Im Zauber dieser Nacht
Er betrachtete verächtlich ihren blauen Mantel und die dunkle Jeans. „Bist du hergekrochen, um dich zurück in mein Testament zu schleichen? Zu spät, kleines Fräulein! Ich habe alles der Wohlfahrt vermacht.“
Lilley erstarrte. „Ich bin nicht wegen Geld hier.“
„Sehr glaubwürdig!“
Der Vorwurf tat weh. „Ich habe dich nie um Geld gebeten. Nicht ein einziges Mal. Das weißt du ganz genau.“ Sie hob ihr Kinn. „Ich wollte dir nur sagen, dass du Großvater wirst.“
Er starrte sie an. Lilley bemerkte, wie grau seine Haut aussah. Die Wangen waren schlaff, als hätte er in der letzten Zeit stark abgenommen.
Er zog ein paarmal an der Zigarre, bevor er antwortete: „Du bist schwanger?“
Sie nickte.
Seine Augen wurden schmal, als er auf ihre ringlose Hand schaute. „Und kein Ehemann.“ Er funkelte sie wütend an. „Du konntest nicht den Mann heiraten, den ich für dich ausgesucht hatte. Du musstest dich an einen dahergelaufenen Lump wegwerfen.“
„Der Mann, den du mir ausgesucht hast, war doppelt so alt wie ich.“
„Wenn du ihn geheiratet hättest, hätte ich ihm meine Firma hinterlassen können. Ich hätte gewusst, dass sich immer jemand um dich kümmern wird. Aber du wolltest ja keinen Verstand annehmen, wie üblich. Und jetzt ist es zu spät.“
In seiner Stimme hörte sie Traurigkeit. „Alles wird gut. Ich kann auf mich selbst aufpassen.“
„Das kannst du nicht!“, herrschte er sie an. „Du wirst nur mit noch einem Mund ankommen, den ich füttern muss, und erwarten, dass ich alle Probleme für dich löse, so wie ich es immer getan habe.“
Die Anschuldigung war so ungerecht, dass Lilley nach Luft schnappte. „Du hast nie irgendetwas für mich gelöst! Du hast nur dafür gesorgt, dass ich mir als Kind immer dumm und hilflos vorgekommen bin! Du hast mich im Stich gelassen. Mich und Mom.“
„Ich habe deine Mutter geliebt“, sagte er schroff. „So wie ich dich geliebt habe. Ich habe versucht, für euch beide zu sorgen …“
„Indem du dich hast scheiden lassen, als sie im Sterben lag? Damit du das hier für deine Geliebte bauen konntest?“ Sie sah sich in dem goldverzierten Salon um. „Wo ist Tiffany übrigens?“
Walton sah zur Seite. „Sie hat mich vor einigen Monaten verlassen.“
„Oh.“ Lilley wusste nicht, was sie sagen sollte. Ein Glück, dass du sie los bist , kam ihr doch zu unhöflich vor.
„Ich wollte deine Mutter nie verlassen. Paula hat mich weggeschickt.“
Lilley runzelte die Stirn. „Was?“
„Als ich deiner Mutter von Tiffany erzählt habe, wollte ich nur reinen Tisch machen. Ich habe ihr gelobt, dass ich ein besserer Ehemann sein würde, wenn sie mir vergeben könnte.“ Er lächelte zittrig. „Aber sie hat mir gesagt, ich sollte mich zum Teufel scheren. Sie hat sich geweigert, mich noch einmal zu sehen. Darum bin ich nicht zurückgekommen. Bis zur Beerdigung, als sie mich nicht mehr daran hindern konnte.“
„Das habe ich nicht gewusst. Ich hatte immer gedacht …“
„Deine Mutter wollte dich aus unseren Streitigkeiten heraushalten. Ich habe ihre Wünsche respektiert.“
„Und alle Schuld auf dich genommen“, flüsterte Lilley.
„Ich denke, ich habe es auch verdient.“ Er wandte den Blick ab. „Also, wer ist der Vater? Ein mittelloser Musiker? Ein Künstler? Irgendeine Chance, dass der Mann einen Funken Ehre oder Anstand besitzt?“
„Wenn das eine Frage sein soll, ob er mich geheiratet hat, ist die Antwort Ja. Wir haben im September in Las Vegas geheiratet.“
Sein Gesicht färbte sich noch grauer. „Du hast geheiratet! Ohne mir etwas zu sagen!“
„Du hattest mich enterbt. Ich dachte, es interessiert dich nicht.“
„Sag mir, dass du einen Ehevertrag abgeschlossen hast.“
„Nein.“
Seine Hand zitterte, als er mit der Zigarre in ihre Richtung stieß. „Ich habe nicht mein Leben lang gearbeitet, damit sich jetzt irgendein gieriger Mitgiftjäger alles unter den Nagel reißt.“
„Er will dein Geld nicht“, flüsterte sie. „Außerdem lässt er sich sowieso gerade scheiden.“
„Nach so einer kurzen Ehe? Wer sorgt dann für dich und das Kind?“
„Ich.“ Sie holte tief Luft und bemühte sich, nicht den Zigarrenqualm einzuatmen. „Théo hat mir einen Job in seinem Büro in Paris angeboten. Er sagt, er könnte jemanden wie mich brauchen. Ich hätte eine frische Sichtweise und würde selbstständig denken. Aber seine Frau Carrie und ich hatten schon entschieden …“
„Selbstständig denken?“, unterbrach ihr
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