Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Westen geht die Sonne unter

Im Westen geht die Sonne unter

Titel: Im Westen geht die Sonne unter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Anderegg
Vom Netzwerk:
keine Eindringlinge«, stellte er fest, und Danny wusste, dass er jedes Wort ernst meinte.
    »Gut für uns«, schmunzelte der Direktor. »Tut mir leid, dass Sie das Unwetter noch erwischt hat. Ich hätte Sie warnen müssen. Manchmal finden hier alle Jahreszeiten am selben Tag statt. Zum Glück sind wir immer gut aufgehoben im Berg.«
    Li stellte Danny vor. Bodyguards und Uniformierte blieben unbeachtet. »Dr. Chen ist unser Chefingenieur, Mr. Weder. Ihn müssen Sie überzeugen.«
    Der Direktor lächelte selbstzufrieden. »Wird mir ein Vergnügen sein. Ich bin sicher, die Anlage wird Ihren Ansprüchen vollauf genügen. Unser Tresor ist so sicher wie Fort Knox. Nur widerstandsfähiger.« Dabei zeigte er stolz auf das Bergmassiv, in das die Kaverne mit der Bezeichnung ›K23‹ gehauen war. »Bitte folgen Sie mir, meine Herren.«
    Auf einen Wink seines Auftraggebers holte Danny den übergroßen, flachen Metallbehälter aus dem Kofferraum. Zum ersten und wie er hoffte letzten Mal betrat er das Labyrinth, das einer der sichersten Orte in der ohnehin sicheren Schweiz sein sollte. Sicherer als jeder Banktresor. Die zwei Uniformierten hinter ihm schlossen das Tor. Tony und Mei mussten draußen bei den Fahrzeugen bleiben. Sie waren für die Sicherheit des Chefs von ›Galaxy Boom Industries‹ zuständig. Was ihr Arbeitgeber vor dem Zugriff chinesischer und taiwanischer Behörden im Felstresor versteckte, ging die Personenschützer nichts an.
    Sie befanden sich in einer kleinen Felskammer, deren anderes Ende eine offensichtlich tonnenschwere Panzertür abschloss. Die Hand des Direktors flog über die Tasten des Kästchens neben der Tür. Nach ein paar Piepsern hörten sie metallische Klicks. Begleitet von leisem Summen schwang die zwanzig Zentimeter dicke Stahltür auf. Im Raum dahinter warteten zwei weitere Angestellte mit Handscannern. Selbst der unantastbare Mr. Li musste die demütigende Prozedur des Abtastens über sich ergehen lassen. Langsam fand Danny Gefallen an diesem ungewöhnlichen Ausflug. Sie mussten die Taschen leeren wie bei der Sicherheitskontrolle vor einem Flug, mit dem Unterschied, dass ihr Handy und andere Elektronik, die sich für Bild- oder Tonaufnahmen eignete, zurücklassen mussten. Nur der versiegelte Metallbehälter blieb von der gründlichen Durchsuchung verschont.
    »Ihre Wertsachen sind für uns selbstverständlich tabu«, erklärte der Direktor.
    »Sie wissen nicht, was Ihre Kunden hier aufbewahren?«, fragte Li lauernd. Bei einer falschen Antwort hätte er die Kaverne sofort wieder verlassen. Das wusste der Direktor so gut wie Danny.
    »Wir dürfen und wir wollen nichts darüber wissen. Was in Ihrem Tresor lagert liegt allein in Ihrer Verantwortung. Deshalb gibt es natürlich auch keine Überwachungskameras und solche Dinge in den privaten Räumen, sonst wären wir längst nicht mehr im Geschäft. Da können Sie wirklich ganz beruhigt sein, Mr. Li.«
    Das geschäftliche Argument überzeugte seinen Auftraggeber mehr als jede technische Erklärung. Trotzdem war sich Danny sicher, dass kein Koffer, keine Tasche ohne Kontrolle passieren konnte. Er nahm an, dass die Einmann-Schleusen, die sie noch durchschreiten mussten, mit versteckten Röntgengeräten und Sprengstoffschnüfflern ausgestattet waren. Sie hatten keine Probleme damit. Sie schmuggelten keine AK-47 und Bomben in die Kaverne. Drei weitere, schwer bewachte Kontrollposten und mit PIN-Code gesicherte Panzertüren warteten auf sie. Dann endlich betraten sie einen hell erleuchteten, langen Korridor mit Türen zu beiden Seiten, der sich ebenso gut in irgendeinem Hotel hätte befinden können. Der Direktor öffnete eine der ersten Türen.
    »Unser Hotelbereich«, sagte er lächelnd. »Komplett mit Gästezimmern, Restaurant, Lounge und Sitzungszimmern. Erlauben Sie, dass wir Ihnen eine kleine Erfrischung servieren, bitte sehr.« Er führte sie in einen diskreten Klubraum mit weißen Ledersesseln und verchromtem Bar-Tresen. Ein cooler VIP-Klub mitten im Berg. »Ich werde die Gelegenheit benutzen, Ihnen die Einrichtungen in unserem Fort zu erklären und Ihre Fragen zu beantworten.«
    Sie waren zu dritt. Obwohl er keine Kamera entdecken konnte, wurde Danny das Gefühl nicht los, dass sie nicht die Einzigen waren, die sahen und hörten, was hier gesprochen wurde. Die Unterhaltung blieb denn auch unverbindlich und allgemein. Beide Seiten vermieden jede Anspielung auf ihre ›Wertgegenstände‹. Die Versicherungssumme, die Li nennen musste, war

Weitere Kostenlose Bücher