Im Winter der Löwen
solche Medikamente gesprochen. Eine Frau war an einer Überdosis dieser Schaftabletten gestorben, und jetzt nahm Leena sie ein, weil Patrik nicht mehr lebte, und morgen war Boxing-Day. Großkampftag in der englischen Fußball-Liga, wie Tuomas gesagt hatte. Joentaa fragte sich, was Tuomas meinte, wenn er sagte, er habe ziemlich viel auf Manchester gegen Arsenal gesetzt.
»Alles in Ordnung?«, fragte Larissa.
Sie stand in der Tür, die Decke um ihren Körper gewickelt, und Kimmo Joentaa spürte eine Welle der Erleichterung und Freude darüber, dass sie da war, und er fragte sich, warum.
»Alles bestens«, sagte er.
Sie setzte sich ihm gegenüber an den Tisch.
»Auch einen Tee?«, fragte er.
Sie nickte.
»Pfefferminz?«
»Gerne.«
Sie saßen sich gegenüber, und er begann, von Laukkanen zu erzählen. Und von Leena. Sie nickte nur und wirkte unbeeindruckt.
»Aber das ist nicht dieser Promi-Pathologe, oder?«, sagte sie.
»Was meinst du?«
»Dieser Gerichtsmediziner, der bei Hämäläinen war.«
»Ich verstehe kein Wort.« »Bei Hämäläinen, in der Talk-Show, waren vor einiger Zeit zwei Typen, der eine war Gerichtsmediziner und der andere Maskenbildner oder Puppenbauer oder wie auch immer man die Leute nennt, die diese Puppen fürs Fernsehen bauen … Leichen für Filme …«
»Ja …«, sagte Joentaa, der noch immer nichts verstand.
»Es ging um diese Puppen und darum, dass die sehr originalgetreu nachgebildet werden, und der Gerichtsmediziner hat erzählt, dass Leichen den Ermittlern wichtige Hinweise auf ihre Mörder liefern können und das anhand der Puppen verdeutlicht.«
»Ah …«, sagte Joentaa.
»Du bist doch der Polizist, du müsstest damit was anfangen können.«
»Ja … grundsätzlich schon …«, sagte Joentaa und erinnerte sich jetzt dunkel daran, dass Heinonen und Grönholm darüber gesprochen hatten. Dass die Gerichtsmedizin in Hämäläinens Talkshow auftreten werde. Aus irgendeinem Grund hatten sie sich prächtig darüber amüsiert. Hatten sie Patrik Laukkanen erwähnt? Er hatte das Ganze nur beiläufig verfolgt und sich gefragt, was die Aufregung sollte.
»Ich fand die Sendung zum Kotzen«, sagte Larissa.
Joentaa nickte.
»Ich weiß nicht mehr warum, aber irgendwas an der Sendung hat mich gestört«, sagte sie.
Joentaa nahm sich vor, Heinonen und Grönholm bei Gelegenheit nach Hämäläinens Talkshow zu fragen, obwohl es für die Mordermittlung vermutlich ohne Belang war.
14
Am Morgen, als Kimmo Joentaa erwachte, war Larissa schon aufgestanden. Er hörte das Rauschen der Dusche. Nach einer Weile kam sie und sagte, dass sie heute wieder arbeiten gehe. Er lag im Bett und dachte noch etwas verschlafen über den Satz nach, den sie gesagt hatte.
»Du meinst …«, sagte er, während sie nach ihren Kleidern suchte.
»Arbeiten. Meinen Job machen«, sagte sie. »Am letzten Feiertag kommen die Kunden langsam wieder in die Gänge.«
Joentaa nickte.
»Wäre es dir recht, wenn ich am Abend vorbeikomme?«, fragte sie.
Joentaa sah sie eine Weile an, dann nickte er noch einmal. Er versuchte, etwas in Gedanken auszuformulieren, während sie sich anzog. Etwas, das er sie fragen wollte.
»Bis später«, sagte sie und ging.
Er saß aufrecht und reglos im Bett, als die Haustür ins Schloss fiel.
Er fuhr nach Turku. Er war spät dran. Die Dunkelheit wich langsam einem weiteren Postkartentag. Sonne, die durch die Äste der Bäume fiel, und der Neuschnee sah aus wie Zuckerwatte. Die Landstraße war breit und leer.
Er bog nach links ab, in die schmale Straße, die zum Polizeigebäude führte, und passierte das flache, lange Haus unterhalb der Unfallklinik, in dem die Gerichtsmedizin untergebracht war. Er verlangsamte seine Geschwindigkeit und glaubte, hinter einem der Fenster die Silhouette von Salomon Hietalahti zu erkennen. Salomon sprach mit einer Kollegin, und Patrik Laukkanen, der noch vor zwei Tagen der Leiter dieser Einrichtung gewesen war, war für seine Kollegen heute einer der Aufträge, die zu bewältigen waren. Er fragte sich, wer die Obduktion durchführen würde und dachte vage an das, was Larissa oder wie auch immer sie hieß über Hämäläinens Talkshow erzählt hatte. Er fuhr weiter.
Als er das Büro betrat, saßen Tuomas Heinonen und Petri Grönholm bereits vor ihren Computern. Falls sie überrascht darüber waren, an diesem Morgen ausnahmsweise vor ihm da gewesen zu sein, ließen sie es sich nicht anmerken. Sundström kam aus dem angrenzenden Raum.
»Kimmo, spät dran«,
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