Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition)
Als Ladek versucht hat, uns auseinanderzubringen, hat Skaris ihn mit einem Stuhl niedergeschlagen und ist davongerannt. Ich habe ihn bis an den Rand eines Abgrunds nahe dem Beros-Berg gejagt. Wir haben wieder gekämpft. Er ist gefallen.“ Marek hielt inne. „Weil ich ihn gestoßen habe.“
Coranna sprach erst nach einem langen Augenblick wieder. „Du hast im Zweikampf mit einem Bären gestanden. Wenn du ihn nicht von dieser Klippe gestoßen hättest, hätte er dich umgebracht?“
„Er hätte es gekonnt.“ Marek öffnete die Augen. „Wird er Rhias Seelenteil loslassen?“
„Noch nicht.“ Sie setzte sich auf und rieb sich die Stirn. „Die Einzige, die dieses Mal übergetreten ist, ist Dori.“
„Ohne ihren Mann?“
„Zilus war einer der Schlimmsten. So verbittert. Nicht dass ich ihm Vorwürfe mache.“ Sie streckte eine zitternde Hand aus, und Marek half ihr dabei, aufzustehen. Coranna war leichter, als er es in Erinnerung hatte.
„Was tun wir jetzt?“
„Deinetwegen? Ich habe mich noch nicht entschieden.“ Sie schlurfte an den Tisch und löschte das Bündel Thanapras in einer Schüssel Wasser. „Ich kann nicht dein Richter sein, weil meine Aussage alles ist, was gegen dich steht.“
„Wirst du einen anderen Richter kommen lassen?“
„Ich sagte, ich habe mich noch nicht entschieden.“
„Wenn meine Bestrafung das Einzige ist, was Skaris davon überzeugt, loszulassen …“
„Nur weil er tot ist, bedeutet das nicht, dass er im Recht ist. Für mich klingt alles nach Selbstverteidigung.“
Marek zwang sich, den Mund zu halten. Vielleicht war es in dem Augenblick, in dem er Skaris gestoßen hatte, Selbstverteidigung gewesen, aber nicht, als er ihn gejagt hatte oder als er ins Haus des Bären eingedrungen war, um Rache zu nehmen.
„Geh jetzt“, sagte sie. „Rhia muss schon darauf brennen, zu hören, wie es mir ergangen ist, obwohl Skaris ihr bereits das meiste erzählt haben dürfte.“
Marek kehrte nach Hause zurück und fand Rhia auf dem Bett ausgestreckt. Sie sah blass aus, als hätte man ihr die Farbe von der Haut geschrubbt. Ihr rotbraunes Haar hing ihr ins Gesicht und breitete sich in alle Richtungen zu unordentlichen Wellen aus.
Sie sah zu ihm auf, als er sich ihr näherte, hob aber nicht den Kopf. „Er hat es mir gesagt. Es hat nicht funktioniert.“
„Es tut mir leid.“ Er setzte sich neben sie und strich ihr die Haare aus der kalten Stirn. „Wann hast du das letzte Mal etwas gegessen?“
„Frühstück. Von Essen wird mir schlecht.“
„Weil du nichts gegessen hast. Elora hat dir doch gesagt, du sollst mehrmals am Tag eine Kleinigkeit zu dir nehmen.“
„Sie hat mir auch gesagt, mein Rücken würde erst in zwei Monaten wehtun, sie ist also nicht gerade unfehlbar.“
„Helfen die Meditationen wenigstens gegen …“ Marek unterbrach sich. Skaris’ Namen auszusprechen schien den Bären besonders oft zum Reden zu bringen.
„Etwas. Ich höre ihn nur noch, wenn meine Verteidigung geschwächt ist. Wenn ich müde bin.“
„Und das ist immer.“
Sie nickte. „Elora hat gesagt, das ist normal.“
Marek ging an den Schrank und zog einen kleinen Stapel Brotfladen heraus. Er brachte sie ans Bett und riss eine Ecke für sie ab. „Nahrung gibt Kraft, jedenfalls habe ich das gehört.“
Sie kaute auf dem kleinen Bissen Brot. „Hast du das gebacken?“
„Mit dem Mehl aus Asermos.“
Sie kaute vorsichtig, schluckte und zögerte dann, als warte sie auf eine Reaktion. „Ich will mich davon nicht übergeben.“
„Oh, sehr umsichtig.“ Er genoss den Anblick ihres verhaltenen Lächelns. „Gehen wir nach Hause“, sagte er plötzlich.
Sie sah sich um. „Wir sind zu Hause.“
„Dein Zuhause. Asermos.“
„Warum?“
„Überleg mal. Skaris ist gestorben, während du in Asermos warst, aber erst als du hierhergekommen bist, hast du angefangen, seine Stimme zu hören – und die der anderen auch.“
„So funktioniert es nicht, sagt Coranna.“
„Hat Coranna immer recht?“
Rhia kaute und schluckte noch einen Bissen, ehe sie den Kopf schüttelte.
„Was kann es schaden?“, fragte er. „In Asermos bekommst du außerdem eine bessere Versorgung für unser Kind.“
„Elora ist eine gute Heilerin.“
„Aber sie ist ein Otter, keine Schildkröte.“
Sie runzelte die Stirn. „Ich brauche keine Schildkröte. Meine Schwangerschaft verläuft ganz normal.“
„Eine Stimme in deinem Kopf zu haben ist nicht normal.“
„Ich kann Kalindos nicht verlassen. Die
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