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Im Zauber der Gefuehle

Titel: Im Zauber der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Gesicht und legte das Messer zurück auf den Tisch. »Nein, für den Rest der Welt werde ich Sydney sein, aber in meinen eigenen vier Wänden höre ich auf den Namen, den ich mir ausgesucht habe.«
    »Also gut ... Nick.« Lottie rührte einen gehäuften Löffel Zucker in ihren Tee und nippte an dem heißen, süßen Getränk. »Der Name hat dir schon seit vielen Jahren gute Dienste geleistet, nicht wahr? Ich vermute, dass er durch dich zu viel mehr Ruhm gekommen ist, als es durch den ursprünglichen Gentry geschehen wäre.« Diese beiläufige Bemerkung erntete einen seltsamen Blick von ihm, teils rügend, teils inständig flehend. Auf einmal traf sie die Erkenntnis wie ein Blitz: Der echte Nick Gentry, der Junge, der auf dem Gefängnisschiff an Cholera gestorben war, hatte mit dem Geheimnis zu tun, das ihren Mann quälte. Scheinbar geistesabwesend starrte Lottie in ihre Teetasse und versuchte ihre Stimme so unbefangen wie möglich klingen zu lassen, als sie fragte: »Wie war er eigentlich? Das hast du mir noch gar nicht erzählt.«
    »Er war ein Waisenkind, dessen Mutter wegen Diebstahls gehängt worden war. Den Großteil seines Lebens hatte er auf der Straße verbracht, hatte mit kleinen Gaunereien angefangen und schließlich eine ganze Bande von Straßenjungen unter seinem Kommando. Gentry lernte schnell und wurde bald ein geübter Dieb. Schließlich erwischte man ihn dabei, wie er ein Haus ausraubte, und schickte ihn auf das Schiff.«
    »Und dort wurdet ihr Freunde«, half Lottie ihm weiter.
    Nicks Miene wirkte gedankenverloren, als lange vergrabene Erinnerungen ihn in die Vergangenheit zurückriefen. »Er war stark, schlau ... die vielen Jahre auf der Straße hatten ihn mit guten Instinkten ausgestattet. Er lehrte mich Dinge, die ich wissen musste, um auf dem Schiff zu überleben ... beschützte mich manchmal ...«
    »Beschützte dich vor was?«, flüsterte Lottie. »Den Aufsehern?«
    Nick fuhr aus seiner Trance hoch und musste heftig blinzeln. Er blickte auf seine Hand hinab, die den Griff des Messers viel zu fest umschlossen hielt. Behutsam legte er es erneut auf den Tisch und stieß den Stuhl zurück.
    »Ich bin eine Zeit lang weg«, sagte er tonlos. »Höchstwahrscheinlich sehen wir uns zum Abendessen.«
    Lottie antwortete in ähnlich neutralem Tonfall. »Nun gut. Viel Vergnügen!«
    In der folgenden Woche standen die Tage und Nächte in Schwindel erregendem Kontrast zueinander. Tagsüber war Lottie mit Erledigungen und kleinen praktischen Dingen beschäftigt und war sich nie sicher, wann sie Nick sehen würde, da er kam und ging, wie er wollte. Beim Abendessen sprachen sie über seine Treffen mit Geschäftspartnern oder Bankiers oder seine gelegentlichen Besuche in der Bow Street, da Sir Grant ihn ab und zu in Angelegenheiten, die mit früheren Fällen zu tun hatten, zu Rate zog. Tagsüber war Lotties Beziehung zu Nick von Herzlichkeit geprägt, ihre Unterhaltungen waren angenehm, wenn auch etwas unpersönlich.
    Die Nächte waren jedoch ein völlig anderes Kapitel: Nick liebte sie mit einer beinahe verzweifelten Leidenschaft und tat Dinge, die sie schockierten und keinen noch so winzigen Teil ihres Körpers von seiner Wollust unberührt ließen. Manchmal war ihr Liebesspiel eilig und primitiv, während es oft auch träge und langsam war, da beide sich dagegen sträubten, es zu einem Ende kommen zu lassen. Es gab auch unerwartet lustige Momente, wenn Nick mit ihr spielte, sie neckte und mit einschmeichelnder Stimme dazu brachte, derart würdelose Stellungen auszuprobieren, dass sie in Kichern ausbrach.
    Doch egal, welche Wonnen die Nächte für sie bereithielten, brachte jeder neue Tag sie dem Zeitpunkt näher, an dem Sir Ross die Ankündigung machen wollte, die ihr ganzes Leben verändern würde. Lottie wusste, dass ihr Mann sich vor dem Ball fürchtete und dass die anschließenden Monate, in denen es galt, sich in das neue Leben zu fügen, sehr schwierig werden würden. Doch sie war überzeugt, ihm in dieser Hinsicht eine Hilfe sein zu können. Als sie die Ehe mit ihm eingegangen war, hatte sie nie vermutet, dass er sie auf irgendeine Weise brauchen könnte, ebenso wenig hätte sie es für möglich gehalten, dass es sie mit Befriedigung erfüllen würde, ihm zu helfen. Dennoch fühlte sie sich wie eine Gehilfin ... eine Partnerin ... und manchmal, nur für einen Augenblick, wie eine Ehefrau.
    Als schließlich der Abend des Balles angebrochen war, war Lottie dankbar, Sophias Rat bei der Schneiderin angenommen

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