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Im Winter der Löwen

Titel: Im Winter der Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Costin Wagner
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Suchbegriffen sicher zunächst eine Liste der in Frage kommenden Ereignisse erstellen.«
    »Das ist sehr gut«, sagte Joentaa.
    »Dann müsste man etwas tiefer schürfen, um die Namen der Verstorbenen zu ermitteln. Und dann geht es ja, wenn ich dich richtig verstehe, um deren Angehörige.«
    »Ja … genau«, sagte Joentaa.
    »Dann lege ich mal los«, sagte Päivi.
    »Danke dir«, sagte Joentaa.
    Er saß mit dem Telefon in der Hand da und spürte plötzlich großen Widerwillen … Angehörige ausfindig zu machen, ihre Trauer neu zu entfachen, auf der Basis einer vermutlich hanebüchenen Idee.
    »Versprichst du dir wirklich was davon?«, fragte Heinonen, der ihm gegenübersaß.
    »Ich weiß nicht …«
    »Patrik Laukkanen hatte Schulden«, sagte Heinonen.
    Joentaa hob den Kopf und sah ihn fragend an.
    »Er hat sich … an der Börse verspekuliert«, sagte Heinonen.
    »Und was hat das mit der Ermordung Mäkeläs und dem Mordversuch an Hämäläinen zu tun?«
    »So weit sind wir noch nicht«, sagte Heinonen.
    Joentaa nickte.
    »Es ist … einfach ein Ermittlungsergebnis«, sagte Heinonen.
    Joentaa stand abrupt auf. Er wollte nach Hause gehen. Sofort. Mit Larissa vor dem kleinen Baum stehen. Was gingen ihn Patrik Laukkanens Schulden an? Er hatte gar kein Recht, davon zu wissen.
    Er ging hinunter, an der großen, reich geschmückten Tanne vorbei zum Getränkeautomaten. Er warf Münzen ein und erhielt eine Flasche Wasser. Als er zurück nach oben ging, kam ihm Heinonen entgegen. Gehetzter, verschleierter Blick.
    »Ich … muss noch mal weg«, sagte er.
    Kimmo Joentaa nickte.
    »Bin in zehn Minuten wieder da.«
    Joentaa sah Heinonen nach, der ins Schneetreiben trat und nach einigen Metern zu rennen begann.
43
    Am Nachmittag kamen die beiden Polizisten, die sich wie am Tag zuvor als Sundström und Westerberg vorstellten.
    »Hämäläinen«, sagte Hämäläinen.
    »Entschuldigung?«, sagte Sundström.
    »Sollte ein Scherz sein«, sagte Hämäläinen.
    »Ach so …«, sagte Sundström und lachte tatsächlich kurz und trocken und zog sich den Stuhl heran, auf dem am Morgen Irene gesessen hatte.
    »Wie geht es Ihnen?«, fragte er.
    »Gut. Den Umständen entsprechend. Der Oberarzt, Valtteri Muksanen, glaubt, dass ich schon bald nach Hause gehen kann.«
    »Deshalb sind wir hier«, sagte Sundstöm. Westerberg war gerade dabei, sich einen zweiten Stuhl heranzuziehen, der neben dem Fenster stand. Auf der Fensterbank stand eine Vase mit einem roten und gelben Blumenstrauß. Er konnte sich gar nicht daran erinnern, dass Irene Blumen gebracht hatte … vielleicht gehörte der Strauß zur Einrichtung.
    »Es geht um Folgendes …«, sagte Sundström.
    »Diese Blumen …«, sagte Hämäläinen.
    Sundström folgte seinem Blick. »Ja?«
    »Sind die echt oder aus Plastik?«
    Westerberg erhob sich schwerfällig und befühlte die Blüten. »Echt«, sagte er.
    Hämäläinen nickte.
    »Wir möchten, dass Sie noch eine Weile hierbleiben«, sagte Sundström.
    Hämäläinen betrachtete die Blumen und fragte: »Wieso das?«
    »Anschließend werden wir Sie für einige Zeit … bis hier alles geklärt ist, in einem sicheren Haus unterbringen.«
    Hämäläinen wandte den Blick von den Blumen ab und sah Sundström an.
    Ein sicheres Haus …
    »Klingt ein wenig nach Agentenfilm«, sagte er.
    »Man nennt es so«, sagte Sundström.
    Hämäläinen nickte.
    »Sie und, wenn Sie möchten, auch Ihre Familie«, sagte Sundström.
    Ein sicheres Haus …
    »Es ist Ihnen doch klar, dass Sie in Gefahr sind, solange die Ermittlungen andauern«, sagte Sundström.
    Ein sicheres Haus. Umgeben von Wald. In einem malerischen Winter.
    »Kennen Sie Niskanen?«
    »Den Langläufer?«, fragte Westerberg.
    »Bedaure«, sagte Hämäläinen.
    »Wie bitte?«, fragte Sundström.
    »Ich danke Ihnen für das Angebot. Aber ich bleibe lieber zu Hause.«
    »Das wird nicht möglich sein«, sagte Sundström.
    »Sicher wird das möglich sein.«
    »Angesichts der …«
    »Ich fühle mich gut. Am Silvesterabend werde ich moderieren. Unseren Jahresrückblick. Die Sendung wird live ausgestrahlt. Da kann man nicht einfach Konserven senden.«
    Sundström glotzte ihn an, Westerberg schien mit ganz anderen, fernliegenden Gedanken befasst zu sein.
    »Das wird nicht möglich sein«, wiederholte Sundström.
    Es klopfte an der Tür.
    »Ja, bitte?!«, rief Sundström, als sei es sein Zimmer.
    »Äh … kennen Sie die Dame?«, fragte der uniformierte Beamte.
    Es war Tuula. Grau sah sie aus. Verweint und

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