Im Winter der Löwen
sagte er. »Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, da sei eine neue Frau in deinem Leben.«
»Hallo«, sagte Joentaa.
Heinonen und Grönholm murmelten einen Morgengruß. Kimmo dachte an Tuomas Heinonen, der wie ein Fragezeichen dagesessen hatte, in der Nacht, als Larissa im Türrahmen gestanden hatte. Er sah zu ihm hinüber und fing einen Blick auf, der schwer zu deuten war. Ein leises Lächeln glaubte er zu sehen. Schon in der Nacht hatte Kimmo das Gefühl gehabt, dass Heinonen ihm die »neue Frau im Leben« herzlich gegönnt hatte. So merkwürdig ihm das Ganze auch erschienen sein mochte, aber vielleicht hatte Heinonen angesichts seiner eigenen Probleme gar nicht mehr den Blick für die Details gehabt.
Joentaa erwiderte das Lächeln und dachte an den Boxing-Day im englischen Fußball und dann wieder an Patrik Laukkanen und an Salomon Hietalahti, der vermutlich die Obduktion durchführen würde. Er setzte sich an seinen Schreibtisch und startete den Computer. Er suchte noch einmal Heinonens Blick, aber der hatte den Kopf gesenkt und starrte auf seinen Monitor.
»Um 14.30 Uhr ist Treffen im Besprechungsraum«, sagte Sundström. »Dann sind auch die anderen Beamten da, die hinzugezogen werden. Bis dahin sollte in jedem Fall Substantielles zu Laukkanens privatem Umfeld vorliegen. Einverstanden?«
Alle nickten.
»Kimmo, ich möchte, dass du nochmal zu Leena Jauhiainen fährst. Ich habe bei ihr angerufen, es scheint ihr etwas besser zu gehen. Sie hat inzwischen die Liste erstellt mit allen wichtigen Kontakten, die Patrik hatte, die liegt uns schon vor.«
Joentaa nickte. Private Kontakte. Berufliche Kontakte. Was hatte er gemocht? Was hatte ihm Angst gemacht? Was war ihm gelungen, was hatte ihm Probleme bereitet? Wer hatte ihn geschätzt, wer hatte ihn gehasst? Dinge, die keine Rolle gespielt hatten, als Laukkanen noch am Leben gewesen war.
Sundström reichte allen einen Ausdruck der Liste. Ein sauber gearbeitetes Dokument. Namen, Kontaktdaten. Joentaa stellte sich Leena vor, die vor dem Computer gesessen und geschrieben hatte. Während das Baby schlief und das Leben aus den Fugen geriet.
»Ich habe schon alles aufgeteilt. Bis heute Mittag sollte jeder zu den ihm zugeteilten Personen etwas beisteuern können«, sagte Sundström.
»Klar«, sagte Petri Grönholm.
»Wäre nicht schlecht, demnächst die Ahnung eines Mordmotivs zu bekommen«, ergänzte Sundström.
Joentaa dachte wieder an das Gespräch, das er in der Nacht mit Larissa geführt hatte. »War es eigentlich Patrik, der vor einiger Zeit in der Talkshow war, bei Hämäläinen?«
Sundström schien nicht zu begreifen, wovon die Rede war.
»Ja«, sagte Grönholm. »War ein ziemlich guter Auftritt.«
Heinonen nickte. »Ist das wichtig?«
»Vermutlich nicht. Ich war nur … ich war darauf angesprochen worden und wusste nicht mehr genau, ob es Patrik war oder ein anderer Mitarbeiter der Gerichtsmedizin.«
»Dürfte ich erfahren, wovon eigentlich die Rede ist?«, fragte Sundström.
»Patrik Laukkanen war in Hämäläinens Talkshow. Ein sehr guter Auftritt, er hat einen Lacher nach dem anderen gehabt«, sagte Heinonen.
»Ist wohl an mir vorbeigegangen«, sagte Sundström.
»Er war wirklich gut. Überraschend schlagfertig und witzig«, sagte Grönholm.
»Aha …«, sagte Sundström.
»Vermutlich ist es nicht wichtig«, sagte Joentaa. Er fuhr an den Rand von Turku, in die schöne Wohngegend am Klosterberg, zu dem orangen Haus, in dem Patrik Laukkanen gewohnt hatte. Im Wohnzimmer saß er Leena Jauhiainen gegenüber, die das Baby in den Armen hielt und sagte, dass die Tabletten geholfen hätten. »Erst wurde ich müde, und dann fühlte ich mich schwerelos. Erstaunlich, dass diese kleinen weißen Dinger so etwas bewirken können«, sagte sie.
Joentaa nickte.
»Ich hoffe, dass die Wirkung eine Weile anhält. Ich darf die Tabletten nur sehr zurückhaltend nehmen, weil ich noch stille.«
Sie schwiegen eine Weile. Dann begann er, Fragen zu stellen. Leena wirkte konzentriert und gleichzeitig abwesend, während sie antwortete, und Joentaa lernte einen neuen Patrik Laukkanen kennen. Den Laukkanen etwa, der Liebhaber klassischer Musik und darüber hinaus begeisterter Tänzer gewesen war. Finnischer Meister in den klassischen Tänzen 1989.
»Beim Tanzen haben wir uns kennengelernt. Bei einem der Wettbewerbe. Ich dachte erst, er wäre … na ja, vom anderen Ufer. Ist ja doch nicht ganz selten in dieser Sportart. Glücklicherweise habe ich mich
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