Im Westen geht die Sonne unter
blöd«, gab er zu.
»Danke. Hast du wenigstens die Viecher wieder?«
»Beide haben es geschafft, ein Wunder.« Er lehnte sich entspannt zurück und grinste erleichtert. Nicht zu glauben, die unmögliche Mission war geglückt. Zumindest sah es so aus. Sie fuhren eine Weile schweigend die schmale Bergstraße hinunter. Plötzlich begann sie zu lachen.
»Toll«, sagte sie mit ehrlicher Bewunderung. »Die Kollegen in Fort Meade werden die Fliegen lieben.«
»Du willst sie Emma abschwatzen?«
»Abkaufen, klar.«
»Viel Erfolg. Ich glaube nicht, dass sie je wieder ein Wort mit mir redet, wenn sie erfährt, wozu wir ihre Erfindung missbraucht haben.«
»Wenn schon«, murmelte sie spöttisch.
Er tat etwas, das er seit der Kindheit nie mehr getan hatte. Er begann während der Fahrt zu lesen. Er wusste, dass sein Magen sich umdrehen würde, wenn er nicht auf die Straße schaute, aber die Neugier war stärker. Die Aufzeichnungen der Microbots ließen ihm keine Ruhe.
Das erste Mal geschah es kurz nachdem sie unten im Tal angekommen waren. Die letzten Häuser von Amsteg waren noch in Sichtweite, als er hastig die Scheibe herunterkurbelte, den Kopf so weit es ging hinausstreckte und sich hustend und keuchend übergab. Vor Schreck nahm Alex den Fuß vom Gas. Ihren Kommentar beantwortete er mit einem schiefen Grinsen. »Du solltest schneller fahren«, riet er. »Bleibt weniger hängen.«
Er stank wie ein Schweinemäster, als er sein Zimmer im ›Hyatt‹ betrat. Er musste dringend duschen und sich umziehen. Dafür hatte Alex großes Verständnis. Sie wartete so lange auf seinem Sofa. Der saure Geschmack in seinem Mund wollte nicht verschwinden. Er putzte sich ein zweites Mal die Zähne, verzichtete dafür aufs Haare trocknen. Es musste schnell gehen. Was er unterwegs auf dem Display seines Handys gesehen hatte, war schlicht sensationell. Die Auswertung durfte keine Minute länger warten.
»Max müsste dieses Material in die Finger kriegen«, murmelte Alex staunend. Sie betrachtete Ausschnitte der Videoaufzeichnungen. »Seine Leute würden die Videos im Nu zu einer dreidimensionalen virtuellen Tour zusammenbasteln.«
»Schön, das kann Max später versuchen. An die Arbeit.«
Seine nächtliche Programmierarbeit machte sich bezahlt. Diesmal blieben die Minispione nicht einfach an Lis Hosenbein haften. Sie hatten die Aufgabe, sich von ihrem Zielobjekt zu lösen, sobald es sich eine gewisse Zeit nur wenig bewegte. Dann sollten sie sich über den Köpfen so positionieren, dass ihre Kamera eine Totale der Szene mit Li im Zentrum aufnehmen konnte. Wie sich herausstellte, waren seine Parameter gut gewählt. Beide Videos aus leicht unterschiedlichen Blickwinkeln wirkten wie ein spannend geschnittener Film über die geheimen Innereien des Felstresors. Am Ende der anstrengenden Analyse-Sitzung hatten sie eine genaue Vorstellung über den Bereich der unterirdischen Festung, wo Lis eigentlicher Stahlschrank lag. Und sie hatten die Goldbarren im Tresorraum gesehen, als wären sie selbst dort gewesen.
Todmüde, mit brennenden roten Augen und trockenem Mund mixte er zwei Drinks aus der Minibar. »Auf Emmas Fliegen«, prostete er Alex zu.
Sie lächelte müde. »Und auf uns.«
»Auf uns, richtig«, stimmte er zu. »Nur schade, dass Li bloß seine Barren gezählt hat. Ich wüsste zu gerne, was er sonst noch in seinem Panzerschrank versteckt.«
»Schauen wir nach«, meinte sie trocken.
Er warf ihr einen verwunderten Blick zu. Es war keine ironische Bemerkung.
Sie doppelte nach: »Du hast völlig recht. Wir müssen wissen, was da drin ist. Vielleicht finden wir dort das fehlende Glied zwischen ›Galaxy Boom Industries‹ und der aktuellen Finanzkrise.«
»Und dem Goldboom und dem Beinahe-Zusammenbruch des globalen Währungssystems und noch ein paar anderen Kleinigkeiten. Aber wie willst du das anstellen?«
Statt zu antworten, stellte sie eine Gegenfrage: »Ist dir irgendetwas aufgefallen, was uns daran hindern könnte?«
»Unsere Gesichter?«
»Ich glaube nicht, dass die ein Problem sind mit der richtigen Geschichte. Wichtig ist doch nur, dass wir jetzt die Eintrittsprozedur kennen. Und die Zugangscodes.«
Den PIN-Code des Safes kannten sie zwar noch nicht, aber für einen Spezialisten war es ein Kinderspiel, die Ziffern aus den Piepsern abzuleiten. So verrückt ihre Idee war, der Plan, den Felstresor endgültig zu knacken, könnte gelingen.
»Du kannst natürlich jederzeit aussteigen, wenn du willst«, fuhr sie
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