Im Zeichen der gruenen Sonne
Barkeeper füllte zwei Gläser und ließ sie mit Schwung vom einen Ende der Theke bis zum anderen rutschen. Alex fing sie auf, gab eines Pit und leerte seins mit einem Zug.
»Noch eine!«, schmatzte er und wischte sich mit dem Ärmel über den Mund. Während der Barkeeper wieder die Gläser füllte, hörte Alex, wie er irgendwas murmelte.
»He, Barmann, was gibt’s denn?«
»Wir mögen hier keine Fremden, Mister!«, gab der Barmann zurück und ließ die zweite Colarunde über die Theke sausen.
Alex leerte sein Glas erneut in einem Zug und ließ es auf die Theke knallen. »Das ist euer Problem!«
Einige Fliegen umsurrten die nackte Glühbirne, die einsam von der Decke hing, der Pianist spielte verbissen weiter auf dem schrecklich verstimmten Klavier, und Pit trat nervös von einem Fuß auf den anderen.
Der Barmann spuckte lässig auf den Fußboden. »Falsch, das ist euer Problem! Trinkt eure Cola und verschwindet!«
Plötzlich war es totenstill. Die Männer an den Tischen und der Pianist starrten Alex und Pit böse an. Pit zog Alex am Arm und flüsterte: »Los, lass uns von hier verschwinden!«
Aber Alex schüttelte nur den Kopf. So einfach das Feld räumen, das hatte keinen Stil. Er rollte seine Landkarte auf der Theke aus.
»Bevor wir gehen, möchten wir gerne wissen, was sich dort befindet!« Er zeigte auf die markierte Stelle.
Der Wirt erbleichte, einige Männer traten hinzu und erbleichten ebenfalls.
»Raus hier!«, presste der Wirt zwischen den Zähnen hervor. Nackte Angst schüttelte den Mann.
»Was ist denn da?«, beharrte Alex.
Der Kreis der Männer schloss sich bedrohlich enger um die beiden.
»Was immer auch da sein mag, es geht euch nichts an! Bleibt weg da, geht nach Hause!«, warnte der Wirt ein letztes Mal.
»Aber wir müssen da hin, weil wir jemand – aua!«
Pit unterbrach ihn mit einem Tritt vors Schienbein und warf ihm einen eindeutigen Blick zu. Fast hätte er sich verplappert.
Der Wirt und die anderen Männer blickten sich kurz an. »Wir wollen hier keinen Ärger! Entweder ihr geht von alleine, oder …«
»… oder?« Alex versuchte, so lässig wie möglich zu wirken.
»… oder ihr seid in drei Sekunden auf der Straße!«
»Könnt ihr uns nicht wenigstens einen Tipp geben, was da ist?«
Drei Sekunden später lagen sie im Sand der staubigen Straße. Pit hustete fürchterlich, und Alex rieb sich sein schmerzendes Hinterteil, in das er einen ziemlich unfeinen Tritt bekommen hatte.
»Kannst du mir mal verraten, was in dich gefahren ist?«, schimpfte Pit. »Zuerst führst du dich auf wie der Sheriff von Carson City persönlich, dann verplapperst du dich, und anschließend lässt du nicht locker, bis sie uns im hohen Bogen an die Luft setzen!«
Etwas verlegen stand Alex auf und klopfte sich den Dreck von der Hose. »Na ja, wenigstens wissen wir jetzt, dass da irgendetwas ist, vor dem die Leute Angst haben! Hast du das Gesicht vom Wirt gesehen?«
»Hab ich! Was machen wir jetzt?«
»Na, was schon, wir gehen natürlich nachsehen!«
»Ich weiß nicht, wenn die Leute so ’ne Angst davor haben, muss es ja schon was ziemlich Übles sein!«
Alex zog Pit am Arm aus dem Straßenstaub und sah sie mit großen, runden Augen an. »Pit, Pöööt, Pitlein …!«
Pit seufzte tief und zuckte mit den Schultern. »Was bleibt uns anderes übrig … also los!«
»Na also, wusst ich’s doch … den Blick hab ich meiner Schwester abgeguckt, klappt immer!«
»Blödmann!« Pit jagte den kichernden Alex die Straße hinunter.
Tell el-Amarna lag auf der anderen Seite des Nils, aber dank der Kah war das Hinüberkommen kein Problem. Bald standen Pit und Alex im Sand des flach ansteigenden Ufers und folgten dem kleinen markierten Weg. Eine Reisegruppe, deren Geplapper sich wie das Summen eines Bienenschwarms anhörte, hatte soeben den schneeweißen Touristendampfer verlassen und folgte den beiden.
»Lauf ein bisschen langsamer!«, flüsterte Pit. »Wir lassen uns von denen überholen und mischen uns unter sie!«
Der Reiseleiter erinnerte ein bisschen an die New Yorker Freiheitsstatue – mit der einen Hand hielt er einen zusammengeklappten Regenschirm über sich und unter dem anderen Arm klemmten seine Unterlagen. Wie ein General marschierte er voraus, ununterbrochen redend.
»Wir haben jetzt eine halbe Stunde Zeit, bitte fotografieren Sie sofort. Nach unserer Führung haben wir für Sie einen Imbiss vorbereitet. Bitte, bleiben Sie bei der Gruppe!« Eigentlich war nichts zu sehen als
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