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Im Wirbel der Gefuehle

Titel: Im Wirbel der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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und stellte das kleine Tablett auf dem Tischchen neben dem Bett ab. Sie hob die Tasse hoch und reichte sie ihr vorsichtig. »Trink, das wird dir gut tun, es ist heiß, aber nicht mehr zu heiß.«
    Ihre Mutter nahm das Getränk entgegen, ohne dabei jedoch die Augen zu öffnen. Es war Demeters Spezialmischung, bestehend aus Weidenrutenrinden, Minzblättern, Zitronenmelisse und einigen anderen Zutaten, die die alte Amme nicht preisgab. Madame
    Cassard nippte ein wenig und sank sofort wieder in ihre Kissen zurück, ganz so, als ob nur der Geschmack des Tees schon eine Entspannung bringen würde.
    »Danke, ma chere«, seufzte sie nach einem kurzen Moment. »Du bist eine gute Tochter. Ja, vielleicht zu gut.«
    »Wenn du auf die Hochzeit anspielst ...«
    »Dein Vater hätte dich nicht darum bitten sollen.«
    »Das hat er auch nicht. Es war der Lösungsvorschlag von Monsieur Lenoir für unsere Zwangslage.«
    »Aber du hast dich einverstanden erklärt, warum nur? Warum hast du dich nicht einfach geweigert, solange geweigert, bis ...«
    »Bis was? Bis wir mit unserer gesamten Habe auf der Straße gesessen hätten? Nein, nein, so ist es auf jeden Fall besser.«
    »Ich fürchte nur — oh, cherie. Du kannst jetzt doch nicht ...« Sie brach mitten im Satz ab, seufzte und hob wieder an. »Dein Papa und ich sind immer sehr glücklich gewesen. Ich wollte, dass du zumindest mit deinem zweiten Mann glücklich wirst. Aber jetzt, so nicht, nein, nein. Das geht zu schnell. Ich mag gar nicht daran denken ...«
    Glücklich? Was heißt das schon? Kann Glück in einem Kuss liegen, der nach Rasierseife, dem honigsüßen Duft eines Mannes, nach ohnmächtiger Leidenschaft und nach kompromissloser Hingebung schmeckt? Hat körperliche Anziehungskraft etwas damit zu tun? Wenn ja, dann hatte sie zumindest eine kleine Chance, das Glück zu finden. Reine fühlte sich immer noch von Christiens Kuss wie betäubt. Insgeheim wunderte sie sich, dass sie in all den Jahren mit Theodore noch nie einen solchen Kuss bekommen hatte.
    »Lass es gut sein, Maman. Denk nicht darüber nach.«
    »Ich muss aber, irgendjemand muss es ja tun. Oh, ma chere , was ist, wenn er zurückkommt?«
    Die Frage ihrer Mutter riss Reine aus ihren Gedanken an den Mann, dem sie eben noch so nahe war. Ein Schauder lief ihr über den Rücken.
    »Wer? Du kannst ja wohl nicht Theodore meinen. Er ist tot, Maman. Erinnerst du dich nicht, er ist seit zwei Jahren tot.«
    »Ich habe ihn aber nicht gesehen. Das Bett und das ganze Blut, ja, aber er war nicht da.«
    Zu diesem Aspekt der Geschichte von Theodores Tod kam ihre Mutter immer wieder zurück. Reine konnte ihr das kaum vorwerfen, denn das war tatsächlich genau der Punkt, der nie richtig geklärt wurde. Wenn sie selbst im gemeinsamen Schlafzimmer mit Theodore auf River’s Edge gewesen wäre, dann hätte man wahrscheinlich alles ganz logisch erklären können. Aber dem war nicht so.
    Für einen Augenblick fühlte sie sich in diese schreckliche Zeit zurückversetzt. Marguerite war schwer krank gewesen, sie hatte hohes Fieber, Erbrechen und Durchfall. Ihre Schmerzensschreie konnte man im ganzen Haus von Bonne Esperance hören. Jeder wurde dadurch wach gehalten, an Schlaf war nicht zu denken. In dem alten französischen Farmhaus waren außer der jungen Familie Theodores Mutter, der im Sterben liegende Onkel und die beiden Kusinen, die sich um den alten Mann kümmerten. Der Lärm und die Aufregung im Haus nahmen so überhand, dass Theodore schließlich in die Stadt ritt und dort für einige Tage blieb. Oder aber er wollte einfach nur der Gefahr der Ansteckung entkommen, denn er konnte es noch nie ertragen, krank zu sein.
    Reine, die den hausgemachten Arzneimitteln der alten Demeter nicht so ganz traute und der auch ein Haushalt mit bereits einem Sterbenden und dann einer weiteren Patientin zu viel wurde, sehnte sich danach, zu ihren Eltern nach River’s Edge fahren zu können. Als in dem ganzen Trubel der alte Onkel schließlich starb, wurde es ihr zu viel, und sie packte ihre Sachen und begab sich mit der kranken Marguerite auf das elterliche Anwesen River’s Edge. Nicht, dass es für die Kleine was gebracht hätte, die Krankheit nahm einfach ihren Lauf. Reine jedoch, die schon seit Nächten nicht mehr geschlafen hatte, konnte einfach nicht mehr. Jeden Augenblick hatte sie bei Marguerite verbracht, sie im Arm gewogen, sie in kühlem Wasser gebadet, um das Fieber zu senken, ihr löffelweise süßes Zitronenwasser eingeflößt und versucht,

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