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Im Winter der Löwen

Titel: Im Winter der Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Costin Wagner
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sie.
    »Weißt du, ob er die Sendung aufgezeichnet hat?«
    »Ja, Kimmo, das weiß ich. Er hat mich etwa zehn Mal angerufen, um sicherzugehen, dass ich die richtigen Knöpfe am DVD-Player drücke. Es war … es war eine große Sache für ihn … es hat ihm Freude gemacht … und sein Auftritt war wirklich gut.«
    »Hast du die DVD? Könntest du sie mir leihen?«
    »Natürlich.«
    »Wunderbar. Ich … am liebsten würde ich sie sofort abholen, wenn das geht.«
    »Sicher. Kimmo … was ist los? Warum ist diese Sendung wichtig?«
    »Ich weiß es noch nicht. Der Mann, mit dem Patrik bei Hämäläinen war …«
    »Der Puppenbauer? Mäkelä?«
    »Ja … hatten Patrik und er Kontakt? Waren sie befreundet?«
    »Nein. Sie haben sich bei der Talkshow zum ersten Mal gesehen. Ich wüsste nicht, dass Patrik danach etwas mit ihm zu tun hatte … wieso … ist Mäkelä …«
    »Er ist tot«, sagte Joentaa. »Es gibt einen Zusammenhang mit Patrik. Es muss einen geben.«
    Leena schwieg.
    »Ich bin in einer halben Stunde bei dir«, sagte Joentaa.
    »Ja …«, sagte Leena.
    »Bis dann«, sagte Joentaa und unterbrach die Verbindung.
    Er rief Grönholm an, dessen Stimme aus tiefem Schlaf zu kommen schien. Er rief Heinonen an, dessen Stimme gehetzt klang.
    Er stand eine Weile vor der verschlossenen Tür seines Schlafzimmers. Schließlich drückte er behutsam die Klinke und öffnete die Tür. Larissa lag in sich zusammengekrümmt wie ein Embryo. Sie schien fest zu schlafen.
    Joentaa schloss die Tür und stand unschlüssig im Wohnzimmer vor einem Zettel und einem Stift. Nach einer Weile gab er sich einen Ruck und schrieb. Liebe Larissa, ich musste schon los. Ich freue mich auf heute Abend, ich könnte uns einen Nudelauflauf kochen, wenn Du magst. Bis dann, Kimmo. Er starrte eine Weile den Text an, dann legte er den Zettel auf den Tisch. Hinter der Scheibe lag der See noch im Dunkel, aber der Himmel war klar, und Joentaa hatte das Gefühl, dass schon der nächste Wintersonnentag dämmerte.
18
    Sie ist über den Schnee geglitten und hat die Welt in Ordnung gebracht. Die Straße war breit und leer. Der Mann wirkte überrascht und war ganz still, während sie auf ihn hinabsah.
19
    Patrik Laukkanen lachte. Joentaa dachte, dass er ihn nie glücklicher gesehen hatte, und er versuchte, sich auf die Worte zu konzentrieren, die gewechselt wurden, aber es fiel ihm schwer, weil er den lachenden Laukkanen anstarrte, bis das Bild vor seinen Augen verschwamm.
    Harri Mäkelä erklärte, wie er aus formlosen Massen Leichen baute, der Moderator, Hämäläinen, nickte und warf ab und an eine Frage dazwischen, und Patrik Laukkanen lachte. Lachte und lachte und erläuterte etwas, lobte Mäkeläs Puppe, weil eine bestimmte anatomische Besonderheit bei der Herstellung beachtet worden war. Dann lachte er wieder, und Mäkelä stimmte ein, und Hämäläinen grinste schief, und das Publikum klatschte, und ein Komiker kam auf die Bühne, der nervöse Zuckungen hatte und sofort begann, bekannte Stimmen zu imitieren.
    Sundström stellte den Ton ab. Die Bilder flimmerten lautlos vor sich hin. Alle saßen schweigend. Sundström und Tuomas Heinonen auf Stühlen vor dem Fernseher, Petri Grönholm auf der Kante des langen, schmalen Tisches, der den Besprechungsraum dominierte. Joentaa kniete vor dem Fernseher. Er hatte die DVD eingelegt und sich nicht mehr bewegt, seitdem Hämäläinen seine Gäste Harri Mäkelä und Patrik Laukkanen auf die Bühne gebeten hatte, zu den Puppen, die unter blauen Tüchern auf Bahren gelegen hatten.
    »Tja …«, sagte Sundström nach einer Weile.
    Der Komiker auf dem Bildschirm zuckte und wirkte jetzt sehr konzentriert. Er schien über ein ernstes Thema zu sprechen, Hämäläinen nickte von Zeit zu Zeit und erwiderte den ernsten Blick.
    Der Komiker ist traurig, und der Tod ist ein Scherz, dachte Joentaa vage.
    »Bringt uns das weiter?«, fragte Sundström in die Stille.
    Niemand antwortete. Tuomas Heinonen war blass und starrte die Bilder auf dem Fernseher an. Drei zu drei, dachte Joentaa.
    »Patrik war gut«, sagte Grönholm. »Mehr ist mir nicht aufgefallen.«
    Sundström nickte.
    »Er war richtig gut«, sagte Grönholm. »Was er gesagt hat, war fundiert und spannend. Und witzig.«
    Sundström nickte.
    »Ich dachte immer, Patrik sei humorlos«, sagte Grönholm.
    »Tja«, sagte Sundström.
    »Und der Puppenbauer war ein Arschloch«, sagte Heinonen. Alle drehten sich in seine Richtung. »Entschuldigung«, sagte Heinonen. »Mir ging nur auf den

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