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Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition)

Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition)

Titel: Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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über politische Kleinigkeiten. Eine neue Brücke in Thalassia, ein Gesetz, das es verbat, an Feiertagen Sklaven unter einem bestimmten Wert zu verkaufen, der Handel von Stimmen über verschiedene Angelegenheiten.
    Früher hätte ihn das fasziniert. Er hatte gehofft, selbst ein Amt zu bekleiden, wenn er älter war. Er hatte gehofft, vom Volk gewählt zu werden, im Gegensatz zu seinem Vater, dem trägen Bürokraten, der den Politikern in den Hintern kroch.
    Doch die Geister hatten andere Pläne mit Filip, ebenso wie die Götter, sollte es sie wirklich geben.
    Als die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hatte, erklang eine weitere, hellere Glocke, und innerhalb von Augenblicken öffneten sich die riesigen Eingangstüren des Senatsgebäudes. Senatoren, Angestellte und weitere Würdenträger kamen heraus. Jeder wollte der Erste sein, der die Straße überquerte, damit er oder sie an den Markständen nicht anstehen musste.
    Links von Filip befand sich ein schattiger Bereich, der von einer großen Plane überspannt war. Er füllte sich, sobald die Ersten mit ihren Mahlzeiten vom Markt zurückkehrten. Dort standen auch einige Tische und Stühle, aber die meisten blieben stehen, Essen und Trinken in der Hand, und schlenderten von einem mächtigen Bekannten zum nächsten. Filips Vater hatte ihm einmal gesagt, dass in dieser einen Stunde mehr Regierungsarbeit geleistet wurde als am gesamten Rest des Tages.
    Mehrere der Senatoren und ihre Angestellten drehten eine Runde für die Bettler und warfen jedem eine Münze in die Schale, als würden sie Tauben mit Brotkrumen füttern. Sie plapperten dabei über Klatsch aus der Politik und der Gesellschaft, aber über nichts, das mit Marek und Nilik zu tun zu haben schien.
    Plötzlich ertönte rechts von ihm eine vertraute Stimme. Ihm stockte der Atem. Das konnte nicht sein.
    „Meine Aussage war doch nicht zu pedantisch?“, fragte der Mann seinen Begleiter.
    „Bestimmt nicht. Jeder hört gerne einem detaillierten Bericht über die Abwasseranlagen zu.“
    Sie gingen an ihm vorbei und besprachen sich über die Vorteile einer Eingabe über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, und Filip war sich sicher. Die Haut in seinem Nacken begann zu kribbeln.
    Sein eigener Vater stand nur eine Armeslänge von ihm entfernt da.
    „Einen Augenblick.“ Filips Vater drehte sich um und ging zu ihm zurück. Seine Schritte verlangsamten sich. Er blieb ein Stück entfernt stehen, ließ dann mehrere große Münzen in Filips Schale fallen und sprach ein Gebet zu Rovas, dem Gott des Krieges. Im nächsten Augenblick hatte der andere Mann sich ihm angeschlossen. Sie warfen gemeinsam einen Schatten auf Filip, dessen Hals sich verkrampfte, so sehr musste er sich zwingen, seinen Kopf gesenkt zu halten und seinen Blick auf den Boden zu richten, wo er hingehörte.
    „So großzügig heute, Kaloyero?“
    Sein Vater antwortete ernst, ohne von der Stelle zu weichen. „Meine beiden Söhne sind vor fast einem Jahr vor Asermos gefallen.“
    „Ah.“ Der andere Mann warf selbst eine Münze in die Schale. „Das tut mir sehr leid.“
    „Meine Familie – meine Frau, meine Töchter und ich – vermisst sie schrecklich. Wir würden alles tun, um die beiden noch einmal wiederzusehen.“
    Filip krallte die Finger in den Stoff seiner Hose. Seine Kehle zog sich schmerzhaft zusammen. Wenn er jetzt aufblickte, würde sein Vater seine Augen erkennen. Er würde durch den Bart und den Schlamm hindurchsehen und seinen Sohn erkennen. Dann würde er ihn nach Hause bringen, ein Festgelage zu seinen Ehren veranstalten und ihm vielleicht das Geld geben, um Marek und Nilik die Freiheit zu erkaufen. Erleichterung und Freude würden stärker wiegen als die Scham über den Zustand seines Sohnes.
    Filip begann seinen Blick zu heben.
    „Aber hier erinnere ich mich daran“, sagte sein Vater, „dass es auch schlimmer sein könnte. Meine Jungen hätten so enden können wie der da.“
    Filip erstarrte. Seinen Blick hatte er fest auf das Kriegsdenkmal gerichtet. Erneut senkte er den Kopf.
    „Stimmt“, sagte der Senator. „Die Namen beider Söhne aufdem Denkmal stehen zu haben – ein solcher Verlust bringt Schmerzen, aber auch große Ehre. Es gibt Schicksale, die schlimmer sind als der Tod.“
    Die beiden sprachen, als wäre er gar nicht anwesend. Glaubten sie, er könnte sie nicht hören?
    Missbilligend schüttelte sein Vater den Kopf. „Ehre, ja. Wenn Ehre bloß die Stille in meinem leeren Haus vertreiben könnte.“
    Filip wandte sich ab und

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