Im Wirbel der Gefuehle
Schoß und ließ ein flüsterndes Stöhnen der Erfüllung vernehmen. Für einen ganzen Augenblick blieb er unbewegt, verharrte wie in Bronze gegossen. Dann seufzte er hörbar, drückte sie fest an sich, bevor er sich schließlich von ihr abrollte. Er lag nun ausgestreckt neben ihr auf dem Bett und vergrub sein Gesicht in ihren Haaren, während er sie noch mit einem Arm festhielt. Sie atmeten beide schwer, und nur langsam kamen sie nach dieser Anstrengung von Körper und Sinnen zur Ruhe.
»Ist alles in Ordnung bei dir?«, fragte er, während seine Lippen die salzigen Spuren ihrer Tränen an ihren Schläfen berührten.
»Absolut«, antwortete sie vor Glück und Erleichterung, doch zugleich erschien ihr das in dieser Situation nicht ganz angemessen.
Er drehte sich ein wenig um und stützte sich auf seinen Ellenbogen, damit er sie besser fixieren konnte.
»Bist du dir sicher, dass ich dir nicht wehgetan habe?«
»Bin ich.« Sie ließ ihre Augen geschlossen, einerseits um ihre überschwänglichen Gefühle unter Kontrolle zu halten, andererseits aus Selbstschutz, denn sie traute sich nicht, ihn anzuschauen. Wer weiß, was er von ihr dachte. »Und du? Geht es dir gut?«
»Außerordentlich«, erwiderte er mit einem unterdrückten Lachen.
»Ich meinte nur ... was deine Wunde betrifft.«
»Der geht es so weit gut. Bewegung ist, glaube ich, gut gegen die Entzündung — na ja, vielleicht — ich bin aber zu erschöpft, um darüber nachzudenken. Aber wir sprachen eigentlich von dir. Falls ich zu grob war ...?«
»Nein, überhaupt nicht.«
»Wieso dann das hier?« Er tupfte mit seinem Daumen zärtlich eine Träne an ihrer Schläfe trocken.
»Das ... hat nichts mit dir zu tun«, sagte sie mit einem Knoten im Hals. »Nur all dies, was ich womöglich niemals erfahren hätte dürfen, wenn ... wenn du nicht nach River’s Edge gekommen wärest. Ja, und wie nahe ich doch daran war, es eben nicht zu erleben.«
Einen ganzen Moment lang schwieg er. Dann sagte er in einem sehr nachdenklichen Ton. »Die Tatsache, dass Theodore sich immer beschwert hatte, oder? Weißt du, Männer versuchen oft, ihre eigenen Probleme im Bett damit zu vertuschen, indem sie ihre Partnerin beschuldigen.«
»Warum können sie nicht einfach lernen, auf den anderen einzugehen?«
»Das würde ihnen aber abverlangen, ihre Fehler zuzugeben, nicht gerade einfach für Männer, deren Stolz und Selbstbewusstsein leicht verletzbar ist.«
»Aber sie haben doch trotzdem die Pflicht, sich um ihre Frau zu kümmern.«
»Aber, ja, selbstverständlich«, erwiderte er mit zitternder Stimme.
»Jahrelang in dieser Art weiterzumachen, das verstehe ich nicht ...«
»Es ist nun einmal einfacher, die Gefühle einer Frau als nicht maßgeblich abzutun, oder aber, falls das Problem nicht ignoriert werden kann, sich an jemand anderem schadlos zu halten, um das Selbstwertgefühl wieder aufzupolieren.«
Sie hatte das dumpfe Gefühl, dass er nicht nur von ihr sprach. Doch war jetzt wohl nicht der richtige Zeitpunkt, weiter nachzufragen. Plötzlich waren draußen im Flur Schritte zu hören, so als ob jemand rennen würde. Ganz unvermittelt sprang auf einmal die Tür auf .
Christien war so geistesgegenwärtig, mit elegantem Schwung das Bettlaken unter ihnen hervorzuziehen und über sie zu werfen, um die gröbste Nacktheit ihrer Körper zu bedecken. Das leinene Tuch senkte sich wie ein Zelt über sie, sodass Reines Kopf halb verdeckt wurde. Nur noch aus den Augenwinkeln sah sie, wie ihre Tochter in das Zimmer gerannt kam und in jeder Hand ein Gingerbrot hielt, im Schlepptau Chalmette, der mit heraushängender Zunge und freudigem Bellen das Ganze für ein Spiel hielt.
»Maman!«, schrie Marguerite ganz überrascht und hielt plötzlich inne.
Nach der ersten Schrecksekunde wagte sie sich ein wenig nach vorne und ging vorsichtig in Richtung Bett. Ihre vor Neugierde platzende Stimme war wahrscheinlich bis in die Vororte von New Orleans zu hören, zumal in dieser schrillen Tonlage.
»Was spielst du denn da mit Monsieur Christien? Warum versteckst du dich in seinem Bett?«
Siebzehntes Kapitel
Als Christien den Speisesaal betrat, saß Reines Bruder bereits am Tisch und starrte vor sich hin. Es war das erste Mal, dass die beiden sich begegneten, seit man Reine vor drei Tagen in Christiens Bett entdeckt hatte. Paul machte ein finsteres Gesicht, als er Christien gewahr wurde, und stand sofort von seinem Stuhl auf.
»Bitte geh nicht wegen mir«, bat ihn Christien in ernstem Ton.
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