Im Wettstreit der Gefühle (German Edition)
würde er Erin begehren. Zumindest dieser Punkt schien der Wahrheit zu entsprechen, wenn man bedachte, welchen Aufwand er betrieben hatte, um sie ins Bett zu zerren. Doch er würde sie nie bekommen. Von jetzt an wäre er an sie gebunden. Für immer.
Wie gut das klang, zumindest für ihre verletzte Seele. Ihr war allerdings bewusst, dass sie gleichzeitig niemals frei wäre, um ihr Glück zu finden. Erin hatte ohnehin genug von diesem lügenden Volk der Männer. Nie wieder würde sie einer von ihnen auch nur berühren dürfen. Sie würde sich niemals mehr von einem Mann abhängig machen.
Was wäre, wenn sie Liam vermissen würde? Würde sie jemals vergessen können, wie es sich angefühlt hatte, wenn er sie geküsst und berührt hatte? Ihr würde nichts anderes übrig bleiben.
Es stand Liam immer noch frei, sich eine Geliebte zu suchen.
Dieser Gedanke erschütterte sie bis in ihr tiefstes Inneres. Eine andere Frau in Liams Armen. Diese Möglichkeit konnte sie nicht beeinflussen. Und es durfte ihr auch nichts ausmachen, befahl sie sich.
Das zweite Mal in ihrem Leben suchte sie ihre wenigen Habseligkeiten zusammen und verkleidete sich als Junge. Nichts, an dem ihr Herz hing, würde sie zurücklassen. Ihre Emotionen schwankten zwischen Rachegefühlen und ängstlichem Vergessenwollen. Würde sie diesen Wettstreit der Gefühle bis an den Rest ihres Lebens empfinden?
Sobald sich die Dämmerung über das Land senkte, schlich sie aus dem Haus und rechnete damit, dass überall helle Aufregung wegen der von ihr gemachten Szene herrschen würde. Seltsamer Weise konnte sie weder einen einzigen Menschen sehen noch Stimmen hören. Das ganze Haus lag still da, und schien ihre Flucht aufmerksam zu beobachten. Die einzigen Geräusche waren ihre Schritte auf dem grauen Steinboden.
Bis zur Halle kam sie ungesehen. Dort trat unerwartet eine Person aus dem Schatten einer Säule. Ängstlich wich Erin zurück, als die Gestalt auf sie zukam. Als sie erkannte, um wen es sich handelte, atmete sie erleichtert auf.
„Ihr habt mich erschreckt“, beschwerte sie sich.
„Was ist passiert?“
„Er hat mich belogen. Es handelt sich um den schlimmsten Betrug …“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann unmöglich bei ihm bleiben. Ich muss weg von ihm.“
Scott legte den Zeigefinger an die Lippen. „Dann sollte uns niemand hören. … Ich werde mit Euch kommen“, erklärte er.
„Liam wird nicht erfreut sein.“ Sie senkte die Stimme zu einem Flüstern. Scotts Blick blieb trotzdem streng.
Er zuckte mit den Schultern. „Er wird noch weniger begeistert sein, wenn Euch auf Eurer Reise etwas zustoßen sollte. Das Land der MacNeals ist an allen Seiten von Feinden umgeben. Ein falscher Schritt und Ihr steht Männern gegenüber, die dem Laird mit Eurer Ermordung den Fehdehandschuh zuwerfen wollen.“
Als Erin den Mund öffnete, schüttelte er den Kopf und ging neben ihr her nach draußen.
Sie wollte auf den Steinweg einbiegen, der direkt aus der Festung führte, doch Scott deutete in eine andere Richtung. Ihr wurde klar, dass er sie zu den Ställen führte. Er wollte Pferde holen. Sie hatte in ihrer Aufregung gar nicht an diese Möglichkeit gedacht. Vermutlich wäre sie durch ihre Schusseligkeit nach einem Tagesmarsch erschöpft zusammengebrochen. Bereits jetzt war sie froh über seine Gesellschaft.
Während Scott die Pferde sattelte, fragte sie flüsternd: „Wohin sind die Hochzeitsgäste verschwunden?“
„Liam hat sie entweder nach Hause oder in die Gästezimmer geschickt. Er selbst hat sich eingeschlossen. Nur musste man ihm vorher noch drei Krüge Ale bringen.“
Das sollte sie nicht überraschen. Er versuchte nicht einmal um sie zu kämpfen. Nay, es gab auch keine Worte, die wiedergutgemacht hätten, was er ihr angetan hatte. Sie musste sich eingestehen, dass sie den Gedanken nicht abschütteln konnte, dass Liams charmantes Verhalten von Anfang an nur in ihrer Wette resultiert hatte. Liam hatte nicht gesagt, dass er sie liebe. Und wenn, wäre das eine Lüge gewesen.
Wenn er sich irgendwann doch verlieben sollte … wenn er beschließen sollte, sich eine Mätresse zu halten, konnte er das ohne ihre Zustimmung tun. Es war ihm nur nicht möglich, eine andere Frau zu heiraten. Erin allerdings wäre ein Leben lang an ihn gefesselt. Vielleicht sollte sie alles hinter sich lassen und mit ihm und seiner Verlogenheit abschließen. War sie dazu in der Lage? Und würde er nicht viel mehr darunter leiden, wenn er sie niemals wieder
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