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Im Wettbüro des Teufels

Im Wettbüro des Teufels

Titel: Im Wettbüro des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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zu
Klößchen zurück, der an der Mauer beim Durchhaus die Bikes bewachte.
    „Was war denn? Mit wem habt ihr
geredet?“
    „Tim hat sich bei dem Manager
angewanzt“, sagte Gaby. „Hat den doofen Rambo gespielt und war glänzend in
dieser Rolle, als hätte er sich selbst gespielt... au!“
    Sie rieb sich dort, wo Tim sie
gekniffen hatte, und teilte dann — weil’s zum Thema passte — einen linken
Schwinger aus, der Tims Windjacke am Oberarm etwas eindrückte.
    Selbstverständlich torkelte der
TKKG-Häuptling umher wie nach dem Treffer eines Schwergewichtsweltmeisters.
    „Jedenfalls“, berichtete Gaby
weiter, „kennt Fressner unseren Halby und Tim will hier als Preisboxer in den
Ring steigen.“
    „Dann kriegt er endlich mal
Keile“, feixte Klößchen.
    „Abwarten!“, meinte Tim.
    „Was?“, fragte Karl. „Ob du in
den Ring steigst oder ob du Keile kriegst?“
    „Beides. Jedenfalls werde ich
heute Abend hier antanzen. Und mein Plan ist Klasse.“
    „Nämlich?“, forschte Gaby.
    „Wir brauchen einen der
Halby-Fighter — einen, der verloren hat, der k.o. ging — und danach so matschig
in der Birne ist, dass er nicht mehr weiß, was er redet. Wir kümmern uns um
ihn, wie das unter Sportlern üblich ist. Mit Erster Hilfe und Sofortmaßnahmen
zur Wiederherstellung der Gehirntätigkeit. Und horchen ihn aus. Horchen ihn
aus, bevor sein Gehirn wieder voll tätig ist. Klaro?“
    „Naja“, meinte Gaby. „Ob das
alles so kommt, wie du dir das vorstellst, ist fraglich.“
    „Wenn nicht, helfe ich nach.“
    „Und wie?“
    „Indem ich gegen einen Halby in
den Ring steige und ihm einen durchrüttelnden Knock-out verpasse. Eine
K.-o.-Niederlage. Dann mime ich Betroffenheit und wir schleppen den Verlierer
in die Kabine und kümmern uns um ihn.“
    „Wahrscheinlich läßt man uns nicht
kümmern“, wandte Karl ein, „weil Betreuer da sind für die Behandlung von
Platzwunden und Ohnmächten.“
    „Die schicken wir weg“,
beharrte Tim auf seiner Idee. „Die sind froh, wenn sie entlastet werden. Wir
sagen, wir hätten gerade erst einen Erste-Hilfe-Kurs hinter uns und müssten nun
endlich mal üben.“
    „Mit Mund-zu-Mund-Beatmung?“,
forschte Klößchen. „Man beatmet vom Mund zur Nase“, wurde er von Tim belehrt.
„Zum Mund nur, wenn die Nase verletzt oder verstopft ist.“
    „Weshalb zur Nase?“
    „Weil dann die reingepresste
Luft in die Lunge gelangt. Wenn du jemandem in den Mund pustest, entweicht das
meiste durch die Nase.“
    „Ist irgendwie unappetitlich.“
    „Du legst doch vorher dein
Taschentuch — dein Stofftaschentuch — über die Nase dessen, den du beatmen
willst/musst. Außerdem geht es in den meisten Fällen um Leben oder Tod. Da muss
man sich überwinden. Zur lebensrettenden Hilfe! Natürlich ist das bei den
K.-o.-Verlierern nicht nötig. Da genügt es im Allgemeinen, wenn man sie mit
kaltem Wasser ins Bewusstsein zurückholt.“
    Gaby seufzte.
    „Was ist?“, fragte Tim.
    „Ich mag diese Ringschlachten
nicht. Ich gucke mir das nicht an. Und schon gar nicht, wenn du da mitkämpfst.
Ich glaube, ich würde sterben vor Angst.“
    „Ängstigen sollst du dich
natürlich nicht“, meinte Tim etwas lahm. Er wusste im Moment nicht, was zu tun
sei, und entschied sich, den Arm um Pfotes Schultern zu legen.

12. Kloppe für 500 DM
     
    Etwa 20 Minuten später kurvte
ein schweres Motorrad auf den Hinterhof vor der ,Dead-or-alive-Arena’. Der
Fahrer trug die üblichen ,Ich-tret-euch-alle-sonstwohin-Klamotten’ und dazu
einen Helm mit Visier.
    Der Typ hielt vor dem
seitlichen Eingang, stellte die Maschine auf die Raststütze und nahm den Helm
ab.
    Alle Welt hätte den Typ als
Halby erkannt. Die verbliebenen Haare waren rostbraun und filzig. Er hieß
Ludwig Ehl und wurde ,Pickel’ genannt, obwohl seine Haut nicht übler war als
bei den meisten, die sich nur selten waschen, aber von innen mit Bier
beplätschern und mit dem frühen Selbst-Einäschern mittels Nikotinnudeln beginnen.
    Er trat ins Haus, holte tief
Luft und brüllte: „Leo!“
    Fressner antwortete aus dem
Obergeschoss: „Hier!“
    „Soll ich hochkommen?“
    Dieser Idiot, dachte Fressner
im Obergeschoss, und rief: „Wir können uns auch so unterhalten. Dann hört die
ganze Straße mit.“
    ,Pickel’ nahm das als
Aufforderung und stieg die Stufen hoch.
    Fressner stand in seiner
Apartment-Tür, hielt diese auf und winkte Ehl mit einer Kinnbewegung herein.
    Der schritt grätschbeinig wie
auf schwankendem Boden, sah sich um

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