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Im Zauber der Gefuehle

Titel: Im Zauber der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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anzusprechen, den er im hintersten Winkel seines Gehirns unter Verschluss hielt. Dass sie das Thema derart beiläufig anführte, empfand er als Angriff auf seine Person, als Verrat. Doch als er in ihr emporgewandtes Gesicht starrte und nach einer Antwort suchte, gewahrte er den überwältigenden Sanftmut in ihrer Miene. Fühl dich wohl in meiner Gegenwart, flehte das weiche Leuchten in ihren Augen. Lass mich einen Teil deiner Bürde tragen.
    Er wandte krampfhaft den Blick von ihr, während die Wut in seinem Innern dahinschmolz und panischer Angst Platz machte. Himmelherrgott, er wollte an sie glauben und ihr den kleinen Teil seiner Seele schenken, den die Welt noch nicht beschmutzt, in Fetzen gerissen und mit den Füßen getreten hatte. Doch wie konnte er es sich erlauben, derart verletzlich zu sein?
    »Ich denke darüber nach«, hörte er sich selbst mit belegter Stimme antworten.
    Lottie lächelte und strich ihm liebevoll mit der Hand über die Brust. »Wenn du dir keine sinnvolle Aufgabe suchst, fürchte ich, dass du vor lauter Untätigsein noch den Verstand verlierst. Du bist nicht die Art Mann, dich die ganze Zeit über deinem Vergnügen hinzugeben. Und da du nicht länger in der Bow Street arbeitest ...« Sie hielt bedrückt inne, als sie etwas in seinen Augen gewahrte. »Du vermisst die Arbeit, nicht wahr?«
    »Nein«, sagte er leichthin.
    »Ich will die Wahrheit hören«, forderte sie mit gerunzelter Stirn.
    Nick griff nach ihrer Hand und zog sie neben sich den Pfad entlang, der um den See führte.
    »Ich vermisse sie«, gab er zu. »Ich war zu lange auf Verbrecherjagd — sei es als privater Ermittler oder als Runner. Ich mag die Herausforderung und das Gefühl, diese Bastarde von der Straße auszutricksen, weil ich weiß, was in ihren Köpfen vor sich geht. Jedes Mal, wenn ich einen entlaufenen Mörder oder einen dreckigen Vergewaltiger aufgreife und ihn in die Stahlkammer in der Bow Street werfe, gibt mir das eine Befriedigung wie nichts sonst. Dann habe ich das Gefühl ...» Er hielt inne, um nach den richtigen Worten zu suchen. »Ich habe das Gefühl, das Spiel gewonnen zu haben.«
    »Spiel?«, wiederholte Lottie vorsichtig. »Siehst du es so?«
    »Das tun alle Runner. Es geht auch gar nicht anders, wenn man seinen Gegner überlisten will. Man muss Distanz bewahren, sonst lässt man sich zu leicht ablenken.«
    »Es muss manchmal recht schwierig gewesen sein, Distanz zu wahren.«
    »Niemals«, versicherte er ihr. »Es ist mir nie schwer gefallen, meine Gefühle unter Verschluss zu halten.«
    »Verstehe.«
    Doch obwohl Lottie zu verstehen schien, was er ihr sagen wollte, schwang in ihrer Stimme ein kaum wahrnehmbarer, skeptischer Unterton mit, als bezweifle sie, dass er immer noch in der Lage wäre, seine Gefühle zu kontrollieren. Aufgewühlt und verärgert verfiel Nick in Schweigen, als sie weiter um den See spazierten. Insgeheim sagte er sich, dass er es kaum erwarten konnte, die idyllische Landschaft von Worcestershire wieder gegen London einzutauschen.

Vierzehntes Kapitel
    »Du gehst heute in die Bow Street, nicht wahr?«, fragte Lottie, die eine Teetasse in den Händen hielt und beobachtete, wie Nick einen großen Teller mit Eiern, Obst und Rosinenbrot verschlang.
    Nick warf ihr ein absichtlich nichts sagendes Lächeln zu. »Warum fragst du?« Seitdem sie vor drei Tagen aus Worcestershire zurückgekehrt waren, hatte er sich mit Bankiers getroffen, einen Makler angestellt, war bei einem Herrenschneider gewesen und hatte sich in Toms Kaffeehaus mit Freunden getroffen. Lottie hatte keinen Grund anzunehmen, dass der heutige Tag anders verlaufen würde, doch irgendetwas sagte ihr intuitiv, dass dem nicht so wahr.
    »Weil du einen bestimmten Blick hast, wenn du dich mit Sir Grant oder irgendjemand anderem aus dem Revier triffst.«
    Nick konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, als er den misstrauischen Gesichtsausdruck seiner Frau sah. Sie hatte den Instinkt und die Verbissenheit eines Terriers — und er meinte das als Kompliment, selbst wenn sie es vielleicht nicht als solches auffassen würde. »Wie es der Zufall will, gehe ich nicht in die Bow Street«, sagte er freundlich. Es war die Wahrheit, wenn auch nur die halbe. »Ich besuche bloß einen Freund, Eddie Sayer. Ich habe dir schon von ihm erzählt, erinnerst du dich?«
    »Ja, er ist ein Runner.« Lotties Augen verengten sich über dem schmalen Rand ihrer Teetasse. »Was heckt ihr beiden aus? Du wirst doch nichts Gefährliches tun, oder?«
    Ihre

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