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Im Westen geht die Sonne unter

Im Westen geht die Sonne unter

Titel: Im Westen geht die Sonne unter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Anderegg
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Prozent, um die teure Klinik bezahlen zu können.
    Eric schüttelte müde den Kopf und sagte mit heiserer Stimme: »Danke, dass du gekommen bist.«
    »Entschuldige, aber du schaust mich an, als hättest du ein Gespenst gesehen.«
    »Vielleicht habe ich das«, meinte der Produktionsleiter leise, ohne die Spur eines Lächelns.
    Danny versuchte, ihn aus der Reserve zu locken. »An der Arbeit kann’s nicht liegen«, schmunzelte er. »Unsere neue Technologie hat alle Tests mit Bravour bestanden, und wie ich annehme sind die Platinen unterwegs zum Kunden.«
    Eric nickte stumm.
    »Na also, wo liegt das Problem?«
    »Hast du dich nie gefragt, wozu die oberen, verschlüsselten Schichten des Chips benötigt werden?«, fragte Eric mit Grabesstimme. Der Blick, den er ihm zuwarf, war voller Abscheu, als ekelte er sich plötzlich vor der eigenen Arbeit.
    »Sekundäre Filter, Kontroll-Software?«
    Es hatte ihn nie wirklich interessiert, wofür ihre Kunden die Chips und Computer-Boards benutzten, die sie herstellten. Ihre Hardware war für nahezu beliebige Anwendungen programmierbar. Es war müßig, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Die Entwicklung der neusten Generation von Silikonoxid-Memory allein hatte seine ganze Aufmerksamkeit erfordert und ihm manch schlaflose Nacht bereitet. Nun waren die Bauteile mit der Frucht ihrer Arbeit unterwegs. Jedes Board bestückt mit den fantastischen Speichermodulen in revolutionärer 3D-Technik. Die einzelnen Bits wurden nicht mehr nur in einer Ebene gespeichert wie bisher, sondern in mehreren dicht übereinander gepackten Schichten. Mit den nur fünf Nanometer kleinen Siliziumoxid-Kristallen erreichten sie zudem eine sehr hohe Speicherdichte, ohne zusätzliche Hitze zu erzeugen. Ihre Chips waren bei gleichem Stromverbrauch ein Vielfaches leistungsfähiger als herkömmliche integrierte Schaltungen.
    »Die Spezifikation verlangt keine 3D-Logik«, sagte Eric düster.
    Danny erschrak. War der alte Mann im Begriff, den Verstand zu verlieren? Seine ganze Entwicklung der 3D-Technik beruhte doch auf der Vorgabe des Kunden. Er wusste nicht, was er antworten sollte.
    »Du hast schon richtig gehört, mein Junge«, fuhr Eric fort. »Der Kunde hat konventionelles Memory spezifiziert.«
    »Ich glaube nicht, dass ich über deinen Scherz lachen kann, Eric. Wir haben die neue Technik genau nach dem Auftrag von Lis Tochterfirma entwickelt. Wie kommst du darauf ...«
    Eric unterbrach ihn mit einer Handbewegung. »Das weiß ich auch«, sagte er unwirsch. »Aber das ist genau der Punkt. Ich habe herausgefunden, dass die exklusive Computerfirma des Mr. Li nicht der ursprüngliche Auftraggeber ist. Ich bin sicher, unser Kunde ist nur ein Strohmann. Mr. Lis Firma hat die Spezifikationen verändert. Ich habe die ursprünglichen Anforderungen gesehen. Dort steht nichts von zusätzlichen Schichten.«
    Danny traute seinen Ohren nicht. »Was du da sagst ...« Ihm fehlten die Worte.
    »Ist die reine Wahrheit«, ergänzte Eric. »Ich habe die Beweise sichergestellt – für alle Fälle. Ich habe keine Ahnung, was hier vorgeht, aber ich fürchte, es ist nichts, worauf wir stolz sein können.«
    Die Gedanken drehten sich wild in Dannys Kopf. Hin- und hergerissen zwischen Unglauben, Enttäuschung und totaler Verunsicherung versuchte er sich vorzustellen, was die Enthüllung des alten Ingenieurs bedeutete. »Woher hast du überhaupt die Information?«, fragte er plötzlich misstrauisch.
    Eric lächelte müde. »Du glaubst mir nicht«, stellte er fest. »Aber es ist die reine Wahrheit. Es gibt nicht den geringsten Zweifel, Danny. Ich bin zufällig darauf gestoßen, als ich etwas suchte in den Unterlagen des Vizepräsidenten. Du weißt, ich musste ihn einige Tage vertreten.«
    »Der Vizepräsident«, rief er entsetzt. »Weißt du, was du da sagst?«
    »Tut mir leid, so ist es nun einmal. Die Geschäftsleitung hat offensichtlich die Manipulation gedeckt.«
    »Das ist ...«
    »Unglaublich, ich weiß. Und an sich schon ein Skandal.«
    Eric schaute ihn ratlos an. Auch er war am Ende seiner Weisheit.
    »Die haben all die Jahre Millionen in eine Entwicklung gepumpt, die sie nun einem Kunden verkaufen, der gar nicht weiß, was er bekommt?«
    Eric nickte nachdenklich und ergänzte bitter: »Und wir haben selbst dafür gesorgt, dass man das noch nicht einmal feststellen kann.«
    Er hatte recht. Die neuen Chips verhielten sich in allen Tests exakt wie konventionelle Chips, erfüllten genau die gleichen Spezifikationen, solange man die

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