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Im Zauber der Gefuehle

Titel: Im Zauber der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Australien geschickt«, sagte Nick.
    »Der Hurensohn ist wieder hier«, entgegnete Sayer mit einem grimmigen Lächeln.
    »Woher weißt du das?«
    »Ich kann es leider nicht beweisen, aber es gehen Gerüchte um, dass er gesehen wurde, mal ganz abgesehen von einer Serie gewaltsamer Überfälle, die seine Handschrift tragen. Gestern befragte ich eine arme Frau, die von einem Einbrecher vergewaltigt wurde, nachdem er ihren Mann umgebracht hatte. Dieselbe Methode, sich Zugang zum Haus zu verschaffen, dieselben Stichwunden an der Leiche, außerdem passt die Beschreibung, die die Frau von ihrem Angreifer geliefert hat, passt genau auf Follard - bis hin zu der Narbe rechts an seinem Hals.«
    »Verflucht.« Mit gerunzelter Stirn rieb Nick sich den Nasenrücken, während er über die Neuigkeiten nachdachte. »Ich kann nicht glauben, dass Morgan dich alleine losgeschickt hat, um Follard zu fangen.«
    »Hat er auch nicht«, erklärte Sayer fröhlich. »Er will, dass ich einige von Follards alten Kumpanen befrage und einen Bericht schreibe. Ich würde aber Follard lieber gleich mit aufs Revier schleppen.«
    Nick konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, da er sich genau ausmalen konnte, wie Morgan reagieren würde. »Wenn es dir gelingt, wird Morgan dir wegen deiner prahlerischen Waghalsigkeit das Fell über die Ohren ziehen.«
    »Ja, und dann wird er mir meinen knochigen Hintern küssen, weil ich einen zurückgekehrten deportierten Schwerverbrecher gefangen habe. Außerdem komme ich auf das Titelblatt der Times und ganze Frauenscharen werden sich um meine Gunst reißen.«
    Nicks Lächeln nahm gequälte Züge an. »Das ist nicht so angenehm, wie du denkst«, erklärte er seinem Freund.
    »Nein? Tja, ich würde es aber trotzdem gerne mal ausprobieren.« Sydney hob erwartungsvoll eine Braue. »Bist du dabei?«
    Seufzend nickte er. »Wo willst du mit der Suche anfangen?«
    »Es heißt, dass Follard im Armenviertel zwischen Hanging Ax Alley und Dead Man’s Lane gesichtet wurde. Die Gegend ist wie ein Ameisenhaufen mit all den Löchern in den Mauern und den ganzen Tunneln zwischen den einzelnen Kellern ...«
    »Ja, ich kenne das Viertel.« Nicks Gesicht blieb ausdruckslos, obwohl er den kalten Widerwillen spürte, der in ihm emporstieg. Er war schon in dem Elendsviertel gewesen, und obwohl er an die Schrecken der Unterwelt gewöhnt war, war es immer ein unschönes Erlebnis gewesen. Als er Hanging Ax Alley das letzte Mal einen Besuch abgestattet hatte, hatte er gesehen, wie eine Mutter ihr Kind an Freier vermietete, um sich Gin kaufen zu können, während Bettler und Huren sich überall in der schmalen Gasse drängten.
    »Wir müssen uns beeilen«, sagte Nick. »Sobald sie merken, dass wir in der Gegend sind, wird sich die Nachricht wie ein Lauffeuer verbreiten, und Follard kann untertauchen, bevor wir ihn auch nur von weitem zu Gesicht bekommen haben.«
    Sayer, der seine Begeisterung kaum zu unterdrücken vermochte, grinste breit. »Dann also los. Du gehst voran.«
    Sie verließen die Taverne und gingen durch Straßen, über denen der Gestank von Tierkadavern und verrotteten Abfällen schwer in der Luft hing. Die verfallenen Häuser lehnten aneinander, als seien sie erschöpft, und ächzten bei jedem heftigen Windstoß, der über sie hinwegstrich. Es gab weder Straßenschilder noch Hausnummern an den Gebäuden, sodass es einem Fremden leicht passieren konnte, dass er sich in den engen Gassen verlief und in irgendeinem Hinterhof einem Raubmord • zum Opfer fiel. Die Armut der Bewohner war unvorstellbar, und sie entkamen ihr nur kurzzeitig durch den Gin. Ginläden fand man an fast jeder Straßenecke.
    Es bedrückte Nick, das Elend der Leute zu sehen: die abgemagerten Kinder, ins Verderben gestürzten Frauen und verzweifelten Männer. Die einzigen gesunden Lebewesen waren die Ratten und Mäuse, die über die Straßen huschten. Bisher hatte Nick all dies als unvermeidbaren Teil des Lebens hingenommen, doch nun fragte er sich zum ersten Mal, was man für diese Menschen tun könnte. Herrgott, sie brauchten so viel, dass es ihn schier überwältigte. Er erinnerte sich daran, was Lottie erst vor ein paar Tagen zu ihm gesagt hatte: »Es muss doch irgendein Thema geben, das dich interessiert «, hatte sie gemeint. »Etwas, für das du kämpfen möchtest...» Da er nun Zeit gehabt hatte, darüber nachzudenken, musste er ihr insgeheim Recht geben. Als Lord Sydney konnte er viel mehr erreichen, als es ihm als Nick Gentry jemals möglich gewesen

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