Im Wirbel der Gefuehle
dass ihre Mutter ihre vor Erregung geschwollenen Lippen nicht bemerken würde.
»Wir werden ja in jedem Fall bald verheiratet sein, Madame Cassard«, versuchte er sie zu beruhigen und trat einen Schritt auf sie zu. »Dann wird es keine Rolle mehr spielen, wenn wir zusammen in einem Zimmer sind.«
»Aber nicht hier«, erwiderte sie klagend und schüttelte erneut den Kopf. »Das Schlafgemach des Hausherrn wird euer Reich sein, denn es ist das beste Zimmer im Haus.«
»Ich danke Ihnen für Ihr Angebot, aber ich möchte Ihnen keine Umstände bereiten und Sie verdrängen.« Er neigte galant seinen Kopf, sodass auf seinen schwarzen Locken ein Schimmer des hereinfallenden Sonnenlichts zu sehen war. »Ich befinde mich absolut wohl in diesem Zimmer hier.«
»Ich glaube, der Raum, den ich als mein Schlafgemach nutze, ist besonders geeignet«, warf Reine ein. »Er ist nach Osten ausgerichtet, sodass es nachts nicht so heiß wird.«
Sie blickte Christien flüchtig von der Seite an, besorgt darüber, dass er merken würde, dass sie noch mehr als die reine Bequemlichkeit dieses Zimmers im Auge hatte.
»Es wird alles so sein, wie Sie es wünschen«, gab er ernst zurück. Obwohl er diese Äußerung mit aller gebotenen Höflichkeit, die einem Bräutigam wohl ansteht, aussprach, war der Ausdruck in seinen Augen alles andere als galant. Reine fühlte wie ihr, trotz der aufsteigenden Hitze des Tages, ein kalter Schauer den Rücken herunterlief. Sie fuhr sich mit der Zunge über die untere Lippe und schmeckte die Süße, die sein Kuss hinterlassen hatte, ja sie spürte fast noch den Druck seiner weichen Lippen auf den ihrigen und die Beweglichkeit seiner Zunge, dieses Gefühl, das sie fast um ihren Verstand gebracht hätte.
Ihre Mutter wiegte den Kopf langsam von rechts nach links und wieder zurück. »Oh Reine, meine Reine. Dieses Gerede von Zimmern und Hochzeit. Du darfst nicht ... das kann alles nicht rechtens sein. Warum muss das alles auf diese Weise enden?«
»Papa hat es dir doch erklärt. Bitte reg dich nicht auf. Alles wird wieder gut.«
Eine Hand auf den Arm ihrer Tochter legend, jammerte Madame Cassard aufs Neue. »Ich brauche meinen Beruhigungstee. Mein Kopf fühlt sich an, als ob er platzen würde. Bitte komm jetzt mit mir mit, Reine. Ich muss mich hinlegen, und du musst mir meinen Tee machen.«
Reine blieb nichts anderes übrig, als den Bitten ihrer Mutter nachzukommen, denn das war das Einzige, was man in einer solchen Situation für sie tun konnte. Sie mit zahlreichen, sanften Worten beruhigend führte Reine Madame Cassard langsam und fürsorglich wieder auf ihr Zimmer zurück.
Bevor jedoch beide um die Ecke bogen, warf Reine noch einen Blick über die Schulter und suchte den Kontakt zu Christien. Dieser stand noch an derselben Stelle wie zuvor, beschienen vom goldenen Morgenlicht, das sich über seine nackten Schultern ausbreitete, und mit einem nachdenklichen Ausdruck in seinen tiefschwarzen, samtenen Augen.
Es schnürte ihr die Brust zu, und ihr Herz klopfte wild. Er war so unglaublich männlich und füllte den Raum mit seiner bloßen Präsenz. Sie fühlte, wie sie sich erhitze, vor allem zwischen ihren Schenkeln wurde es ihr ganz warm und dies nur von seinem Anblick. Dieser Mann bestach nicht nur durch seinen kraftvollen und wohlgeformten Körper, dessen sehnige Arme den vollendeten Fechtmeister erahnen ließen, sondern er ließ auch in anderer Hinsicht nichts zu wünschen übrig.
Christien würde später wohl Genaueres über die Ursachen des plötzlichen Unbehagens ihrer Mutter wissen wollen, und Reine war sich nicht ganz sicher, ob sie ihm dies beantworten konnte und wollte.
Im Schlafzimmer der Eltern angekommen, klingelte Reine nach den Bediensteten und verlangte, dass man einen Teekessel aufsetzte. Dann half sie ihrer Mutter, sich ihrer Kleider zu entledigen und geleitete sie zu Bett. Als dies vollbracht war, ging sie runter zur Außenküche und kam mit einem beruhigenden Kräutertee und einer kleinen Auswahl an Kuchenstücken zurück, damit Maman sich stärken konnte. Doch hoffte sie insgeheim, dass ihre Mutter inzwischen womöglich in einen leichten Dämmerschlaf gefallen war, sodass es ihr möglich gewesen wäre, ihren Nähkorb und ihr Maßband aus Christiens Zimmer zu holen und mit ihm noch einige klärende Worte zu wechseln. Stattdessen saß ihre Mutter aufrecht in den Kissen, die Augen geschlossen, aber den Kopf jammernd hin und her wälzend, wie im Delirium.
»Sieh her, Maman«, sagte Reine
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