Im Zauber des Mondes
ähnlich verblüfftem Gesichtsausdruck.
15
Zwei Tage später war es soweit. Als es langsam auf den Abend zuging, war Caitlyn sich da ganz sicher. Connor war seltsam gereizt, und von den anderen strahlte unterdrückte Aufregung aus. Sogar die Pferde stampften in ihren Ställen. Als Mrs. McFee nach dem Abendessen gegangen war, zogen die d'Arcys sich gleich ins Bett zurück, ganz im Gegensatz zu ihren sonstigen Gewohnheiten. Normalerweise saßen sie noch im Salon und erzählten sich Geschichten oder spielten Schach. Caitlyns Gewißheit wuchs: Heute nacht war es soweit! Sie ging auch auf ihr Zimmer, und als sie den anderen eine >gute Nacht< wünschte, konnte sie selbst kaum ihre Aufregung im Zaum halten. Schnell legte sie die Männersachen an, die sie Stück für Stück aus Mrs. McFees Korb mit Nähsachen stibitzt hatte. Was zu weit gewesen war, hatte sie, so gut sie konnte, eingenäht. Mit dem Umhang und der Maske allerdings mußte sie improvisieren. Eines Tages hatte sie auf dem
Speicher zwischen den alten Sachen ein schwarzes Kleid entdeckt, und obwohl Nähen kaum ihre große Stärke war, hatte sie es doch geschafft, beides daraus zu fertigen.
Als sie sich umgezogen hatte, wartete sie noch eine gute Stunde. Im Haus war es inzwischen totenstill geworden, und sie hielt es in ihrem Zimmer nicht mehr länger aus. Vorsorglich steckte sie noch eine zusammengerollte Decke in ihr Bett, so daß es aussehen würde, als schliefe sie, nur falls jemand nach ihr sehen sollte. Dann klemmte sie sich den Umhang und die Maske unter den Arm und schlich die Treppe hinunter.
Die Nacht war so dunkel, daß sie nur mit Mühe die Umrisse des Stalls ausmachen konnte. Ein eisiger Ostwind strich durch das Moorgras und ließ die Blätter der Bäume rascheln; davon abgesehen war es still. Sogar die Schafe schienen zu spüren, daß etwas in der Luft lag, denn sie gaben keinen Laut von sich.
Die d'Arcys waren noch im Haus. Ihre Fenster waren dunkel, als würden sie schlafen. Caitlyn konnte nur hoffen, daß sie auch dort bleiben würden, bis sie außer Sichtweite war. Es war ihr klar, daß es unmöglich war, ihnen unbemerkt durch den Tunnel zu folgen, also mußte sie wohl oder übel in der alten Burg auf sie warten. Von dort aus würde sie ihnen dann mit ausreichendem Abstand folgen. Sie rechnete damit, daß die d'Arcys sich mit ihrem Aufbruch noch eine Stunde Zeit lassen würden, aber sicher konnte sie sich nicht sein.
Finnbarr schnaubte, als sie ihm den Sattel auflegte, aber sie beruhigte ihn mit einem Apfel, den sie extra dafür aufgehoben hatte. Während er noch zufrieden kaute, zog sie den Sattelgurt fest, dann legte sie ihm das Zaumzeug an und führte ihn so leise wie möglich aus dem Stall. Erst als sie ein gutes Stück vom Farmhaus entfernt war, stieg sie auf und belohnte Finnbarr mit einem Klaps auf den Hals. Sie liebte den Wallach heiß und innig. Er war ein schönes Tier, schlank, intelligent und schnell wie der Wind. Connor wollte sich nie dazu äußern, aber er mußte ihn ein schönes Stück Geld gekostet haben, und Caitlyn war über dieses kostbare Geschenk wirklich gerührt gewesen. Schließlich war sie noch nicht einmal mit ihm verwandt, auch wenn er sie als seine Cousine ausgab; aber er behandelte sie, als gehöre sie zur Familie. Gottes Segen war auf ihr gelegen, als sie versucht hatte, seine Geldbörse zu stehlen, und ihr schien, als habe ihr Leben eigentlich erst an diesem Tag begonnen.
Die Burg war unheimlich wie eh und je, aber Caitlyn hatte keine Angst mehr. Sie fühlte sich mit den d'Arcys verbunden, ob sie nun lebten oder tot waren. Wenn sie jetzt an die Gespenster dachte, sah sie sie mehr als Mitstreiter, nicht als etwas, was ihr angst machte. Sie hatte beschlossen, unter den Steinbögen entlang der hinteren Mauer auf sie zu warten. Sie war sich ziemlich sicher, daß der Tunnel in den Verliesen unter der Burg endete, aber da wollte sie nicht unbedingt hin, schon gar nicht nachts und noch weniger allein. Sie hatte die Reiter in der Burg verschwinden sehen, und da würden sie wohl auch wieder herauskommen.
Und das taten sie. Das dumpfe Trommeln von Hufen warnte Caitlyn, kurz bevor sie aus der Burg brachen, über den Vorhof galoppierten und über die Mauer verschwanden. Connor auf Fharannain führte sie an. Caitlyn war von ihrem Anblick so fasziniert, daß sie fast vergaß, ihnen zu folgen.
Sie ritten etwa eine dreiviertel Stunde in halsbrecherischem Galopp, wobei Caitlyn immer bemüht war, ihnen nicht zu nahe zu
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