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Im Zeichen der blauen Flamme

Titel: Im Zeichen der blauen Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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verwirrt und versuchte zu verstehen. Mit einem Mal war sie wieder bei klarem Bewusstsein. Sie begriff die Hoffnungslosigkeit ihrer Lage und ihre Augen füllten sich mit ungläubigem Staunen. »Majestät...«, stammelte sie, »für mich habt Ihr Euch in Gefahr begeben …«
    Er antwortete nicht und suchte methodisch die Felswand ab. Dann richtete er den Blick auf Inue und Tsuru, die vor dem Felsrand lagen und das Seil hielten, während Eisai und Hokiji ihre Beine umfassten. Mit ein bisschen Glück werden wir es schaffen, dachte er.
    Â»â€¦ ich muss sterben«, schluchzte sie laut neben ihm. »Meine Mutter hat gesagt … der Alte des Berges wird kommen …«
    Er wandte den Blick zu ihr und starrte sie stirnrunzelnd an. »Was hat deine Mutter gesagt?«
    Ihre Augen glänzten fiebrig und ihr Gesicht war gerötet. Sie schüttelte stumm den Kopf. Doch jetzt wollte er die Wahrheit wissen. In hartem Ton wiederholte er seine Frage und sah, dass sie mit zusammengebissenen Zähnen weinte.
    Â»Meine Mutter sagte: Der Alte des Berges wird sein Opfer verlangen … Eine Frau muss sterben. Das war schon in früheren Zeiten so: Bevor unsere Schmiede in die Grube stiegen, kam der Alte und … und holte sich seinen Tribut. Wenn die Schmiede sich weigerten … rief er den Fluch der Finsteren Mutter auf sie herab … und die strafte das Dorf mit Seuchen, mit Wasser- und Hungersnot …«
    Was für ein Unsinn, dachte Susanoo aufgebracht. Was für ein verdammter, abergläubischer Unsinn!
    Â»Weiter!«, zischte er. »Wie lautet der Auftrag deiner Mutter?«
    Sie verzog ihr Gesicht vor Schmerz und ein Zittern lief über ihren Körper. »Meine … meine Mutter sagte: Der König ist entschlossen, ein Schwert zu schmieden, aber seine Gemahlin wird er nicht opfern. Der Fluch wird uns hart treffen. Das Brunnenwasser wird versiegen und das Getreide verschimmeln. So gehe hin und sterbe du anstelle der Königin, auf dass unser Dorf verschont bleibe …«
    Â»Genug!«, stieß er brüsk hervor. Sie fuhr zusammen. Er sah Blutgerinnsel an ihrem Mundwinkel.
    Â»Bitte, verzeiht!«, schluchzte sie. »Ich habe … meine Pflicht vernachlässigt. Ich … ich bin noch am Leben. Es tut mir so leid!«
    Â»Beruhige dich«, sagte er müde. »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.« Doch er bebte vor Wut. Wie lange schon trieb der Wahnsinnige sein Unwesen? Er hatte die unmenschlichen Bräuche vom Festland eingeführt und die Bauern derart eingeschüchtert, dass sie in seiner Hand wie angebundene Tauben waren. Kubichis Traum kam ihm in den Sinn: Sie hatte unbewusst die Wahrheit erkannt …
    Dem Gräuel werde ich ein Ende setzen, dachte er grimmig. Doch zuerst kommt das Schwert an die Reihe. Dann werde ich mich mit dem Alten befassen und seinen Kopf den leichtgläubigen Toren da unten vor die Füße werfen!
    Er lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf das Mädchen und versuchte herauszufinden, wie weit sie sich inzwischen erholt hatte. Es wurde dunkel. Der Schnee fiel in dichten, feuchten Flocken.
    Â»Also, los!«, sagte er. »Wir müssen da hinauf.«
    Sie weinte leise vor sich hin. »Ich flehe Euch an, Majestät! Rettet Euch und überlasst mich meinem Schicksal. Sonst wird der Berg sich rächen …«
    Er beachtete ihre Worte nicht und gab den Männern das Zeichen zum Ziehen. Das Seil straffte sich. Masumi schrie gellend auf, als ihr verletztes Bein über die Felswand schleifte. Susanoo stützte sie, so gut es ging. Er kletterte hinter ihr her und schob das Mädchen hoch. Er war froh, als sie wieder das Bewusstsein verlor. Er selbst brauchte seine ganze Kraft, um sich zu konzentrieren. Er spürte, dass der Felsen ihn abschütteln wollte, und kämpfte verzweifelt, um sich festzuhalten, während ihm die rauen Kristalle ins Fleisch drangen.
    Die letzte Strecke war die schlimmste, denn seine Kräfte versiegten langsam. Er schaffte auch das noch, fühlte, wie Arme ihn umfassten und ihn auf die Felsen zogen.
    Eine Weile lag er bewegungslos und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Er hörte Stimmen, aber er verstand kein Wort von dem, was gesagt wurde. Ein Gesicht schwebte über ihm, blass schimmernd wie ein Stern im wirbelnden Nebel. Dann klärte sich sein Blick. Das Gesicht nahm die scharfen Umrisse der Wirklichkeit an.
    Â»Kubichi«, flüsterte er.
    Sie kniete vor ihm im

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