Im Wettstreit der Gefühle (German Edition)
Unfähigkeit betrifft, eine weite Wegstrecke zurückzulegen. Sobald mich beim Aufstehen kein Schwindel mehr überfällt, möchte ich allerdings aufbrechen.“
Liams Erleichterung stand ihm ins Gesicht geschrieben und verwirrte Erin. Sie fühlte sich durch sein charmantes Verhalten geschmeichelt. Sie durfte sich jedoch nicht auf diese Schwärmerei einlassen. Sie durfte nicht daran denken, was zwischen ihnen sein könnte. Nicht jetzt.
Ihr Blick wanderte zu seinem Mund, als sich die Mundwinkel hoben. Liam schenkte ihr ein Lächeln, das ihr Herz zum Schmelzen brachte. Sie wünschte plötzlich zu erfahren, welches Gefühl seine Lippen auf ihren erzeugen würden. Nicht jetzt!
Wenn es ihr nur nicht so schwer fallen würde, objektiv zu bleiben!
6. Kapitel
Einen Tag vor Erins Flucht
Die Stute machte einen tänzelnden Schritt zur Seite, als hätte sich die Nervosität ihrer Reiterin auf sie übertragen. Da Erins Chancen zu gewinnen durch einen Ritt auf dem Damensattel gemindert worden wären, hatte sie sich von einer Freundin aus dem Waisenhaus einen zwischen den Beinen geschlitzten Rock geborgt.
„Zwei Runden um den Platz? Und wer gewinnt, hat einen Wunsch frei?“ wiederholte sie die Regeln, während sie nach dem Medaillon an ihrer Halskette tastete.
„Wer als zweiter ins Ziel kommt, muss dem Gewinner gehorchen“, stimmte Liam zu.
Sie wusste nur zu genau, was sie von Liam MacNeal verlangen würde. Sie wollte ihn aus ihrem Leben verbannen. Ein für alle Mal. Seine Aufmerksamkeiten begannen langsam ihre Abwehr zu untergraben. Und ein Nachgeben kam nicht in Frage. Sie musste ihn zwingen, sie in Ruhe zu lassen. Auch wenn die Möglichkeit, etwas über ihre Familie zu erfahren, und herauszufinden, ob ihre Eltern noch lebten, ob sie Geschwister hatte und warum man entschieden hatte, dass sie es nicht wert war, nicht bei ihnen aufzuwachsen, sie ins Schwärmen brachte.
Natürlich war sie sich bewusst, dass sie eine Wette mit einem erfahrenen Krieger eingegangen war. MacNeal war das Kämpfen und das Zurücklegen großer Strecken mit dem Pferd gewohnt. Doch mit der Stute, die Erin gewählt hatte, verband sie eine tiefe Freundschaft. Das Tier gehorchte ihren Befehlen augenblicklich und liebte es, mit seiner Reiterin im Gleichklang dahinzufliegen. Die Vorfreude ließ ihre blauen Augen blitzen, während sie ihr zu einem Zopf geflochtenes Haar über die Schulter warf.
Sollte MacNeal wider Erwarten gewinnen, dann würde er seinen Kuss bekommen. Er hätte ihn sich verdient. Und anschließend hätte er sein Interesse an ihr ohnehin verloren. Dennoch spürte sie das erste Mal den Keim des Zweifels nagen ob ihrer Entscheidung, die Konditionen des Wettkampfes nicht genauer festgelegt zu haben.
Mit den Handflächen strich sie der Stute über den Hals. Augenblicklich übertrug sich die Wärme auf das Tier, und es wurde ruhiger.
„Wollt Ihr noch etwas sagen, bevor Ihr Euch vor Euren Männern bis auf die Knochen blamiert?“ stichelte sie und deutete mit dem Kopf auf die zwei Kerle, die Liam begleitet hatten. Sie selbst war ohne Unterstützung hierhergekommen. Sie hätte niemanden gestehen wollen, zu welch riskantem Unternehmen sie sich durch Liams Provokation hinreißen lassen hatte.
„Ich mag Frauen mit ausgeprägtem Selbstbewusstsein“, lachte Liam. Er bewunderte ihr zartes Gesicht, das von aus dem Zopf gelösten, widerspenstigen Locken umrahmt wurde. Ihre strahlenden Augen zeigten heute die Farbe von Azurit. Dann wurde sein Gesichtsausdruck ernst, und er ritt näher an sie heran. „Seid Ihr sicher, dass Ihr den Wettkampf nicht doch noch absagen wollt? Ich könnte verstehen, wenn Ihr einen Rückzieher macht.“ Seine Hand legte sich vertraulich auf ihren Oberschenkel, während sein Daumen sanft und gleichzeitig drängend die Haut unter den Stoffschichten massierte.
Dass er ihr offensichtlich viel weniger zutraute als sie sich selbst im Augenblick, weckte ihren Trotz. Die unziemliche Zärtlichkeit seiner Finger ließ ihren Körper einmal mehr in Flammen aufgehen. Sie reckte das Kinn vor und ließ die Stute zur Startlinie tänzeln. „Starten wir endlich, oder wollt Ihr noch länger einen Kaffeeklatsch halten?“
Sein Lachen dröhnte höhnisch in ihren Ohren. Erin versuchte seine Anwesenheit zu ignorieren. Sobald sie auf einem Pferd saß, wurde üblicherweise die Umgebung von selbst ausgeblendet, und ihr Blick fokussierte sich auf ihr Ziel. Doch dort, wo er sie zuvor berührt hatte, spürte sie immer noch den leichten
Weitere Kostenlose Bücher