Im Zeichen der gruenen Sonne
lässt …!« Mit schnellen Schritten lief er los. Möhre, froh, dass endlich jemand da war, wollte ihn auf keinen Fall verlieren und rannte hinterher.
»Äh, hallo, Sie, können Sie mir etwas Wasser geben, bitte?«
Aber der Kellner lief stur weiter, ohne sich umzudrehen. Sie umrundeten eine lang gestreckte Sanddüne und standen plötzlich vor einem einzelnen Tisch und einem Stuhl, mutterseelenallein im Sand. Der Kellner nahm sein Geschirrtuch, putzte einige Sandkörner von der Tischplatte, stieg auf den Stuhl, auf den Tisch und starrte stumm in die Ferne. Möhre stand ungläubig daneben und starrte ihn an. Was für ein seltsamer Mann …
Bewegungslos, mit nach vorne gebeugtem Körper, die Augen mit der flachen Hand vor der Sonne geschützt, stand er da und rührte sich nicht. Möhre fühlte sich schwindelig und ließ sich auf den Stuhl fallen. Diese Hitze, diese grässliche Sonne … Wasser, sie brauchte schnell Wasser.
»Wasser, bitte!«, keuchte sie.
»Un moment!«, antwortete der Kellner, griff in die Hosentasche und holte ein kleines Opernglas hervor, das er aufklappte und an die Augen hielt.
Nach einer unerträglichen Pause schüttelte er stumm den Kopf, klappte das Opernglas zusammen und sprang vom Tisch.
»Non, Madame, Sie scheinen Glück zu haben, dieser Tisch ist tatsächlich frei! Was darf ich Ihnen bringen?«
»WAAASSSSERR!«, kam es verzweifelt. Möhres Zunge klebte am Gaumen fest.
»Huh, wie gewöhnlich – ich könnte Ihnen heute ein Weinchen empfehlen, oh, là, là …!«
»Ich will Wasser!«
»Avec Sprüdel oder ohne?«
»Was?«
»Sprüdelwasser oder stille Quelle?«
»Das ist mir doch völlig egal, bitte … ich kann nicht mehr!«
»Mais non, das ist absolut nicht egal, wenn ich Ihnen Sprüdel bringe, dann möchten Sie am Ende lieber stilles Wasser und lassen das Sprüdel auf meine Rechnung zurückgehen. Vielleicht beschweren Sie sich beim Geschäftsführer, und ich bin …!«
»Schon gut, schon gut!«, unterbrach Möhre den Wortschwall. »Sprudelwasser, bitte!«
Der Kellner machte sich eine kleine Notiz, blieb aber am Tisch stehen.
»Wünschen Sie ein Glas oder eine Karaffe?«
»Einen Eimer!«
»Huh, mon dieu, einen ganzen Eimer? Nun, ich werde in der Küche fragen, ob sich das machen lässt …!« Mit einem Satz war der Kellner hinter der Sanddüne verschwunden.
Möhre rutschte langsam vom Stuhl und kroch in den schützenden Schatten unter den Tisch. Endlich Wasser, endlich Rettung … und sie hatte schon geglaubt, sie würde den Sonnenuntergang nicht mehr erleben.
»Madame, wo sind Sie hin? Madame?«
Möhre kroch unter dem Tisch hervor und setzte sich wieder auf ihr Stühlchen. Der Kellner grinste sie breit an.
»Gute Neuigkeiten, Madame! Also, ich war in der Küche, schöne Grüße übrigens, und die Jungs meinten: überhaupt kein Problem mit dem Eimer, geht alles klar!«
»Super, geben Sie her, schnell!«
»Äh, die Küche braucht noch mehr Informationen wegen Ihrer Bestellung! Wir wollen nämlich zufriedene Kunden, wissen Sie …!«
»…?!«
»Möchten Sie einen Plastik- oder Blecheimer?«
Möhre starrte den Kellner fassungslos an. Statt einem zufriedenen Kunden würde er sehr bald einen toten Kunden haben, so viel war klar!
»Blech …«, hauchte sie kraftlos.
»Mit oder ohne Zuckerrand?«
Möhre schüttelte nur noch den Kopf.
QuiiiiekkkkkraaachRUMMMMMS!!!
Die schwere, eiserne Tür war unüberhörbar ins Schloss gefallen. Eine kleine schmucklose Petroleumlampe warf ein wenig Licht in den engen, niedrigen Raum. Tom rieb sich die zerkratzten Handgelenke. Wenigstens hatten sie seine Fesseln abgemacht und ihm die Augenbinde abgenommen. Er sah sich um. Kein Fenster ließ Luft in den Raum, Stroh war auf dem Boden verstreut, und von den nackten Steinwänden tropfte Wasser.
Verdammt! STROH! Warum ausgerechnet Stroh? Ob die wussten, dass er Heuschnupfen hatte? Wie lange würden sie ihn hier festhalten, wie lange würde er es hier aushalten?
Der Wachtposten hatte gesagt, dass sie angeblich noch jemanden gefangen hatten und dass dieser Jemand bei einem Fluchtversuch ums Leben gekommen sei. Dieser Jemand, erzählte der Wachtposten, war eine Sie, ein Mädchen mit auffallend roten Haaren! Tom brauchte nicht mehr zu hören … Möhre!! Möhre – war – tot! Tot … Und weder er noch sonst irgendjemand konnte das wieder rückgängig machen. Tom war nicht der Typ, der in Cowboymanier loszog, um ihren Tod zu rächen. Nein, er war kein Cowboy, er war kein
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