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Im Zeichen der Angst Roman

Titel: Im Zeichen der Angst Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Bechtheim
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urteilen, war es dennoch nicht richtig, mit der Polizei zusammenzuarbeiten«, sagte ich.
    Während meiner Haft fragten mich andere Inhaftierte nicht nur einmal, weshalb wir damals der Polizei vertraut hatten. Die Antwort war simpel: weil es normal war. Weil es vernünftig war. Weil alle es so machten. Weil sie die letzte Zuflucht für all jene war, die unabdingbar glaubten, dass es Werte wie Recht und Gerechtigkeit gab und sie sich durchsetzten. Man konnte auf die Polizei schimpfen, wenn man mal wieder ein Strafmandat im Halteverbot bekam oder mit überhöhter Geschwindigkeit geblitzt wurde. Doch wenn man das Opfer eines Verbrechens war, dann wandte man sich immer an die Polizei. So war das eben.
    »Ich sag dir jetzt mal etwas, das du vielleicht nicht hören willst.« David wiegte den Kopf, als überprüfe er noch einmal jedes Wort, bevor er es aussprach. »Du weißt nicht genau, ob sie vorhatten, dir deine Tochter zurückzugeben. Sie starb an einem Asthmaanfall, aber es ist nicht gesagt, dass sie nicht auch so gestorben wäre. Verstehst du das?«

    »Ja«, sagte ich, und eine Schraubzwinge presste mir den Brustkorb zusammen.
    »Trotzdem willst du ohne Mankiewisc weitermachen?«
    »Deshalb habe ich dich aufgesucht, wie du weißt. Er muss nicht mehr wissen als notwendig.«
    Er nickte.
    »Es gibt da noch etwas«, sagte er.
    »Ja?«
    »Sie dürfen nicht noch einmal das Tempo bestimmen. Hörst du? Wir lassen uns nicht noch einmal auf telefonische Lebenszeichen ein wie bei Johanna.«
    Ich stöhnte auf.
    »Alles, was sie bislang unternommen haben, war nur ein Vorspiel, damit du verängstigt bist und ihren Anweisungen blind folgst, wenn es so weit ist. Sie haben dir keine vier Tage gegeben, damit du das Geld beschaffst. Sie haben sich selbst vier Tage gegeben, um dich fertigzumachen. Ich vermute, sie hatten von Anfang an vor, Josey zu entführen. Ist dir das klar?«
    »Ja«, sagte ich, und so war es auch, als er es aussprach. Die Einsicht drohte, mir den Atem abzuschnüren, doch zugleich arbeitete mein Verstand klar. Ich wunderte mich nicht einmal, dass mir Davids Vermutung in diesem Moment als selbstverständliche Gewissheit erschien, die keine Alternative zuließ.
    Hazel fuhr in die Tiefgarage des Hotels. An der Schranke zog er ein Ticket.
    »Was schlägst du vor?«, fragte ich, als wir ausstiegen und zum Fahrstuhl gingen.
    »Wir bestehen auf jeden Fall darauf, dass sie diesmal das Geld nur im direkten Austausch gegen deine Tochter bekommen. Es wird nicht noch einmal geschehen, dass sie erst das Geld bekommen und sie uns später angeblich informieren, wo deine Tochter zu finden ist. Noch einmal verschwinden sie nicht einfach mit dem Geld.«
    »Und wenn sie das ablehnen?«

    Hazel drückte auf den Knopf zum Erdgeschoss, und der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung.
    »Ich sagte bereits, dass das eine schwierige Entscheidung ist, okay?«
    Ich nickte.
    »Ich kann nichts garantieren«, sagte David. »Ich kann lediglich die Erfahrungen auswerten, die wir bei der ersten Entführung gemacht haben.«
    Als wir im Erdgeschoss ausstiegen, blieb David vor mir stehen. Er nahm mich bei den Schultern und schaute mir in die Augen. Hazel ging weiter, ohne sich umzudrehen.
    »Mein Vater ist zwar krank, aber er hat immer noch Kontakte«, sagte er.
    »Das weiß ich«, erwiderte ich.
    »Renner ist davon ausgegangen, dass sie Johanna nicht lebend zurückbekommen.«
    Ich stieß seine Arme weg. »Sag das ja nicht. Sag nicht, dass sie bei Josey auch davon ausgehen.«
    »Du musst der Wahrheit ins Auge sehen, Clara.«
    Ich sah ihn an. Ich sah die braunen Augen und die Fältchen darum. Ich wusste, dass er unter dem Tod seiner Frau gelitten hatte. Ich wusste, dass er sich am Tod meiner Tochter mitschuldig fühlte. Ich wusste, dass er sich um Josey und mich sorgte. All das wusste ich, doch ich las nichts davon in seinen Augen.
    »Die Chance, dass wir Josey lebend zurückbekommen«, fuhr er fort, »ist nur sehr gering.«
    »Aber solange sie das Geld noch nicht haben und ihre Stimme brauchen …« Verzweiflung überrollte mich.
    »Man kann Stimmen aufnehmen«, sagte er.
    Mir stiegen Tränen in die Augen.
    »Hör zu, Clara. Ich will, dass wir alles tun, was möglich ist, um Josey zurückzubekommen. Solange es keinen Beweis für das Gegenteil gibt, werden wir trotz allem davon ausgehen, dass sie lebt, und uns so verhalten. Hörst du?« Seine Finger
stachen in meine Schultern, und ich nickte. »Ich will, dass du weißt, dass wir aus den Fehlern gelernt haben

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