Im Zauber des Mondes
sah schon eher wie O'Malley als wie Caitlyn aus.
Leise vor sich hin summend verließ sie das Haus. Sie nahm die Vordertür, denn zur Hintertür ging es durch die Küche. Wenn sie auch keine Angst vor Mrs. McFee hatte, so hatte sie doch keine Lust, sich noch eine Standpauke anzuhören.
Draußen atmete sie tief durch. Es war ein wundervoller Tag, klar und sonnig. Als sie ums Haus kam, lief der alte Hund auf sie zu, um sie zu begrüßen. Sein Name war Boru, und er hatte den d'Arcys schon gehört, als sie noch in der Burg gewohnt hatten. Sie ließ ihren Blick über die Felder schweifen; einige der Arbeiter waren beim Torfstechen. Connor auf Fharannain war bei ihnen, seine Arme ruhten auf dem Sattel, und er sprach mit einem der Männer.
Mickeen und Rory waren mit den Schafen beschäftigt, Cormac und Liam waren nirgendwo zu sehen. Willie stand gerade vor dem Stall und schrubbte eine graue Stute. Grinsend ging Caitlyn zu ihm hinüber.
»He, Willie, wer wird denn hier gewaschen, du oder das verdammte Pferd?« Willie war tatsächlich ziemlich naß. Überrascht sah er auf, bis er erkannte, wer ihn da so begrüßte.
»O'Malley!« sagte er erfreut. Dann fiel es ihm auf, und er musterte sie unsicher. Ruckartig drehte er sich um und schrubbte das Pferd unnötig heftig. »Was tust du hier, so angezogen? Du bist ein Mädchen!« Das klang anklagend.
Sie stellte sich neben ihn, nahm eine Bürste aus dem Eimer und begann den Hals des Tieres zu schrubben. Sie hatte noch nie viel mit Pferden zu tun gehabt, aber sie hatte auch keine Angst vor ihnen. Sie warf einen kurzen Seitenblick auf ihren Freund und sagte: »Ah, Willie, ich bin ganz einfach nur O'Malley, wie früher auch. Das ist alles.«
»So einfach ist das nicht! Du bist ein Mädchen!« Er drehte sich zu ihr um, und sein Gesicht war feindselig.
Caitlyn ließ die Bürste am Hals des Pferdes ruhen und erwiderte seinen Blick. »Früher war ich auch schon ein Mädchen, du hast es nur noch nicht gewußt.«
»Jetzt weiß ich es. Ich dachte, Seine Lordschaft hat dich in Röcke gesteckt«, sagte er fast schon schadenfroh.
Caitlyn lachte etwas schuldbewußt. »Ja, das hat er auch. Aber ich sage dir eines, Willie, ich und Röcke, das paßt einfach nicht zusammen. Ich falle nur immer auf die Schnauze in den Dingern.«
Ein Grinsen zuckte um Willies Mundwinkel. »Ich kann es mir auch nicht vorstellen«, erwiderte er aufrichtig.
»Es ist sehenswert«, versicherte sie ihm, und die beiden grinsten sich verschwörerisch an.
»Wo kommst du denn her-großer Gott!« Liam war aus dem Stall gekommen, wahrscheinlich, um zu sehen, wie weit Willie war, und Caitlyn hatte automatisch über die Schulter geschaut. Erst da hatte er sie erkannt.
»Connor wird wütend sein!« sagte er bestimmt.
»Ich mache keine Frauenarbeit mehr«, entgegnete Caitlyn fest und drehte sich wieder zum Pferd um. »Ich mache alles, was ihr oder Willie tut, aber keine Frauenarbeit mehr.«
»Sag das Connor«, antwortete Liam. »Es war nicht meine Idee. Aber jetzt gehst du erst einmal ins Haus und ziehst dir Kleider an. Für ein Mädchen ist es nicht schicklich, in Hosen herumzulaufen.«
»Ach, mach, daß du weiterkommst!« Sie hatte keine Lust, sich jetzt auch noch von Liam zurechtweisen zu lassen. Und über Connor würde sie sich Sorgen machen, wenn er vor ihr stand.
Willie verdrehte die Augen, duckte sich unter dem Hals des Pferdes durch und entzog sich so der Unterhaltung. Caitlyn tauchte ihre Bürste in den Eimer und gesellte sich zu ihm.
»Caitlyn! Du hast ganz genau gehört, was ich gesagt habe!« Er duckte sich auch unter dem Hals des Pferdes durch und packte ihr Handgelenk. Sie fuhr herum und funkelte ihn an, die nasse Bürste noch in der Hand. Große Tropfen Seifenwassers spritzten auf sein Hemd, und Liam verzog das Gesicht. Ein übermütiges Glitzern trat in Caitlyns Augen.
»Du bist ein Mädchen, und du wirst Kleider tragen!«
»Werde ich nicht!«
»Oh, doch, wirst du!«
»Nein!«
Das Geräusch eines herannahenden Wagens unterbrach ihr Streitgespräch. Caitlyn und Liam drehten sich fast gleichzeitig um und sahen einen eleganten Einspänner in den Hof kommen. Caitlyn starrte die Dame an, die den Wagen lenkte. Was hatte diese Schönheit wohl in Donoughmore verloren?
»Verflucht, es ist Mrs. Congreve! Wenn sie dich so sieht und herausfindet, daß du ein Mädchen bist, dann haben wir aber wirklich Ärger am Hals. Also halt dich ruhig, hörst du?« Er ließ ihr Handgelenk los und ging ein paar Schritte
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