Im Zauber dieser Nacht
monatelang belogen hatte – und das, nachdem er sich ihr so offen und verletzlich gezeigt hatte –, würde das der Anfang vom Ende sein.
Nein! Sie fühlte seine Zunge zwischen ihren Schenkeln und erschauerte vor Seelenqual. Sie konnte ihn nicht verlieren. Nicht jetzt. Niemals.
Sie warf den Kopf zurück und schloss die Augen. Sie würde einen Weg finden, ihm die Wahrheit zu sagen. Und beten, dass es nicht das Ende war … von allem.
10. KAPITEL
Alessandro stockte der Atem, als er seine Frau auf der Treppe erblickte.
Nach fünf Wochen Planung hatte er gewusst, dass Lilley ihre Robe für den Hochzeitsempfang sehr sorgfältig ausgewählt hatte. Sie hatte darauf bestanden, das Kleid selbst auszusuchen, und ein großes Geheimnis daraus gemacht. Jetzt wusste er auch, warum.
Lilley trug eine Robe aus Moiré-Seide in leuchtendem Lila und Pink. Das Kleid lag eng an den Brüsten an und fiel dann locker über den schon leicht gewölbten Bauch. Ihr Haar war mit pinkfarbenen Blüten geschmückt und umspielte die Schultern.
Sie blieb stehen und wartete auf seine Reaktion. „Und?“, fragte sie mit einem tiefen Atemzug. „Was sagst du dazu?“
Alessandro öffnete den Mund, um ihr zu sagen, dass sie sich umziehen musste, dass sie unmöglich so eine grelle, auffällige Robe tragen konnte. Nicht, wenn sie von den stilvollsten Einwohnern Roms umgeben waren. Alle Augen würden auf Lilley gerichtet sein. Er wollte ihr sagen, dass sie sich angleichen musste. Nur so konnte sie in dieser Gesellschaft überleben.
Dann sah er die Hoffnung in ihren verletzlichen braunen Augen, und er begriff, welches Risiko sie mit der Wahl ihres Kleides eingegangen war.
Sie hatte sich ganz bewusst für das Risiko entschieden.
Und sie sah atemberaubend schön aus. Alessandro schaute in ihr Gesicht, und plötzlich war ihm nicht mehr wichtig, was irgendjemand sonst denken mochte. Niemand außer Lilley zählte für ihn.
Er streckte seine Hand nach ihr aus. „Du siehst wunderschön aus.“
Erleichterung und Dankbarkeit leuchteten in ihren Augen auf, dann zwinkerte sie ihm schelmisch zu. „Du siehst in deinem Frack selbst nicht übel aus.“
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn so lange, dass er sie am liebsten direkt ins Schlafzimmer getragen und ihr das farbenfrohe Kleid vom Leib gerissen hätte. Aber die ersten Gäste waren schon eingetroffen.
Während sie in den Ballsaal gingen, um ihre Gäste zu begrüßen, staunte Alessandro wieder einmal, wie sehr Lilley in den vergangenen zwei Monaten den Palazzo verändert hatte. Sie hatte all seine eleganten Antiquitäten hinausgeworfen und durch bequeme, gemütliche Möbel ersetzt. Vorher war sein Palazzo eine Sehenswürdigkeit gewesen, jetzt war er ein Zuhause.
Heute Abend brannte in jedem Kamin ein Feuer, und die Kaminsimse waren passend zum Dezember mit Tannenzweigen geschmückt.
Lilley sah durch den Ballsaal. „Oh, oh“, murmelte sie. „Der Botschafter versucht, mit Monica Valenti zu flirten.“
Er folgte ihrem Blick und sah, dass der grauhaarige Botschafter dem neunzehnjährigen Starlet ganz eindeutig zu nahe trat.
Mittlerweile hatte sich der Ballsaal gefüllt. Alessandro nahm ein Glas Champagner von einem der Kellner an und betrachtete voller Bewunderung seine Frau. Lilley hatte jeden eingeladen: Adel, Politiker und Unternehmer, die gesamte römische Gesellschaft. Sie hatte sogar Giulia und Lucretia eingeladen.
Seine Frau konnte vergeben. Er nicht.
Er hatte die beiden angerufen und sie mit klaren Worten wieder ausgeladen. Jetzt verpassten sie das Ereignis des Jahres – auch wenn er nicht ganz begriff, wie dieser Abend dazu geworden war. Diese Demütigung würde sie lehren, seiner Frau mehr Respekt zu zeigen.
Er stellte das leere Champagnerglas auf ein silbernes Tablett und beobachtete, wie seine schöne Frau Monica Valenti von dem Botschafter befreite. Sie tat dies so freundlich und warmherzig, dass der grauhaarige Mann nicht im Geringsten beleidigt war, sondern Lilley ganz offensichtlich bezaubert anlächelte.
Und wie könnte man nicht bezaubert von ihr sein? Zwischen all den dürren Frauen in beigen und schwarzen Designerroben stach sie heraus wie ein Paradiesvogel. Als er sah, wie die Gäste ihr folgten und darauf warteten, mit ihr zu sprechen, erinnerte er sich an den Preziosi-Ball vor wenigen Monaten. Wie schüchtern und ängstlich sie damals gewesen war! So vieles hatte sich seitdem verändert.
Quer durch den Saal trafen sich ihre Blicke. Er lächelte sie
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