Im Zauber des Mondes
kommen, sie aber auch nicht zu verlieren. Dabei vertraute sie sowohl auf ihren Instinkt als auch auf das Wenige, das sie sehen konnte. Der Weg durchs Moor war tückisch, aber Finnbarr hatte einen sicheren Schritt, und er stolperte nicht ein einziges Mal. Im Schutz der Dunkelheit überquerten sie an einer seichten Stelle den Boyne. Die Reiter verschwanden in einem kleinen Wäldchen, und Caitlyn war schon mitten zwischen den Bäumen, ehe sie merkte, daß sie angehalten hatten.
»Geld oder Leben!« kam das Kommando von etwas weiter vorne, gefolgt von Schüssen. Für einen kurzen, schrecklichen Moment dachte Caitlyn, daß man sie für einen Fremden hielt und auf sie schoß. Den Kopf dicht über Finnbarrs Hals gesenkt, brach sie durch die Bäume, während sie versuchte, das Pferd zum Stehen zu bringen. Aber Finnbarr spürte die Nähe seiner Stallgefährten und wollte nicht anhalten.
»Heilige Mutter Maria, was ist das?« Gerade als die anderen auf sie aufmerksam wurden, gelang es ihr, das Pferd zu zügeln. Wie ein Mann schwangen die maskierten und die unmaskierten Gesichter in ihre Richtung.
»Nicht schießen! Es ist. ..« Rory konnte sich gerade noch bremsen, ehe er mit dem Namen herausplatzte. Sie hatten eine laternenbeleuchtete Kutsche angehalten, und ihr luxuriöses Aussehen sprach dafür, daß sie reiche Beute machen würden. Zwei elegant gekleidete Damen klammerten sich aufgeregt an den Arm eines nicht weniger nervösen Gentleman. Liam hielt die kleine Gruppe mit seiner Pistole in Schach. Die beiden Damen und ihre Begleitung würden kein Problem darstellen, dazu hatten sie viel zuviel Angst. Der Kutscher hatte seine Pistole weggeworfen, nur der Leibwächter war noch bewaffnet. Er versuchte die Chance zu nützen, die Caitlyns Ankunft bot, und riß die Waffe hoch.
»Nein!« schrie Caitlyn. Für einen schrecklichen Moment wartete sie darauf, daß einer ihrer Familie zusammenbräche. Dann gab der Leibwächter einen erstickten Laut von sich und fiel von seinem Sitz auf die Straße. Connor machte eine Handbewegung, und Rory stieg ab, um nach dem Mann zu sehen.
»Er ist tot«, berichtete er kurz angebunden. Caitlyn starrte auf den leblosen Körper. Ihr war schlecht. Aber es gab keine Zeit zu verlieren; Connor ritt zu der Kutsche hinüber, und das Kreuz von Irland blinkte auf seiner schwarzen Kleidung. Der Kutscher schrak zurück, als er näher kam.
»Wirf die Koffer herunter.«
»Aye, Aye!« antwortete der Kutscher nervös, deutlich nicht erpicht darauf, das Schicksal seines Kameraden zu teilen. Er hielt ein wachsames Auge auf Connor, während er das Gepäck hinunterwarf. Als alles auf dem Boden lag, stieg Mickeen ab und durchsuchte die Koffer. Liam half ihm dabei. Alles, was sie für wert hielten, mitgenommen zu werden, kam in einen Lederbeutel, den sie um den Hals hängen hatten. Als Mickeen die Beutel dann an Aristedes' Sattel befestigte, waren sie prall gefüllt.
»Bitte tut uns nichts!« Die kläglich vorgebrachte Bitte lenkte Caitlyns Aufmerksamkeit auf die beiden Frauen, die gerade ihren Schmuck ablegten. Cormac nahm ihn entgegen, und sein Lachen jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Es war, als hätten sie mit ihren Masken auch eine andere Persönlichkeit angelegt. Sie waren Straßenräuber, verwegen, verzweifelt und bereit, dafür mit dem Leben zu bezahlen. Plötzlich wurde ihr klar, daß die Sache hier kein Spiel war, sondern tödlicher Ernst.
»In Ordnung, laßt uns verschwinden!« Auf einen Wink von
Connor hin schnitten Liam und Mickeen die Zugpferde los und jagten sie davon. Damit saß die Kutsche samt Reisenden hier fest.
»Du!« Plötzlich war Connor neben ihr, und seine Augen funkelten eisig hinter der Maske. »Halt dich an mich!«
Caitlyn wurde unruhig. Als er sich das letzte Mal so angehört hatte, hatte er sie danach übers Knie gelegt. Natürlich würde er das jetzt nicht mehr wagen, aber . . .
»Los jetzt!«
Diesmal hatte Liam die Führung, während Connor sich mehr in der Mitte hielt, um neben ihr zu reiten. Sie freute sich zwar nicht gerade auf das, was sie erwarten würde, wenn sie erst zurück waren, aber sie war trotzdem froh, ihn an ihrer Seite zu haben. Nach einer Weile verdrängte die Aufregung über ihr Abenteuer die Angst vor der Strafe. Sie genoß den wilden Ritt und hatte bald alles vergessen, außer, wie wunderbar es war, so an seiner Seite zu galoppieren. Sie trieb Finnbarr an und überholte die anderen. Seine Hufe schienen kaum mehr den Boden zu berühren. Mühelos
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