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Im Westen Nichts Neues

Im Westen Nichts Neues

Titel: Im Westen Nichts Neues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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rauschen. Der Mond steht am Himmel und im Wasser des Kanals. Wir laufen nicht, wir gehen nebeneinander mit langen Schritten.
    Leer sagt: »Das war ein Kommißbrot wert!« Ich kann mich nicht entschließen zu sprechen, ich bin gar nicht einmal froh.
    Da hören wir Schritte und ducken uns hinter einen Busch.
    Die Schritte kommen näher, dicht an uns vorbei. Wir sehen einen nackten Soldaten, in Stiefeln, genau wie wir, er hat ein Paket unter dem Arm und sprengt im Galopp vorwärts. Es ist Tjaden in großer Fahrt. Schon ist er verschwunden. Wir lachen. Morgen wird er schimpfen. Unbemerkt gelangen wir zu unseren Strohsäcken.
    *
    Ich werde zur Schreibstube gerufen. Der Kompanieführer gibt mir Urlaubsschein und Fahrschein und wünscht mir gute Reise. Ich sehe nach, wieviel Urlaub ich habe. Siebzehn Tage – vierzehn sind Urlaub, drei Reisetage. Es ist zuwenig, und ich frage, ob ich nicht fünf Reisetage haben kann. Bertinck zeigt auf meinen Schein. Da sehe ich erst, daß ich nicht sofort zur Front zurückkomme. Ich habe mich nach Ablauf des Urlaubs noch zum Kursus im Heidelager zu melden.
    Die anderen beneiden mich. Kat gibt mir gute Ratschläge, wie ich versuchen soll, Druckpunkt zu nehmen. »Wenn du gerissen bist, bleibst du da hängen.« Es wäre mir eigentlich lieber gewesen, wenn ich erst in acht Tagen hätte fahren brauchen; denn so lange sind wir noch hier, und hier ist es ja gut. – Natürlich muß ich in der Kantine einen ausgeben. Wir sind alle ein bißchen angetrunken. Ich werde trübselig; es sind sechs Wochen, die ich fortbleiben werde, das ist natürlich ein mächtiges Glück, aber wie wird es sein, wenn ich zurückkomme? Werde ich sie hier noch alle wiedertreffen? Haie und Kemmerich sind schon nicht mehr da – wer wird der nächste sein?
    Wir trinken, und ich sehe einen nach dem andern an. Albert sitzt neben mir und raucht, er ist munter, wir sind immer zusammen gewesen; – gegenüber hockt Kat mit den abfallenden Schultern, dem breiten Daumen und der ruhigen Stimme, Müller mit den vorstehenden Zähnen und dem bellenden Lachen; – Tjaden mit den Mauseaugen; – Leer, der sich einen Vollbart stehen läßt und ausschaut wie vierzig.
    Über unsern Köpfen schwebt dicker Qualm. Was wäre der Soldat ohne Tabak! Die Kantine ist eine Zuflucht, Bier ist mehr als ein Getränk, es ist ein Zeichen, daß man gefahrlos die Glieder dehnen und recken darf. Wir tun es auch ordentlich, die Beine haben wir lang von uns gestreckt, und wir spucken gemütlich in die Gegend, daß es nur so eine Art hat. Wie einem das alles vorkommt, wenn man morgen abreist!
    Nachts sind wir noch einmal jenseits des Kanals. Ich habe beinahe Furcht, der Schmalen, Dunklen zu sagen, daß ich fortgehe und daß, wenn ich zurückkehre, wir sicher irgendwo weiter sind; daß wir uns also nicht wiedersehen werden. Aber sie nickt nur und läßt nicht allzuviel merken. Ich kann das erst gar nicht recht verstehen, dann aber begreife ich. Leer hat schon recht: wäre ich an die Front gegangen, dann hätte es wieder geheißen: »pauvre garçon«; aber ein Urlauber – davon wollen sie nicht viel wissen, das ist nicht so interessant. Mag sie zum Teufel gehen mit ihrem Gesumm und Gerede. Man glaubt an Wunder, und nachher sind es Kommißbrote.
    Am nächsten Morgen, nachdem ich entlaust bin, marschiere ich zur Feldbahn. Albert und Kat begleiten mich.
    Wir hören an der Haltestelle, daß es wohl noch ein paar Stunden dauern wird bis zur Abfahrt. Die beiden müssen zum Dienst zurück. Wir nehmen Abschied.
    »Mach’s gut, Kat; mach’s gut, Albert.«
    Sie gehen und winken noch ein paarmal. Ihre Gestalten werden kleiner. Mir ist jeder Schritt, jede Bewegung an ihnen vertraut, ich würde sie weithin schon daran erkennen. Dann sind sie verschwunden.
    Ich setze mich auf meinen Tornister und warte.
    Plötzlich bin ich von rasender Ungeduld erfüllt, fortzukommen.
    *
    Ich liege auf manchem Bahnhof; ich stehe vor manchem Suppenkessel; ich hocke auf mancher Holzplanke; dann aber wird die Landschaft draußen beklemmend, unheimlich und bekannt. An den abendlichen Fenstern gleitet sie vorüber, mit Dörfern, in denen Strohdächer wie Mützen tief über gekalkte Fachwerkhäuser gezogen sind, mit Kornfeldern, die wie Perlmutter im schrägen Licht schimmern, mit Obstgärten und Scheunen und alten Linden. Die Namen der Stationen werden zu Begriffen, bei denen mein Herz zittert. Der Zug stampft und stampft, ich stehe am Fenster und halte mich an den Rahmenhölzern fest.
    Diese

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