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Im Zauber der Gefuehle

Titel: Im Zauber der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Maibaum, die Hände überschwänglich hoch in den Lüften.
    »Ich denke, ich werde mich Euch anschließen«, murmelte Nick und begleitete die ungeduldigen Lebemänner den Hügel hinab.
    Mit einem unbekümmerten Lachen begab sich Lottie zu den anderen Mädchen, die angespannt darauf warteten, dass der Wettlauf zum Dorfanger begönne. Soweit sie es in Erfahrung hatte bringen können, war der Maibräutigam dieses Jahr ein ganz besonders guter Fang — der Sohn des Metzgers, ein hübscher blonder Kerl mit blauen Augen und der Gewähr, eines Tages ein rentables Familiengeschäft zu erben. Selbstverständlich hatte Lottie nicht vor, ihn als Erste zu erreichen. Es machte jedoch Spaß, an dem Spiel teilzunehmen, und die Aufregung der Mädchen um sie herum war ihr Unterhaltung genug.
    Da erklang das Startsignal und Lottie wurde im wilden Ansturm der Dorfmädchen mitgerissen. Die allgemeine Ausgelassenheit und der Lärm bildeten einen solchen Kontrast zu ihrem ruhigen Leben auf Stony Cross Park, dass sie sofort von Heiterkeit gepackt wurde. Sie hatte so viele Jahre ihres Lebens damit verbracht, auf Maidstone anständiges Benehmen zu erlernen oder als Lady Westcliffs Gesellschafterin möglichst unauffällig zu sein, dass sie sich gar nicht mehr daran erinnern konnte, wann sie zum letzten Mal die Stimme erhoben hatte. Hier nun lebte sie endlich einmal nur für den Augenblick, lachte schallend und kreischte so laut wie die entschlossenen zukünftigen Bräute um sie herum, während die Horde Frauen über den Anger lief. Von weiter vorne drang ein Triumphschrei durch die Menge. Die Siegerin, ein kräftiges, rothaariges Mädchen, kletterte mühsam auf die breiten Schultern ihres neuen Verlobten und winkte frohlockend mit einem Strauß Wiesenblumen. »Ich hab’s geschafft!«, jubelte sie. »Ich hab ihn gekriegt, er gehört mir!«
    Unter Beifallsrufen umringten die Dorfbewohner das frisch verlobte Paar, während die enttäuschten Mädchen, die leer ausgegangen waren, sich in alle Winde verteilten und in den Wald liefen. Eine Horde eifriger Männer folgte ihnen, um den nächtlichen Teil der Maifeierlichkeiten zu begehen.
    Lächelnd folgte Lottie den jungen Leuten in gemächlichem Abstand, da sie nicht die Neigung verspürte, die amourösen Annäherungsversuche eines überdrehten Dorfburschen über sich ergehen zu lassen. Binnen weniger Minuten würden die Feiernden pärchenweise zwischen den Bäumen verschwunden sein, und sie konnte sich nach Stony Cross Park zurückschleichen. Am Rande des Waldes hielt sie inne, lehnte sich mit geschlossenen Augen an einen üppigen Ahornbaum und stieß einen zufriedenen Seufzer aus. Ihre Knie fühlten sich vom Tanzen und vom Wein angenehm schwach an. Zum ersten Mal hatte sie am Maifest teilgenommen, anstatt nur zuzusehen, und es hatte noch mehr Spaß gemacht, als sie erwartet hatte. Sie ließ sich weiter gegen die glatte Rinde sinken und summte ein Lied vor sich hin, das ihr schon den ganzen Abend im Kopf umherschwirrte.
    Obwohl alles um sie her ruhig war, sagte der Instinkt ihr auf einmal, dass sie nicht länger allein war. Sogleich erstarb die Melodie auf ihren Lippen, und Lottie schlug die Augen auf, um erschrocken zurückzufahren, als sie neben sich einen Schatten bemerkte. »Du meine Güte!« Sie taumelte rückwärts, und zwei Hände packten sie an den Schultern, um sie zu stützen.
    Überrascht drosch sie mit den Händen auf den Angreifer ein, auf dass er sie loslassen möge.
    »Immer mit der Ruhe«, erklang amüsiert eine männliche Stimme. »Nur ruhig, ich bin’s.«
    Sie stieß ein erstauntes Keuchen aus und hielt augenblicklich inne, wobei sie ungläubig in sein dunkles Gesicht blickte. »Lord S-Sydney?«
    »Ja.«
    »Ihr hättet mich beinahe zu Tode erschreckt!«
    »Es tut mir Leid.« Er grinste, wobei seine weißen Zähne in der Dunkelheit glänzten. »Ich wollte Euren Gesang nicht unterbrechen.«
    Mit einem Lachen stieß sie ihn von sich, denn sie fand es reichlich demütigend, dabei ertappt worden zu sein, vor sich hin zu singen wie eine dumme Gans. »Wie habt Ihr mich gefunden?«
    »Dafür scheine ich eine ganz besondere Begabung zu haben.« Sydney ließ sie los und lehnte sich mit einer Schulter an den Ahornbaum, wobei sein wachsamer Blick das sorglose Lächeln Lügen strafte, das seine Mundwinkel umspielte.
    Lottie griff nach ihrem Kopftuch, das im Laufe des ereignisreichen Abends verrutscht war. »Mein Haar war bedeckt, ich weiß wirklich nicht, wie Ihr mich erkannt habt.«
    »Ich

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