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Im Westen geht die Sonne unter

Im Westen geht die Sonne unter

Titel: Im Westen geht die Sonne unter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Anderegg
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Steg ragte. Er ignorierte den strafenden Blick der Angestellten, drückte Alex auf die frei gewordene vorderste Sitzbank und spähte vorsichtig hinaus. Leg ab, verdammt noch mal, beschwörte er den Mann am Steuer im Stillen. Die Angestellte am Eingang löste das erste Tau. Er atmete auf, setzte sich erleichtert neben Alex. Ein ärgerlicher Ruf ließ ihn wieder auffahren. Der Bulle tauchte am Einstieg auf, stampfte die kleine Treppe herunter ins Boot. Die Schlange folgte ihm auf dem Fuß. Mit fiesem Grinsen setzte sich der Gorilla neben seine Kollegin zu einem älteren Paar zwei Schritte hinter ihnen. Der Steuermann wechselte ein paar Worte mit der aufgebrachten Angestellten. Sie begann das zweite Tau zu lösen. Er packte Alex mit eisernem Griff am Arm und flüsterte hastig: »Mach jetzt genau, was ich sage. Wir steigen aus.« Das Tau war los, die Angestellte kam ins Boot. Die Hand des Steuermanns legte sich auf den Gashebel. Auf diesen Augenblick hatte er gewartet. Er zerrte Alex wie ein Gepäckstück an der schockierten Angestellten vorbei die Treppe hinauf. »Spring!«, schrie er. Sie gehorchte augenblicklich, stieß sich von der Schiffsplanke ab und umklammerte den Pfosten des Bootsstegs. Er folgte ihr, rettete sich mit einem kräftigen Satz über die klaffende Lücke aufs Trockene. Aus den Augenwinkeln sah er das Handgemenge am Einstieg. Die Gorillas wollten ihnen nachsetzen, aber das Boot hatte Fahrt aufgenommen und entfernte sich rasch vom Steg.
    Alex stieß eine wüste Verwünschung aus, begleitet vom einschlägigen Handzeichen. »Lass das!«, schnauzte sie ihn an, als er ihr beruhigend den Arm um die Schulter legen wollte.
    Seine Hand zuckte zurück, als hätte sie ihn gebissen. »Entschuldige«, murmelte er, dann grinste er sie so unverschämt an, wie der Bulle ihn angegrinst hatte.
    »Du findest das sehr amüsant, wie?«
    »Der Plan hat doch funktioniert.«
    Sie schnaubte verächtlich. »Plan, welcher Plan? Ein Wunder, dass wir noch leben.«
    »Dabei sollten wir es auch bewenden lassen«, meinte er trocken. »Wir müssen hier verschwinden. Ich weiß nicht, wie lange unsere Freunde auf dem Schiff bleiben.«
    Dagegen konnte sie nichts einwenden. Sie trottete mit hängendem Kopf hinter ihm durch die Gaffer, die sie anschauten wie Wesen von einem andern Stern.
    »Wo sind wir eigentlich?«, wollte er wissen.
    »In Zürich.«
    »Wer hätte das gedacht. Im Ernst: Hast du eine Ahnung, wie wir zum ›Hyatt‹ kommen?«
    Sie nickte nur und marschierte los. Über verschlungene Wege, durch die Gassen der Altstadt, an Modeboutiquen, Galerien und Antiquitätengeschäften vorbei, die ebenso teuer wie verlassen aussahen, kehrten sie unbehelligt ins Hotel zurück. Alex hatte die ganze Zeit kein Wort gesprochen.
    »Ich glaube, wir sollten erst mal zur Ruhe kommen«, sagte er vor ihrer Zimmertür. Sie steckte die Schlüsselkarte verkehrt in den Schlitz, zog sie nervös wieder heraus, versuchte es nochmals. »Du solltest dich ein wenig hinlegen, dann reden wir über ...«
    Weiter kam er nicht. Die Tür öffnete sich. Sie packte ihn am Kragen, zog ihn hinein und bevor die Tür wieder ins Schloss fiel, klebten ihre heißen Lippen auf den seinen. Der Verstand des Mathematikers verabschiedete sich ohne Gegenwehr. Ihre Brüste pressten ihn an die Wand. Ihre Hand fuhr in seine Hose. Unversehens lagen Kleider auf dem Boden. Sie wälzten sich eng umschlungen auf ihrem Bett, ein zuckendes Knäuel geballter Lust.
     
    Verwirrt schlug Ryan die Augen auf. Eine Stimme hatte ihn geweckt. Ihre Stimme. Er lag splitternackt in ihrem Bett, stellte er entsetzt fest. Sein schlechtes Gewissen saß im Bademantel am Schreibtisch und sprach gedämpft ins Telefon. Mit einem Schlag erinnerte er sich. Er fuhr auf, rannte ins Bad und versteckte sich in der Dusche. Er errötete beim Gedanken an das, was im Nebenzimmer geschehen war. Nicht aus Scham, wie er erschüttert feststellte. Das Blut schoss ihm in den Kopf, weil er ihre warme, seidene Haut noch am ganzen Körper spürte, ihren feinen Zitronenduft noch in der Nase hatte, und weil er wünschte, diese Eindrücke würden nie verblassen. Wie Tiere waren sie übereinander her gefallen, und er bereute keinen Augenblick. Er schaute zu, wie das Wasser über seinen Körper lief. Animalischer Sex war es, an nichts anderes konnte er denken. Sein Glied begann sich wieder aufzurichten. Er stöhnte leise, schloss die Augen. Der letzte Funke Verstand versuchte verärgert, die Erektion zu verhindern, aber er war zu

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