Im Zauber des Highlanders
Zimmer Nummer 2112, schaltete ihren Laptop ein und starrte finster in den kleinen Spiegel, der über dem Schreibtisch hing. Sie fragte sich, warum in allen Hotelzimmern Spiegel über Schreibtischen hingen. Wer wollte sich schon beim Schreiben selbst zuschauen? Offenbar eine Menge Leute, sonst wäre nicht fast jedes Hotelzimmer gleich eingerichtet: Schrank gleich neben der Tür links, Badezimmer gleich rechts (oder umgekehrt), das erste Bett gegenüber von einem Schreibtisch mit Schminkspiegel darüber, ein Nachttisch mit Radiowecker und Telefon zwischen den Betten, das zweite Bett gegenüber von einem Fernsehbord; und an der hinteren Wand ein niedriger Tisch mit zwei Sesseln vor dem Fenster.
Dieses Zimmer bildete keine Ausnahme; es hatte einen merlot-und champagnerfarbenen Teppich mit goldenem Rautenmuster, die Wände waren mit einer elfenbeinfarbenen Strukturtapete und goldenen Stuckarbeiten verziert. Die Decken auf den Betten waren ebenfalls elfenbeinfarben mit einem Muster in Champagnerbeige, und an den Fenstern hingen weinrote Vorhänge.
Cian MacKeltar stand unter der Dusche hinter der geschlossenen Badezimmertür.
Sie hatte die Tür zugezogen.
Als er seinen Kilt vor ihr hatte fallen lassen, hatte sie die Augen ganz schnell zugemacht. Was nicht hieß, dass sie prüde war und ihn nicht durch das Glas der Duschkabine in Augenschein genommen hatte, bevor sie die Badtür geschlossen hatte.
Als sie das Hotelzimmer betreten hatten, war Cians Blick unweigerlich zu den beiden breiten Betten gewandert - genau wie ihrer -, und es entstand einer dieser vor Spannung knisternden Momente, in denen sich die Beteiligten entweder aufeinander stürzten oder sich so weit wie nur möglich aus dem Weg gingen.
Jessi wich mit kleinen Schritten seitwärts aus, bis sie fast wieder auf dem Flur stand. Cian schmunzelte spöttisch, dann ging er an ihr vorbei und sah sich gründlich um, ehe er den Spiegel so an die Wand lehnte, dass sich der Eingang darin spiegelte. Jessi entging nicht, dass er von seinem Gefängnis aus auch die Betten im Blickfeld haben würde, aber sie hatte keine Lust, sich darüber den Kopf zu zerbrechen.
Eine Sekunde lang hegte sie den Verdacht, dass er sie wieder küssen würde, aber er kam nicht auf sie zu, sondern spähte neugierig ins Bad.
»Liebe Güte«, rief er aus, »das ist ein moderner Waschraum! Ich konnte nicht durch die Tür in Lucans Arbeitszimmer schauen, aber ich habe Bilder von solchen Räumen gesehen ...« Er schwieg verwundert.
»Hatte er, ich meine Lucan, den Spiegel in seinem Arbeitszimmer aufgehängt?«
»Es musste seltsam gewesen sein, in dem Spiegel festzustecken. Sie konnte sich Cians Lage nicht in ihren kühnsten Träumen vorstellen.
»Ja. Obwohl ich die meisten modernen Erfindungen aus Büchern kenne, hatte ich nie Gelegenheit, mir das alles richtig anzusehen.«
Sie wollte ihm eine schnelle Vorführung bieten; sie hätte alles getan, nur um nicht in die Nähe dieser Betten zu kommen -, doch Cian fing sofort an, alles selbst auszuprobieren und übernahm, genau wie anfangs im Auto, das Kommando. Er drehte an den Hähnen und drückte auf Knöpfe, quetschte Shampoo und Haarfestiger aus den kleinen Fläschchen in seine Handflächen, und es dauerte nicht lange, bis sich duftender Dampf im ganzen Zimmer verbreitete.
»Gibt es in dieser Herberge eine Küche und Mägde, die das Essen servieren, Mädchen?«, fragte er und hielt gerade lange genug in seinen Erkundungen inne, um ihre Antwort abzuwarten.
Jessi nickte nur.
»Lass uns ein Festmahl kommen, Frau. Ich bin am Verhungern. Fleisch. Viel Fleisch. Und Wein.«
Als er seine goldenen Manschetten ablegte, hätte sie eigentlich begreifen müssen, was er vorhatte.
Ohne großes Aufhebens ließ er den Kilt fallen und stand, ohne jede Scham, splitterfasernackt vor ihr. Er hatte nur noch einen ledernen Gurt um einen Schenkel geschnallt. Eine Scheide mit einem juwelenbesetzten Dolch hing an diesem Gurt. Auch den legte er ab und hängte ihn über die Seitenwand der Duschkabine, ehe er unter den Wasserstrahl trat.
Jessi spürte plötzlich, wie ihr die Kehle eng wurde und ihr Puls anfing zu rasen. Sie wandte sich abrupt ab und kniff die Augen fest zu. Sie schmeckte noch den Kuss auf ihren Lippen - den Kuss, mit dem er sie in der Hotellobby überrascht und vollkommen aus der Fassung gebracht hatte. Ihr war, als hätte sie der Kuss bis in die Zehenspitzen versengt. Dabei hatte Cian nicht einmal die Zunge eingesetzt oder versucht, ihre Brüste zu
Weitere Kostenlose Bücher