Im Zauber des Mondes
gut, wenn Seine Lordschaft sagt, du wirst mir helfen, dann wird es wohl auch so sein. Bring den Topf zu mir, und dann kannst du damit anfangen, die Unordnung da zu beseitigen.«
Caitlyn zog Mrs. McFees breitem Rücken eine Grimasse, nahm den Topf und trug ihn zu dem Tisch, an dem die Frau arbeitete. Es war wirklich eine Kunst, in diesen weiten Röcken zu laufen, aber sie schaffte es ohne ein Mißgeschick bis zum anderen Ende der Küche. Mrs. McFee warf einen Blick in den Topf, dann schüttelte sie den Kopf.
»Es ist mir ein Rätsel, wie von zwei Dutzend großen Kartoffeln so wenig übrigbleiben kann. Du hast viel zuviel mit abgeschnitten! Nun gut, Seine Lordschaft meinte, du würdest schon noch dazulernen. Fang jetzt an sauberzumachen!«
Caitlyn haßte es, unter Mrs. McFee zu arbeiten. Nie konnte sie ihr etwas recht machen, und dazu ihre gebieterische Art! Außerdem haßte sie alle d'Arcys, jeden einzelnen von ihnen, von Cormac bis zu Connor. Ja, sogar Connor, obwohl sie in der letzten Zeit eine geheime Bewunderung für ihn entwickelt hatte. Sie wollte ihm gefallen. Das war der einzige Grund, warum sie sich hier in der Küche abrackerte. Er nahm einen besonderen Platz in ihrem Leben ein. Connor, der so wütend werden konnte, daß sogar seine Brüder ohne Widerrede gehorchten, und der trotzdem immer nett zu ihr war. Zu ihr, dem hergelaufenen kleinen Ding.
Sie steckte den Rock sorgfältig im Schürzenband fest und machte sich an die Arbeit. Mit einem kurzen Seitenblick auf Mrs. McFee versicherte sie sich, daß diese ihr den Rücken zuwandte. Dann kehrte sie schnell mit dem Besen den Tisch ab. Bald hatte sie alles zusammengefegt und auf die Kehrschaufel gekehrt, und sie betrachtete zufrieden ihr Werk. Endlich hatte sie einmal etwas richtig gemacht! Gerade, als sie alles zu dem Eimer mit Abfällen tragen wollte, stolperte sie prompt über den Saum ihres Rockes, der sich aus dem Schürzenband gelöst hatte. Kartoffelschalen flogen durch die ganze Küche.
»Verdammt noch mal!« Was Flüche betraf, war dieser nicht so schlimm; jedenfalls nichts gegen den, den sie äußerte, als sie auf dem Steinboden aufkam. Mrs. McFee, die schon hätte taub sein müssen, um ihn nicht zu hören, begann entrüstet mit einer Standpauke. Caitlyn blieb auf dem Boden liegen, zu entmutigt, um sich auch nur zu bewegen. Alles war voller Kartoffelschalen; es würde ewig dauern, das wegzuräumen.
Und dann regte auch noch Mrs. McFee sich wieder mal auf, wie jeden Tag drei dutzendmal. Caitlyn hatte die Nase voll. Entschlossen stand sie auf. Ihre weiße Haube flog zu Boden, gefolgt von ihrer Schürze. Mrs. McFee musterte sie entsetzt, als sie mit hocherhobenem Kopf erklärte: »Ich werde keine Frauenarbeit mehr anrühren!« Dann stolzierte sie aus der Küche, und sie dachte gerade noch rechtzeitig daran, ihren Rock anzuheben.
Sie marschierte geradewegs in Cormacs Zimmer im ersten Stock. Jeder der Brüder hatte sein eigenes Zimmer, was für Caitlyn ein unbeschreiblicher Luxus war. In Dublin lebten Familien von sechs bis sieben Personen in einem Zimmer und schätzten sich glücklich dabei. Hier gab es allein im ersten Stock vier Schlafzimmer und ein kleines Büro. Unten befanden sich zwei Wohnzimmer, ein Eßzimmer, die Küche, ein Vorratsraum, ein kleines steingekacheltes Bad und eine Brauküche für Bier und Ale. Die vier Zimmer unterm Dach waren eindeutig für Dienstboten gedacht gewesen, und eines davon war jetzt Caitlyns Zimmer. Die anderen Zimmer waren leer, Mrs. McFee kam nur tagsüber. Sie wohnte im Dorf bei ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn.
Sie wühlte in Cormacs Kleiderschrank, bis sie Hosen, Strümpfe und ein Hemd gefunden hatte. Jacke würde sie keine brauchen, ihr war heiß genug, und das Hemd war so weit, daß ihre kleinen Brüste sie nicht verraten würden. Mühsam schälte sie sich aus dem Kleid und den beiden Petticoats, dann zog sie ihr Unterkleid aus und stand nackt da. Frauen trugen keine Unterhosen. Nicht daß jemand nach ihrer Meinung gefragt hätte, aber Caitlyn fand es wesentlich unschicklicher, mit nacktem Hintern unter diesen weiten Röcken herumzulaufen, als Hosen zu tragen.
Cormacs Sachen waren ihr viel zu weit, und sie mußte sich einen Strick um die Hüften binden und die Hosenbeine hochkrempeln, aber sie fühlte sich wohler als seit Tagen. Sie nahm die Nadeln aus ihrem Haar, band es im Nacken zusammen und schaute in den Spiegel. Sie war noch nicht wieder ganz ihr altes Selbst, dazu war sie zu sauber, aber sie
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