Im Wirbel der Gefuehle
völlig durcheinander gerieten. Es kostete sie unglaubliche Mühen, sich halbwegs wieder zu sammeln, um eine vernünftige Antwort geben zu können.
»Warum sollte das etwas ausmachen, wenn du nicht mehr fechten kannst?«, fragte sie mit belegter Stimme. »Du hast doch geschworen, dass du den Degen beiseitelegst, sobald wir verheiratet sind.«
»Ja, das habe ich, nicht wahr? Kann es übrigens sein, dass du zufälligerweise die beiden Wallen als Pfand für mein Versprechen weggeräumt hast?«
Sie schaute verwirrt im Zimmer umher. »Ich weiß nicht, was du meinst. Ich habe sie nicht angerührt. Wann hast du sie zuletzt gesehen?«
Sein Blick blieb aufmerksam auf ihr ruhen, genau ihre Mimik studierend, dann senkte er seine Augen. »Macht nichts. Vielleicht hat Paul sie sich genommen. Aber wenn du müde bist, warum bleibst du nicht einfach bei mir.« Er klopfte auf die Matratze neben sich. »Hier ist genug Platz.«
Wieder erwachte in ihr der Zweifel, und sie fragte sich, ob diese Einladung nur eine List von ihm war, von ihrer Frage nach dem Verbleib der Waffen abzulenken. Die beiden Duelldegen führte er in einem flachen, hinter seinem Sattel befestigten Koffer mit sich, als er nach New Orleans ritt. Es waren dieselben, die dort in dem spontanen Zweikampf verwendet wurden, aber was wurde aus ihnen danach? Den Koffer hatte er jedenfalls nicht bei sich, als sie ihn verletzt auf der Straße fand.
»Das ist wohl kaum ein angemessener Vorschlag«, antwortete sie fast beiläufig.
»Ich dachte, das hätten wir überwunden.«
Seine tiefe und eindringliche Stimme, als er sie leise aufforderte, weckte bei ihr Erinnerungen, wie sie sich kompromittierend und genussvoll auf dem Spieltisch hingegeben hatte. Vielleicht hatte er recht. Mehr als das, denn ihr Verlangen, sich nicht mehr hinter einer Fassade verstecken zu müssen und sich ganz seiner Anziehungskraft auszuliefern, war mehr als drängend. Vor gut einer Woche hätte sie nicht im Traum daran gedacht, dass sie einmal solche Gefühle für diesen Mann hegen könnte. Jetzt dürstete sie nach der Illusion der Sicherheit in seinen Armen, nach der Geborgenheit, wenn sie neben ihm lag, und nach dem Gefühl, dass sie bei ihm alles hinter sich lassen könnte, ihre Pflichten, ihre Sorgen, ihre Zweifel und Ängste.
»Was kann das schon ausmachen«, fragte er sanft. »Wir werden in einigen Tagen Mann und Frau sein und das Recht haben, jeden Abend zusammen einzuschlafen. Abgesehen davon, was soll schon groß für ein Unterschied sein zwischen der Tatsache, dass du stundenlang bei geschlossenen Türen vor mir auf dem Bett sitzt und der Möglichkeit, dich für ein paar Minuten neben mich zu legen? Von nun an weiß jeder, dass ich verletzt bin. Vinot hat davon sogar schon in New Orleans gehört.«
Da hatte er wohl recht. Es sollte klar sein, dass er aufgrund seiner Verwundung nicht in der Lage sein würde, sich ungehörig und skandalös zu benehmen. Außerdem wusste sie wirklich noch nicht, wie lange er nach seiner Genesung noch auf River’s Edge bleiben würde. Letztlich war alles möglich, wenn man Paul Glauben schenken durfte. Christien könnte ihr beispielsweise eines Tages einfach erklären, er habe es sich anders überlegt, und sie alle müssten River’s Edge verlassen. Es wäre aber auch denkbar, dass sich alles als ein Irrtum herausstellte und er nach New Orleans zurückreiten würde. Womöglich würde sie ihn in ein paar Tagen nie wieder sehen.
Er suchte noch einmal intensiven Augenkontakt zu ihr. Sie konnte sich nicht recht vorstellen, was er darin wahrnahm, aber er übte mit seinem langen Arm einen sanften Druck um ihre Hüfte aus, woraufhin sie zögerlich nachgab und sich von ihm neben sich aufs Bett ziehen ließ.
Dein Geist ist schwach.
Sie geißelte sich selbst, indem sie sich still beschimpfte, gleichzeitig aber ihre Schuhe von sich streifte und ihre Füße auf die Matratze legte, um sich vorsichtig neben ihm auszustrecken, ohne dabei seine Wunde zu berühren.
Verdorbenem Weibsstück.
Diese Charakterisierung ging ihr durch den Kopf, als sie sich niederlegte und die Hälfte seines Kopfkissens einnahm, dass er ihr freigab, sodass sie sich in seinen Armen einkuscheln konnte.
Dumme, prinzipienlose Dirne.
Sie haderte mit ihrer Schwäche, während sie sich wohlig an ihn drückte, allerdings war ihr innerer Protest höchstens halbherzig. Sie war wirklich müde, mehr als sie sich eingestand. Je länger sie neben ihm lag, desto schwächer fühlte sie sich, aber auch
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