Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Westen geht die Sonne unter

Im Westen geht die Sonne unter

Titel: Im Westen geht die Sonne unter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Anderegg
Vom Netzwerk:
gibt, werden ihn meine Kollegen in Fort Meade kennen.«
    »Glaube ich aufs Wort.«
    »Allem Anschein nach wird Li morgen Mittag dort erwartet.«
    Er blickte sie entgeistert an. »Das sagst du erst jetzt?«
    Wenn seine Vermutung stimmte, wartete noch einige Vorbereitungsarbeit auf sie. Diese Gelegenheit durften sie sich auf keinen Fall entgehen lassen.
     
    Gotthardmassiv, Zentralschweiz
     
    Die Müdigkeit übermannte ihn. Ryan hatte die halbe Nacht damit zugebracht, seinen kleinen Spionen die heutige Mission beizubringen. Emmas Anleitung war noch verbesserungsfähig. Erst nach einer ausgedehnten Telefonsitzung mit ihr gelang ihm die Programmierung. Nun waren die falschen Fliegen bereit, und er döste neben Alex auf dem Parkplatz zwischen Blockhäusern wie aus dem Bilderbuch.
    Er stand nackt im Hotelzimmer und suchte seine Kleider, da packte ihn eine Hand am Arm. Entsetzt sah er Jessies Ring am Finger.
    »Aufwachen«, befahl Alex.
    Er schlug die Augen auf. »Du kannst loslassen«, murmelte er verschlafen, als sie weiter rüttelte.
    Sie zeigte aufgeregt in den Rückspiegel. »Sie kommen. Das müssen sie sein.«
    Eine schwarze Limousine mit undurchdringlichen dunklen Scheiben fuhr auf der Dorfstraße auf sie zu. Der Wagen passte ins Bergdorf wie ein bunter Hund. Er fuhr an ihnen vorbei und bog wie erwartet in die schmale Nebenstraße ein, die vom Dorf zu den Felsen hinauf führte. Die Leute in Fort Meade hatten sie mit genauen Karten versorgt. Sie kannten die Koordinaten des Felstresors oberhalb Amsteg, aber niemand wusste, wo sich der Eingang befand, ob es gar mehrere Eingänge gab und welchen Li benutzen würde. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als seinem Wagen zu folgen. Ihr Vorhaben wurde dadurch nicht einfacher, nur viel gefährlicher. Auf der einsamen Bergstraße fiel jedes Fahrzeug sofort auf. Und Lis Gorillas waren nach dem Zwischenfall in Zürich mit Sicherheit doppelt auf der Hut. Ihre einzige Tarnung war der Jeep, den sie unten am See in Brunnen gemietet hatten. Er ging zur Not als landwirtschaftliches Fahrzeug durch. Sie hofften, die Leute hinter den dunklen Fenstern würden sie als Bauern weniger beachten.
    Alex startete den Motor. Sie folgten der Limousine in vorsichtigem Abstand. Eine Zeitlang verlief das Sträßchen zwischen dunklen Tannen, doch bald lichtete sich der Wald. In Haarnadelkurven wand sich die Straße an der Felswand hoch. Hinter jedem Vorsprung mussten sie damit rechnen, dass Lis Wagen anhielt. Ryan kurbelte die Scheibe herunter. Er nahm die verbleibenden Microbots in die Hand, ballte sie vorsichtig zur Faust. Sein Arm baumelte aus dem Fenster, als hielte er eine brennende Zigarette, bereit, die fliegenden Spione jederzeit loszulassen.
    »Achtung!«, rief Alex am Steuer. Sie sah den Wagen vor dem unscheinbaren Portal zuerst. Erschrocken trat sie auf die Bremse. Das Geräusch elektrisierte die beiden Leibwächter. Die Schlange und der Bulle wirbelten gleichzeitig herum und sandten stechende Blicke in ihre Richtung. Die Rechte des Bullen fuhr in seine Jacke, zweifellos an den Pistolengriff. Ryan legte seine freie Hand beruhigend auf Alex’ Knie, während er die Limousine nicht aus den Augen ließ. Sie hatten kaum etwas zu befürchten. Beide trugen große Sonnenbrillen und hatten ihre Baseball-Mützen tief ins Gesicht gezogen. Li und seine Truppe konnten sie unmöglich erkennen. Das einzige Problem war, dass Li nicht ausstieg, noch nicht.
    »Langsam«, zischte er, als Alex wieder Gas gab.
    Sie rollten gemächlich an der Limousine vorbei. Endlich öffnete die Schlange die Hintertür. Li stieg aus und eilte auf das Metalltor im Fels zu. Ryan warf den kleinen Schwarm künstlicher Fliegen in die Luft. Er verlor sie sofort aus den Augen, aber nach dem erfolgreichen Test in Zürich war er zuversichtlich, dass ihre winzigen Flügel auch diesmal rechtzeitig zu vibrieren beginnen und sie den Weg zur vorprogrammierten Silhouette finden würden. Er schätzte, dass wenigstens eine der Fliegen es schaffen sollte, sich unbemerkt an Lis Bein ins Felslabyrinth und wieder hinaus zu schmuggeln.
    »We have liftoff«, äffte er übermütig den NASA-Sprecher beim Raketenstart nach.
    »Dann kannst du ja deine Hand wieder wegnehmen«, meinte sie trocken.
    Er ließ ihr Knie los und grinste verlegen. »Entschuldige, ich dachte, es beruhigt dich.«
    »Ungemein.«
    Hinter dem nächsten Felsvorsprung hielt sie an. Sie mussten in der Nähe parken, um zu Fuß eine Stelle zu suchen, wo er das Tor unauffällig

Weitere Kostenlose Bücher