Im wilden Meer der Leidenschaft
auch noch die Missetaten anderer auf uns zu nehmen. Du hast dich wahrscheinlich nicht schlimmer als andere reiche Männer versündigt, Balthazar. Aber ich …“
Ihre Stimme erstarb in der Stille des ruhigen Morgens.
Balthazar kniete sich neben sie und legte zärtlich eine Hand auf ihr Bein unter dem dünnen Unterkleid. Wie verlockend warm und süß sie war, wie vital und lebendig. Und wieder einmal so weit von ihm entfernt.
„Was sind deine Sünden, Bianca?“ fragte er und sah in ihr Gesicht.
Sie strich ihm sanft und fedrig über die Hand, als berühre ihn ein blaugeflügelter Schmetterling. „Heute wollen wir feiern, stimmt’s? Wieder jung sein und all diese Probleme vergessen.“
Er küsste ihre Finger und leckte den Fruchtsaft von ihrer Haut, bis er spürte, wie sie erzitterte und ihr Puls sich beschleunigte. „Nun gut“, sagte er. „Du bist heute schließlich die Herrscherin. Wir werden jung und sorglos sein, ganz wie du es befohlen hast.“
„Und jetzt befiehlt die Herrscherin, dass du sie küsst“, flüsterte sie. „Und zwar sofort.“
„Ganz wie Eure Majestät es wünschen.“ Und er erhob sich, um ihren wartenden Lippen entgegenzukommen. Ihr weicher Mund war leicht geöffnet, und sie schmeckte nach Obst und Sonne und nach dem verzehrenden Verlangen, das zwischen ihnen entbrannte.
Doch er schmeckte auch etwas Neues in ihrem Kuss. Ein tiefes Begehren, den Augenblick festzuhalten, ihre Gefühle einzufangen und nie mehr loszulassen. Und auch er verspürte dieses Verlangen und nahm sie noch fester in die Arme, bis er ihre Brüste und Beine gegen seinen Körper spürte. Doch selbst dann, als er das Hier und Jetzt, ihr tiefstes Inneres festhalten wollte, entglitt sie ihm wieder.
Aber er hatte einen neuen Vorsatz. Sie würde ihm nicht viel länger ausweichen können.
Langsam löste er sich von ihr und knabberte zärtlich an ihrem Kinn, ihren Wangen und ihrer Nase, bis sie aufseufzte. „Wenn wir heute Abend zu einem Galaball einladen wollen, Eure Majestät, haben wir noch viel zu erledigen.“
„Ich weiß“, sagte sie. „Aber sicher haben wir noch ein bisschen Zeit, um …“ Ihre Hand glitt über seine Brust und hinunter zu seiner Hüfte, doch er griff nach ihren Fingern, bevor sie ihr eigentliches Ziel erreichen konnten.
„Nein, das glaube ich nicht.“ Er küsste ihre Fingerspitzen und ließ sie los. Sie nahm wieder ihren Sitz auf der Türschwelle ein. „Später, meine Prinzessin. Nach dem königlichen Bankett.“
Bevor er seine Meinung ändern, sie wieder in seine Arme nehmen und hier und jetzt auf der Türschwelle lieben würde, verließ er das Haus. Ihm stand ein langer Tag bevor, aber die harte körperliche Arbeit, ein tiefes Erdloch am Strand auszuheben, würde ihm dabei helfen, sein Verlangen für einige Stunden zu vergessen. Er konnte den Anbruch der Nacht kaum erwarten.
Als er den Pfad hinunterlief, pfiff er die Melodie des Seemannslieds, das Bianca gesungen hatte. „ Que hondo es el mar…“
Bianca strich über den grauen Rock und drehte sich auf dem Schemel, auf den sie sich gestellt hatte, um sich besser im Spiegel betrachten zu können. Sie wünschte, sie hätte etwas Eleganteres und Festlicheres zum Anziehen gehabt – etwas, das Balthazar dazu bringen würde, den Blick nicht von ihr abwenden zu können.
Doch das graue war ihr einziges Kleid und musste genügen. Und davon abgesehen, würde sie wohl in Flammen aufgehen, wenn Balthazar sie mit noch brennenderem Verlangen ansehen würde!
Sie schnürte das graue Mieder zu, zog aber die dazugehörigen Ärmel aus, sodass man ihr darunterliegendes weißes Unterkleid sehen konnte. Als sie mit ihrem Spiegelbild zufrieden war, sprang sie hinunter und öffnete ihre Truhe, um den dürftigen Inhalt zu durchwühlen. Draußen ging die Sonne unter, und sie konnte schon die ersten Fetzen Musik hören, die unten vom Strand heraufwehten.
Sie fand, was sie suchte, und zog ein langes rotes Band hervor, mit dem sie ihr Haar zurückband. Dann griff sie noch einmal tief in die Truhe und nahm die ganz unten, unter Strümpfen und Unterwäsche versteckte, schwere Börse heraus, in der sich ihre Münzen befanden. Und inmitten der Münzen befand sich ein Ring.
Sie legte ihn auf ihre Handfläche und bewunderte, wie er im goldgelben Abendlicht glitzerte. Sie hatte diesen von Perlen eingefassten Rubin nie getragen, doch sie hatte ihn auch nicht verkauft. Selbst in Zeiten größten Elends nicht.
Aber sie hatte ihn auch seit dem Tag, an dem
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