Im wilden Meer der Leidenschaft
spüren. Sie erschien ihm nur noch als Geist.
„Hab keine Angst, Esperanza“, erwiderte er. „Ich werde dich nicht noch einmal im Stich lassen.“
„Du hast mich nie im Stich gelassen“, antwortete sie und schmiegte sich so dicht an ihn, dass er ihren süßen, blumigen Duft riechen konnte. „Du hast mir geschworen, wir würden immer zusammenbleiben.“
„Und wie habe ich dieses Versprechen gehalten? Du bist nicht mehr bei mir!“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich bin hier. Ich werde immer bei dir sein. Ich versuche, mich um dich zu kümmern, aber du machst es mir so schwer. Du willst einfach die Wahrheit nicht sehen.“
„Was meinst du damit?“, fragte er verwirrt. Esperanza sprach oft in Rätseln, wie auch Träume in der Regel rätselhaft waren. Doch es ermüdete ihn so sehr, nie klar zu sehen, und sie nie wirklich berühren zu können.
„Eines Tages, sehr bald schon, wirst du verstehen.“ Sie strich ihm über den Kopf, und er spürte eine kühle Brise über seinem zerzausten Haar. Ein sanfter und purer Lichtblick in einer harten Welt.
„Sehr bald wirst du das Licht sehen“, sagte sie. „Wende ihm nicht den Rücken zu, Diego, ich bitte dich. Zerstöre nicht die Liebe, die wir hatten.“
„Esperanza!“ Diego griff nach ihrer Hand, doch sie verschwand. Er war wieder allein in der Dunkelheit seines unruhigen Schlafs.
Und mit seinem Versprechen, sie zu rächen.
23. KAPITEL
„Que hondo! Que hondo! Que hondo es el mar !“
Balthazar reckte sich, und ein glückliches Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er Bianca unten singen hörte. Sie würde mit ihrer ungeschulten Stimme, die nicht immer den richtigen Ton traf, nicht vor einem königlichen Hof auftreten können, aber in seinen Ohren klang sie so lieblich wie das Gezwitscher der tropischen Vögel in den Bäumen und die Brandung der Wellen.
Seitdem er die Insel gekauft hatte, war Vista Linda für ihn ein idyllischer, erholsamer Zufluchtsort; eine Oase der Ruhe und Schönheit inmitten einer unbarmherzigen, gefährlichen Welt. Doch seitdem Bianca hier war, fühlte es sich an wie …
Wie er sich ein Zuhause vorstellte.
Er rollte auf die andere Seite der Matratze und atmete Biancas Duft nach sauberem Wasser und Zitronenseife ein, der an den Bettlaken haftete. Ihre Kleider hingen über dem Stuhl, und ihre Bürste und ihre Haarnadeln lagen auf seinem Rasierständer. Sie hatte am Fenster ihres Schlafzimmers einen hellen Vorhang angebracht, der das Tageslicht einließ und in der Morgenbrise flatterte.
Es war beängstigend, wie süchtig er nach ihrer Gegenwart in seinem Haus und in seinem Leben wurde. Süchtig danach, sie zu lieben und ihre wachsende Erregung zu spüren, die mit der seinen verschmolz. Süchtig danach, ihre Stimme zu hören und sie lächeln zu sehen. Er konnte sich nicht satt sehen an ihrem Lächeln und wollte ihr Lachen noch öfter hören, und ihm wurde klar, dass er alles dafür bereit war zu tun.
Doch Bianca schien nichts von ihm zu erwarten. Sie genoss es, an seiner Seite zu sein und sich ihm hinzugeben, doch andere Dinge, die Frauen gewöhnlich von ihm forderten – Schmuck, Seide, galante Komplimente – interessierten sie nicht.
Er hatte keine Ahnung, was sie wollte. Bis sie ihn dort am Wasserfall hinter ihre Maske hatte blicken lassen und ihm einen Einblick in ihr Herz erlaubt hatte, war sie ihm ein undurchdringliches Rätsel gewesen. Doch er konnte ihr diese vorsichtige Verschwiegenheit nicht vorwerfen, seit er wusste, was sein Vater ihr angetan hatte. Und auch nicht, da er selbst ihr so viel verschwieg.
Mit gerunzelter Stirn setzte er sich auf und wickelte die Bettdecke um seine Hüfte. Was er für sie empfand, war ein völlig neues Gefühl für ihn, und er war verunsichert. Er kannte die Blicke, die sein Bruder Marcus seiner Frau zuwarf, sah, wie die beiden sich vertrauensvoll zulächelten und eine Geheimsprache zu teilen schienen, von der alle anderen ausgeschlossen waren. Doch Balthazar hatte diese Vertrautheit nie wirklich verstanden und hatte die beiden sogar mitleidig betrachtet. Zu lieben und sich um jemanden zu sorgen, bedeutete nur, ungeschützt der Gefahr von großem Schmerz und den grausamen Launen des Glücks ausgeliefert zu sein.
Sein ganzes Leben lang war er allein gewesen, und das war seiner Meinung nach auch am besten so. Doch dann war Bianca in sein Leben getreten, und bevor er sich versehen konnte, hatte er sich an ihre Gegenwart gewöhnt. Und nun, da sie seinen Alltag teilte, konnte er
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