Im Zauber der Gefuehle

Titel: Im Zauber der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas

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Herrenhaus entfernten. Nick war dabei, ihr eine Abkürzung in den benachbarten Wald zu zeigen, der nur durch eine niedrige Steinmauer vom Anwesen getrennt war.
    Nick musste über Lotties Aussage lächeln und streckte die Arme aus, um ihr von der Mauer zu helfen. Obgleich sie ohne weiteres auch ohne seine Hilfe hätte springen können, stützte sie sich an seinen Schultern ab, während er ihre Taille mit den Händen umschloss.
    »Was fehlt mir denn?«, wollte er wissen, als er sie vor sich zu Boden gleiten ließ, bis ihre Füße den Boden berührten.
    »Eine Aufgabe.«
    »Eine was?«
    »Etwas, dem du nachgehen kannst, und das deine Mühe wert ist. Etwas, das nichts mit der Verwaltung des Anwesens oder deiner Ländereien zu tun hat.«
    Nick ließ seinen Blick unverfroren über Lotties schlanke, gepflegte Erscheinung in dem pfirsichfarbenen Kleid mit braunem Spitzenbesatz schweifen. »So etwas habe ich schon«, erwiderte er und bedeckte ihren Mund mit dem seinen. Er spürte, dass sie lächelte, bevor sie dem warmen Ansturm seiner Lippen nachgab und seiner Zunge Einlass gewährte.
    »Ich meine etwas, womit du dich in der restlichen Zeit beschäftigen könntest«, stieß sie atemlos hervor, als er den Kuss beendete.
    Er strich mit der Hand über ihre Taille, die in kein Korsett gezwängt war. »Ich auch.«
    Lachend entzog Lottie sich ihm und stapfte in ihren flachen, knöchelhohen Stiefeln durch den Laubteppich in den Wald hinein. Vereinzelte Sonnenstrahlen drangen durch das uralte Blätterdach über ihnen und verfingen sich wie silberne Blitze in ihrem hellblonden, nach oben gesteckten Haar. »Sir Ross interessiert sich für eine Reform des Rechtswesens«, meinte sie, »und setzt sich für die Rechte von Frauen und Kindern ein. Wenn du dich einer Sache widmen würdest, die dem öffentlichen Wohl dient, könntest du deinen Sitz im Oberhaus dazu nutzen ...«
    »Moment mal«, sagte er argwöhnisch, wobei er ihr durch das Labyrinth aus Büschen und Bäumen folgte.
    »Wenn du jetzt anfängst, mich mit meinem ach so heiligen Schwager zu vergleichen ...«
    »Es sollte nur ein Beispiel sein, kein Vergleich.« Neben einer riesenhaften Ulme blieb sie stehen und fuhr mit der Hand die tiefen Furchen der grau gesprenkelten Rinde nach. »Aber es ist doch so, dass du die letzten Jahre damit verbracht hast, der Öffentlichkeit zu dienen und Leuten zu helfen, und jetzt einfach so aufzuhören ...«
    »Ich habe nicht Leuten geholfen«, unterbrach Nick sie entrüstet. »Ich habe mich mit Schwerverbrechern und Huren abgegeben und Flüchtige von Tyburn bis nach East Wapping gejagt.«
    Lottie schenkte ihm einen gequälten Blick, die dunkelbraunen Augen voller unerklärlicher Zärtlichkeit. »Und dadurch hast du London zu einem sichereren Ort gemacht und denen Gerechtigkeit widerfahren lassen, die es verdienten. Du meine Güte, wieso wehrst du dich so dagegen, wenn man andeutet, du könntest ab und zu auch einmal etwas Gutes getan haben?«
    »Ich will nicht als etwas dargestellt werden, das ich nicht bin«, erwiderte Nick unwirsch.
    »Ich sehe dich genau so, wie du bist«, behauptete sie. »Und ich wäre die Letzte, die dich als Heiligen bezeichnen würde.«
    »Gut.«
    »Andererseits hast du durch deine Arbeit als Runner anderen Leuten geholten, ob du es zugeben willst oder nicht. Deswegen musst du dir auch jetzt eine sinnvolle Arbeit suchen, um deine Zeit zu füllen.« Lottie ging weiter und stieg über einen am Boden liegenden Ast.
    »Du möchtest, dass ich zum politischen Reformer werde?«, wollte er entsetzt wissen, während er ihr folgte.
    Anstatt auf seine schlechte Laune einzugehen, spazierte Lottie weiter durch die Bäume, bis sie an eine Lichtung mit einem kleinen, glitzernden See kamen. »Es muss doch irgendein Thema geben, das dich interessiert, etwas, für das du kämpfen möchtest. Wie wäre es zum Beispiel damit, den schrecklichen Zustand der Themse zu verbessern ... oder die Armenhäuser, in denen die Alten, die Kinder und die Geisteskranken zusammengepfercht vor sich hin vegetieren, ohne dass sich jemand um sie kümmert ...«
    »Als Nächstes verlangst du von mir, dass ich Reden im Parlament schwinge und Wohltätigkeitsbälle veranstalte.« Bei dem Gedanken verzog er unwillig das Gesicht.
    »Oder wie wäre es mit einer Reform der Gefängnisse? Das ist doch ein Thema, für das du aus eigener Überzeugung eintreten kannst.«
    Nick erstarrte, konnte nicht glauben, dass sie es gewagt hatte, den Teil seiner Vergangenheit