Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition)

Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition)

Titel: Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
Vom Netzwerk:
sie diese Schande rächen wollen. Aber ein solcher Einsatz wäre nutzlos und teuer, besonders da es zwischen den Städten gerade solche Spannungen gibt.“
    „Es gibt innere Spannungen?“ Sein eigenes Land hatte das mehr als einmal erlebt, was zum Teil erklärte, warum sein Dorf und Asermos traditionellerweise verfeindet waren. Kalindos war nie so dumm gewesen, Krieg gegen die größeren Dörfer zu führen, aber es war zu Zusammenstößen gekommen, die dafür gesorgt hatten, dass Feindschaft über Generationen hin aufrechterhalten wurde.
    Bashas Miene wurde ernst. „Nichts, womit Leukos nicht fertig wird.“
    Er drehte sich zu ihr um, und überrascht lächelte sie ihn an. „Ihr sagt, mein Volk fasziniert Euch“, begann er. „Wolltet Ihr deshalb Nilik? Um ein Teil dieser Kultur zu besitzen?“
    „Zum Teil. Nilik ist ein Säugling. Er hat keine Kultur. Er wird als Bürger von Ilios aufwachsen, und er trägt den Namen meines toten Mannes. Er ist für jeden, auch für sich selbst, mein Sohn.“
    Marek versuchte ruhig weiterzusprechen. „Dann wird er nie erfahren, wer er wirklich ist?“
    „Siehst du, das ist das Rätsel.“ Sie drehte sich wieder auf die Seite, um ihn anzusehen, und flüsterte verschwörerisch: „Wirwollen herausfinden, ob deine Leute Magie erhalten, wenn sie das richtige Alter erreichen. Ob irgendein Geist sie annehmen wird, und wenn ja, welcher. Wir haben unsere Theorien darüber.“
    „Was für Theorien?“
    „Dass die wahre Macht der Geister in der Wildnis liegt. Die Macht von Leuten wie dir, deren Tier viel Freiheit braucht und menschliche Einmischung nicht erträgt, verblasst in der Stadt. Aber wir haben auch festgestellt, dass es bei anderen nicht so ist.“
    „Bei wem?“
    „Bei den Tieren, die mit Menschen zusammenleben können. Tiere, die in der Stadt überleben, selbst wenn es nur ein Park ist. Pferde, Ziegen, Spinnen. Fledermäuse und Füchse in geringerem Ausmaß.“
    Bei Erwähnung des letzten Tieres zuckte er zusammen – fühlte es sich deshalb so an, als hätte Fuchs seine Seele übernommen, nachdem Wolf ihn verlassen hatte? Versuchte er selbst jetzt, ihm zur Flucht zu verhelfen? Wenn irgendwer geschickt darin war, zu überleben, dann Fuchs.
    Basha zählte an ihren Fingern ab. „Was noch? Ratten, natürlich. Manche Vögel – Schwäne, Spatzen, Spottdrosseln.“
    Krähen? fragte er sich. Natürlich. Die gab es überall.
    „Wie du siehst, Marek, hast du zum Teil recht. Ich wollte Nilik, weil er Asermonier ist, aber nicht für meine Sammlung hübscher rustikaler Kunstwerke. Ich will herausfinden, ob ich recht habe.“
    „Recht womit?“
    „Dass man dein Volk ohne Gewalt erobern kann. Um das zu tun, müssen wir alles über eure Gaben wissen. Diese Kinder, besonders die Neugeborenen, sind das perfekte Experiment.“ Sie strich ihm das Haar aus dem Gesicht. „Ihr werdet alle vor uns kapitulieren, darauf kannst du dich verlassen. Das tun mit der Zeit alle. Aber ich würde es lieber später tun, und zwar richtig, als früher und nur halbherzig. Das ist doch viel menschlicher, findest du nicht?“
    Marek hatte das Gefühl, sein Kopf wäre in einem Schraubstock gefangen.
    „Vielleicht stimmst du mir nicht zu“, sagte sie. „Also sage ich dir, dass es einen dritten Grund gab, aus dem ich Nilik wollte.“ Ihr Blick richtete sich auf den Platz zwischen ihren Körpern. „Ich war einsam. Ich hatte so viel verloren.“
    Und nur einen Sitz im Senat gewonnen, dachte er bei sich.
    „Ich weiß, du trauerst um deine Frau“, sagte sie. „Ich verstehe das, weil ich jede Nacht und jeden Morgen an meinen Mann denke. Deshalb bitte ich andere, das Bett mit mir zu teilen.“
    Bitten? Das soll wohl ein Witz sein.
    Sie wurde nachdenklich. „Manchmal, wenn ich Nilik ansehe, frage ich mich, ob mein Sohn die gleichen Dinge getan hätte, die er tut. So wie er die Finger der rechten Hand ausstreckt, wenn er gähnt, als würde er durch sie hindurchatmen.“ Sie machte die Bewegung nach. „Tun andere Kinder das auch?“
    „Sie haben alle ihre Eigenarten, so wie ältere Menschen auch.“
    Sie lächelte verlegen. „Offensichtlich habe ich nicht viel Erfahrung mit Säuglingen. Ich war das jüngste Kind in meiner Familie. Ich habe mit allem lieber gespielt als mit Puppen – mit Stofftieren, selbst mit den kleinen Soldaten meiner älteren Brüder, wenn es mir gelang, sie zu stehlen. Bis ich schwanger wurde, hat mir der Gedanke, Mutter zu sein, nie gefallen.“ Ihr Lächeln verblasste. „Aber als

Weitere Kostenlose Bücher