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Im wilden Meer der Leidenschaft

Im wilden Meer der Leidenschaft

Titel: Im wilden Meer der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: AMANDA MCCABE
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eine Koje. Aber unter keinem anderen Kapitän würden wir lieber dienen als unter Balthazar Grattiano.“
    Bianca blickte hinunter auf den geschäftigen Hafen und erinnerte sich an die kaum glaubhaften Erzählungen über die Calypso und ihren Kapitän. „Er kann noch nicht sehr lange Kapitän sein“, murmelte sie.
    „Das stimmt. Er ist zum ersten Mal vor fast sieben Jahren zur See gefahren, damals als Lehrling des Steuermanns der Elena Maria “, sagte Mendoza. „Die Calypso hat er vor zwei Jahren gekauft, und seitdem ist ihm seine Mannschaft treu ergeben. Bei günstigem Wind kann er uns in drei Wochen nach Spanien bringen.“
    „Drei Wochen?“, rief Bianca ungläubig. „Dann muss er tatsächlich ein Zauberer sein.“
    Mendoza lachte. „Es gibt Leute, die Euch zustimmen würden. Aber Karten und ein Sternhöhenmesser sind alles, was er zum ‚Zaubern‘ benötigt. Er kann damit ein Schiff durch jeden Sturm steuern. Er ist ein verdammt guter Seemann, Señora. Die Mannschaft würde alles für ihn tun.“
    „Und dennoch scheint er Feinde zu haben. Wie den Mann, der ihn gestern Nacht in der Taverne töten wollte.“
    Mendozas Miene verfinsterte sich. „Diego Escobar.“
    „So heißt er also? Wer ist er? Und warum wollte er Euren Kapitän umbringen?“ Bianca dachte an den verhüllten Mann und an seine ausdruckslosen, toten Augen. Hatte auch er ein geliebtes Wesen durch die Schuld der Grattianos verloren? Es fiel ihr nicht schwer zu glauben, dass eine ganze Mannschaft Balthazar Gefolgschaft leistete; schon in Venedig hatte er das Charisma eines Anführers gehabt. Doch sie konnte sich auch gut vorstellen, dass es Leute gab, die für ein an ihnen verübtes Unrecht auf Rache aus waren.
    „Vor ungefähr einem Jahr ist er in Vera Cruz zu uns gestoßen und ist einer unserer Steuermänner geworden“, sagte Mendoza zögernd, als sei er sich nicht sicher, ob er ihr das erzählen könne. „Der Kapitän und er waren gute Freunde bis …“
    „Bis?“, fragte Bianca voller Ungeduld.
    „Bis seine Frau ins Spiel kam.“
    „Oh.“ Natürlich. Eine Frau. Bianca war fast enttäuscht, dass die Erklärung so gewöhnlich und so banal ausfiel. „Lasst mich raten. Es ging um irgendeine Dirne, die Diegos Geliebte war und die dann den Kapitän bevorzugte.“
    „Oh nein, Señora! So war es nicht.“
    So war es immer . Jede Woche sah Bianca dieses Szenario in der Taverne, und musste die daraus resultierenden Scherben zusammenkehren. Doch sie warf Mendoza ein aufmunterndes Lächeln zu und hoffte, er würde in seiner Erzählung fortfahren. „Wie war es dann?“
    „Diego hatte eine Frau, eine Eingeborene, die er kennengelernt hatte, bevor er auf der Calypso anheuerte. Esperanza. Wir wussten alle von ihr, doch wir dachten uns nichts weiter dabei. Viele Männer hier …“ Er hielt inne, als sei es ihm peinlich, über solche Dinge mit einer europäischen Frau zu sprechen.
    „Ihr meint, viele Männer hier nehmen sich einheimische Geliebte, von denen ihre Ehefrauen in Spanien nie erfahren werden“, sagte Bianca.
    „Genau“, erwiderte Mendoza, dem offensichtlich immer noch nicht wohl dabei war, über dieses Thema mit ihr zu reden. Doch das war Bianca einerlei. Sie musste einfach wissen, was passiert war.
    „Aber Diego heiratete die Frau in der Kirche von Havanna“, fuhr er seine Erzählung fort. „Sie war getauft und somit Christin. Einige Zeit später liefen wir aus, um nach Peru zu segeln, wo wir eine Ladung Silber abholen wollten. Mehrere Tage nach unserer Abfahrt aus Kuba herrschte dann plötzlich große Aufregung.“
    „Was war passiert?“
    „Der Kapitän hat herausgefunden, dass Diego seine Frau an Bord versteckt hatte, unten im Laderaum. Sie war schwanger und krank.“
    Das konnte Bianca sich nur zu gut vorstellen. Das unermüdliche Schwanken und Schlingern des Schiffs auf hoher See, die nasse Kälte und der Gestank im Laderaum … Das war sicherlich kein angemessener Ort für eine Schwangere. „Was hat er sich denn dabei gedacht?“, murmelte sie.
    „Er war nicht zu überzeugen, Señora“, sagte Mendoza. „Der Kapitän bestand darauf, die Frau zurück an Land zu bringen, aber davon wollte Diego nichts wissen. Er hat wild gedroht. Aber Kapitän Grattiano hat nicht auf ihn gehört. Er gab Anweisung, zurück nach Kuba zu segeln, obwohl wir dadurch viel kostbare Zeit verloren, und ließ sie dort in einem Haus mit einer Krankenschwester unterbringen.“
    Ausnahmsweise dachte Bianca, dass Balthazar recht gehabt hatte.

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