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Im Zauber des Highlanders

Im Zauber des Highlanders

Titel: Im Zauber des Highlanders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Marie Moning
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ein Uhr nachts in der Uni-Cafeteria aus, trank noch mehr Kaffee, den ihre ohnehin schon aufgeputschten Nerven nicht brauchten, und kostete die, wie sie stark vermutete, letzten Momente der Normalität aus, ehe sie sich dem Unvermeidlichen beugte.
    Sie wollte nicht sterben. Mein Gott, sie hatte noch nicht einmal richtig gelebt!
    Das Leben ist das, w as geschieht, während du andere Pläne machst. Ihre Freundin Ginger hatte ihr vor einigen Monaten einen Kaffeebecher mit diesem Spruch geschenkt. Auf der anderen Seite des Bechers stand: Wann wurde das Leben zu einem Ereignis, für das man einen Stundenplan braucht? Jessi hatte den Becher ganz hinten in den Küchenschrank gestellt und ihm keinen zweiten Blick gegönnt, weil die tragische Wahrheit zu schmerzhaft war.
    Nein, sie war ganz sicher noch nicht für den Tod bereit. Sie wollte mindestens noch sechzig, siebzig Jahre leben. Noch hatte sie die guten Seiten des Lebens nicht einmal kennen gelernt. Das Problem war, dass sie sich keine Illusionen über ihre Fähigkeit, »den Tod kommen zu sehen«, wie er es ausgedrückt hatte, machte. Sie war Studentin der Archäologie. Menschenkenntnis war nicht ihre Stärke. Mit Lebenden zumindest hatte sie so ihre Schwierigkeiten. Uber Tote wie den »Mann aus dem Eis« oder die Moorleiche wusste sie besser Bescheid, aber diese Kenntnisse brachten sie im Umgang mit einem möglichen Mörder nicht weiter. Es war traurig, aber wenn sich der Tod mit schwarzem Kapuzenumhang und Sense an sie heranschliche, würde sie vermutlich lediglich versuchen, Alter und Herkunft der Sense zu bestimmen.
    Demzufolge brauchte sie den Mann im Spiegel, ob es ihr nun gefiel oder nicht. Der Professor war tot. Die Männer, die das Paket geliefert hatten, waren tot. Sie war die Nächste. Drei von vier waren ausgeschaltet. Sie kam sich vor wie eine Heldin in einer dieser Mordgeschichten oder in einem seichten Liebesroman - wie das lose Ende, das noch verknüpft werden musste, das Opfer, hinter dem der Psychopath her war. Das hilflose kleine Mädchen. Aber sie hatte sich noch nie als hilflos angesehen. Als Mädchen vielleicht, aber nicht als hilflos.
    Jetzt stand sie wieder vor der Tür zu Professor Keenes Büro, straffte die Schultern und bereitete sich mental darauf vor, sich einem Wesen auszuliefern, das eigentlich gar nicht existieren konnte.
    Entweder würde er sie beschützen, wie er behauptet hatte, oder er war in der Tat ein gemeiner Schurke, der zu Recht eingekerkert worden war und sie nach Strich und Faden belog, ein Fiesling, der vorhatte, sie auf grausame Art und Weise umzubringen.
    Wenn das zutraf, war sie so oder so dem Tode geweiht und ihr Dahinscheiden lediglich eine Frage des Zeitpunkts und des Ortes. Also sollte sie sich .zusammennehmen und es hinter sich bringen.
    Sie schaute auf ihre Uhr - 00:42.
    Adieu, geordnetes Leben - willkommen, Chaos. Hoffentlich musste sie sich nicht ganz und gar von dieser Welt verabschieden.
    Sie öffnete die Tür und trat ein. »Okay«, sprach sie den Spiegel mit einem Seufzer an. »Ich denke, wir sollten eine Abmachung treffen.«
    Er war da, noch ehe sie das Wort »denke« ausgesprochen hatte, und seine Erscheinung raubte ihr wie immer den Atem.
    Ein träges, frohlockendes Lächeln umspielte seine Lippen.
    »Abmachung — so ein Unfug. Hol mich, verdammt noch mal, hier raus, Frau.«

6
     
    »Keine Ausflüchte!«, knurrte Lucan ins Telefon. »Roman ist tot. Ich brauche Eve in Chicago. Sofort.«
    Er erhob sich, stellte sich vor eines der großen Fenster in seinem Arbeitszimmer und beobachtete, wie die ersten Sonnenstrahlen des Tages den Nebel vertrieben. Der Himmel war noch so dunkel, dass Lucan sein Spiegelbild in der Scheibe sehen konnte. Wenn er allein war, machte er sich nicht die Mühe, seine wahre Erscheinung mit Zauber zu verhüllen.
    Sein ganzer Schädel war mit roten und schwarzen, schwärenden Runen übersät. Die Zunge zuckte in dem tätowierten Mund hin und her, wenn er sprach, und seine Augen leuchteten teuflisch rot.
    Es war Donnerstag, und ihm blieben noch zwanzig Tage Zeit.
    Er richtete den Blick auf den Fleck an der Tapete - dort hatte der Dunkle Spiegel viele, viele Jahre gehangen. Cians Gefangenschaft war ihm ein steter Quell der Freude gewesen - der legendäre Keltar, der mächtigste Druide aller Zeiten, von einem Lucan Myrddin Trevayne verzaubert.
    Er ballte die Hände zu Fäusten und biss die Zähne fest zusammen. Die kahle Stelle an der Wand würde bedeckt werden, und zwar bald. Er widmete

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