Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Zeichen der Angst Roman

Titel: Im Zeichen der Angst Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Bechtheim
Vom Netzwerk:
mir nun entgegenschlug. Meine Mutter hatte mehr mit der Entführung zu tun, als ich jemals geahnt und mir jemals vorgestellt hatte. Wie war sie sonst an Johannas Sachen gekommen - und wie an die zwei Millionen Dollar? Dass meine Tochter in dem Turm gefangen gehalten wurde, war allgemein bekannt und schon 1996 durch die Presse gegangen mit düsteren Beschreibungen, die ihn mit Saurons dunklem Turm aus »Herr der Ringe« verglichen hatten.
    »Entschuldigen Sie mich einen Moment«, sagte Groß, ließ uns stehen und ging zu der Frau mit dem Jungen, die in einiger Entfernung warteten.
    Ich folgte ihm.
    Der Junge hatte seinen Kopf schutzbedürftig an ihren Hals gelegt.
    »Du hast gesagt, ich hab nichts Schlimmes gemacht«, sagte er im Schutz ihrer warmen Haut.
    »Nein«, sagten seine Mutter und ich wie aus einem Mund.
    Wir lächelten einander an. Mein Lächeln war um zehn Grad kälter als ihres, doch das konnte Markus nicht sehen. Sie strich dem Jungen über den Kopf.

    »Es tut mir so leid für Sie«, sagte sie.
    »Danke«, sagte ich mühsam. »Er kann wirklich nichts dafür.«
    »Erpresst man Geld von Ihnen?«, fragte sie, und ich nickte.

28
    Ich war im Hotelzimmer und steckte gerade Joseys Schmusekatze zurück in ihren Rucksack. Sie war das Einzige, das Josey ausgepackt hatte, als wir vor der Beerdigung unsere Sachen ins Hotelzimmer gebracht hatten. Ich hielt die Katze noch in der Hand, meine Nase in ihr weiches, graues Fell gesteckt. Ich wusste nicht genau, ob es meine überheizte Fantasie war, oder ob ich wirklich noch etwas von Joseys Kindergeruch in dem Fell fand, doch es schien mir, als nähme ich diesen wunderbaren Geruch von Himbeerkaugummi und Apfelshampoo, Bleistiften und Radiergummi wahr, und ich dachte zugleich daran, wie sie noch auf dem Friedhof diese kleinen Hüpfer neben mir gemacht hatte, um beim Gehen mit mir Schritt halten zu können. Wie stolz war sie gewesen, als ich ihr das erste Mal gezeigt hatte, wie man eine Katze malt. Erst einen dicken Kreis, dann einen kleineren obendrauf, zwei Dreiecke als Ohren, einen kleinen Strich als Mund, jeweils links und rechts drei Striche für die Barthaare, einen kleinen Kreis für den Schwanz, den man mit dem Bleistift schwarz ausmalte. So war es mit Josey, dachte ich, als die Melodie von »Rocket Man« ertönte und mich wie jedes Mal ein elektrischer Schlag durchfuhr. Ich warf die Katze aufs Bett. Josey! Bitte lasst es Josey sein. Ich muss ihre Stimme hören, ich will ihre Stimme hören. Hektisch sah ich mich nach meiner Tasche um. Josey muss am Telefon sein. Bitte.
    David und Hazel saßen schweigend in den beiden Sesseln, in denen schon Groß und Mankiewisc gesessen hatten. David sprang auf und reichte mir die Handtasche, die ich auf den Schreibtisch gelegt hatte.

    Bevor ich dranging, legte Davids Hand sich auf meinen Arm. Das Handy spielte weiter »Rocket Man«. Ich konnte es kaum ertragen.
    »Atme tief durch. Bleib ruhig. Es ist nur eine Geschäftsverhandlung. Mehr nicht. Hörst du? Nur eine Verhandlung.«
    Ich wollte nicht mehr verhandeln. Ich wollte nur meine Tochter wieder in meinen Armen halten. Egal, was ich dafür tun oder bezahlen musste.
    »Clara«, sagte David und drückte meinen Arm eine Spur stärker. »Denk dran, was wir abgemacht haben.«
    Ich nickte. Ich atmete tief ein und wieder aus, während sich meine Gedanken auf der Suche nach einem roten Faden überschlugen.
    Dann hob ich ab. Meine Hand umklammerte das Handy, als sei es ein Rettungsring. Ich zitterte. David lehnte sich zu mir und hörte mit.
    »Hallo?«, sagte ich mit meiner professionellen Stimme, die immer ein wenig dunkler klang als meine private.
    »Haben Sie das Geld?«, fragte die blecherne Stimme, die ich bereits kannte.
    Mein Herz beschleunigte seinen Schlag.
    »Sie hatten uns vier Tage gegeben. Jetzt sind gerade 36 Stunden vergangen.« David nickte und formte mit Zeigefinger und Daumen einen Kreis.
    »Sie haben die Polizei eingeschaltet, und wir haben den Plan geändert«, sagte die Stimme.
    David legte den Finger auf den Mund, und ich schwieg.
    »Also, haben Sie das Geld?«, fragte die Stimme.
    »Ich will sicher sein, dass meine Tochter lebt.«
    »Sie haben sie doch gehört.«
    »Das reicht mir nicht«, sagte ich. »Vor 13 Jahren haben wir Ihnen das Geld gegeben, und meine Tochter starb dennoch.« Es war ein Schuss ins Blaue.
    »Sie war krank«, sagte die Stimme, und zum ersten Mal
wurde mir bewusst, dass ich tatsächlich mit einem jener Leute sprach, die Johanna entführt

Weitere Kostenlose Bücher