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Im wilden Meer der Leidenschaft

Im wilden Meer der Leidenschaft

Titel: Im wilden Meer der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: AMANDA MCCABE
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betrachtete. Sie kam ihm immer noch bekannt vor, doch das Gefühl der Vertrautheit entfernte sich wie ein Traum bei Tagesanbruch. Je mehr er diesem Gefühl auf den Grund zu gehen versuchte, umso mehr verflüchtigte es sich. Dennoch spürte er es noch immer, aufreizend wie ein venezianisches Parfüm.
    Sie war keine Schönheit wie die Kurtisanen, die er in seiner Jugend gekannt hatte, oder wie Marguerite, Nikolai Ostrovskis französische Frau. Schillernde, charmante, engelsgleiche Wesen. Die Frau, die ihn letzte Nacht verarztet hatte, besaß ein schmales Gesicht mit hohen, scharf geschnittenen Wangenknochen, eine lange Nase, volle Lippen und rabenschwarze Augenbrauen. Sie schützte sich offensichtlich nicht vor der tropischen Sonne, denn ihre Wangen und ihre Nase waren von Sommersprossen übersät. Ihre schmalen Hände waren die einer Frau, die harte Arbeit gewohnt war, und dennoch hatte sie ihn besonnen und geschickt versorgt.
    Sie war also weder eine verwöhnte vornehme Dame noch eine Matrosenhure. Er war sich sicher, dass er noch nie eine Affäre mit ihr gehabt oder auf einem venezianischen Ball mit ihr getanzt hatte. Dennoch hatte er das Gefühl, sie von irgendwo her zu kennen. Er war ihr schon einmal begegnet.
    Vorsichtig berührte sie seine Augenbrauen, und er spürte ihre kühlen, ruhigen Finger. Der Ärmel ihres Nachthemds enthüllte ihr dünnes Handgelenk, und er sah, dass sie keinerlei Schmuck trug. Sie roch nach Wasser und Seife, nach Bier und üppigen tropischen Blumendüften. Süß und exotisch, so fremd und dennoch vertraut wie die karibischen Inseln.
    Sie strich ihm das wirre Haar aus dem Gesicht, und ihre Hand ruhte leicht auf seiner Wange. Sein struppiger Bart, der ihm in der langen Zeit auf See gewachsen war, musste sie kratzen, doch sie zog ihre Hand nicht fort. Sie sah ihn mit ihren dunklen Augen an, die wie schwarze Edelsteine in der Nacht glänzten.
    Und Balthazar verspürte das unerklärliche und unwiderstehliche Bedürfnis, sich ihr zu nähern, die weiche Innenseite ihres Handgelenks zu küssen, genau da, wo ihr Blut pulsierte. Er wollte ihre Handfläche mit seiner Zunge erkunden, sie dazu bringen, das gleiche Verlangen zu spüren und ihre Maske fallen zu lassen. Bis sie ihm ihr wahres Ich zeigte.
    Doch er sah sie nur abwartend an.
    „Habt Ihr Fieber?“, fragte sie sanft. „Ihr fühlt Euch heiß an. Ich sollte den Verband wechseln.“
    Sie schickte sich an, ihren Arm wegzuziehen, und er streckte schnell die Hand aus, um sie daran zu hindern und behutsam ihr Handgelenk zu ergreifen. Er wollte nur noch einen Augenblick lang ihre Berührung spüren. Es schien so unendlich lange her, seitdem er eine Frau in den Armen gehalten, ihren Duft eingeatmet und ihren weichen Körper gespürt hatte. Nur noch einen Moment wollte er bei ihr Zuflucht suchen, auch wenn er wusste, dass dies nicht von Dauer sein konnte.
    Eine Zuflucht voller Geheimnisse, denn noch immer wurde er nicht schlau aus dieser Frau!
    „Wie heißt Ihr?“, fragte er eindringlich, und seine Hand umklammerte ihren Arm fester. Hier, in der samtenen Dunkelheit dieser tropischen Nacht, die er allein mit ihr verbrachte, schien es ihm lebenswichtig, ihren Namen zu kennen.
    „Ich sagte es Euch doch schon: ich heiße Señora Montero.“ Trotz des spanischen Namens und der fehlerlosen Aussprache, machte er in ihrem perfekten Spanisch einen leichten Akzent aus. Eine kaum wahrnehmbare melodiöse Intonation, die sich nun, da sie müde war, in ihre Sprache eingeschlichen hatte.
    Ihr Akzent erinnerte ihn an seinen eigenen: venezianisch, sogar jetzt noch, nachdem er so viele Jahre auf spanischem Hoheitsgebiet gesegelt war.
    „Wie lautet Euer Vorname?“, fragte er.
    Zart strich sie ihm über die Wange, und ihre Fingerspitzen glitten sein Kinn entlang und berührten dann federleicht seine Lippen.
    Er öffnete den Mund und sog ihre Fingerspitze zwischen seine Zähne. Endlich konnte er sie schmecken. Sie schmeckte nach Salz und Blumen, unergründlich und natürlich.
    Ihr Atem ging schneller, und er spürte, wie sie erschauerte. In diesem Augenblick existierten nur noch sie beide, umgeben von der schützenden Dunkelheit. Weder Vergangenheit noch Zukunft spielten eine Rolle. Es war völlig unwichtig, wer sie eigentlich war.
    Er spürte die Schmerzen in seiner Schulter nicht mehr, als er seinen gesunden Arm um sie schlang und sie auf sich zog. Auch sie schien in diesem traumähnlichen Moment gefangen, und ihr Körper näherte sich dem seinen. Ihre Lippen

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