, Nelly Barjac?«, fragte sie naiv. »Oder dem Mörder?«
    »Bei Barjac weiß ich es nicht. Aber die verdrehten Hände des Mörders könnten auf eine autistische Störung hindeuten. Er bewegt sich auf allen vieren fort und dreht seine Handteller in Richtung seiner Füße.«
    Es gab noch weitere Symptome. Wieder hörte sie die Stimme Férauds: »Pronominale Inversion. Wiederholung von Fragen. Echolalie. Sogar sein Gesicht: Haben Sie bemerkt, dass es sich verformt, wenn der Andere spricht ...«
    Ohne es zu wissen, war Taine auf der Spur Joachims.
    Das Wesen in seinem Innern ...
    »Was glaubst du?«, fragte sie.
    »Ich hab mich informiert: Die Hypothese eines autistischen Mörders ist nicht haltbar. Er wäre psychisch nicht stabil genug, um solche Morde zu planen. Und vor allem: Ein Autist kann zwar gewalttätig werden, wenn er sich bedroht fühlt, aber er ist nicht imstande, jemanden vorsätzlich umzubringen.«
    »Könnte es einen Zusammenhang mit den Amniozentesen geben?«
    »Nein. Die Laboratoires Pavois können solche

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