Im Zeichen der Menschlichkeit
des Jugendrotkreuzes unter Anteilnahme der Presse und örtlicher Honoratioren ein Pflanzloch aus, setzten das noch etwas spillerige Bäumchen ein, schütteten Erde nach und gossen an. Auch wenn es sich vorwiegend um einen symbolischen Akt gehandelt habe, berichtet Günther, hätten sie doch alle das Gefühl gehabt, »der Natur etwas Gutes zu tun«, und damit auch den Menschen als einem Teil der Natur. Bäume spenden Schatten, verbrauchen Kohlendioxid, regulieren das Klima und erhöhen das Wohlbefinden. In ganz Thüringen haben seither derartige Baumsetzungen stattgefunden, mal mit Unterstützung der Landesforsten, mal mit Nachhilfe einer Baumschule, begleitet von themenbezogenen Spiel- und Bildungsangeboten für Kinder und Jugendliche. Das Spektrum reicht von einfachen Experimenten bis zur Online-Aktion und vom Klima-Quiz bis zum Selbsttest: Wie klimafreundlich ist unsere Schule? Wie klimafreundlich lebe ich? Zwei Helfer haben dem Roten Kreuz auch gleich noch ein Geburtstagsständchen geschrieben – nach der Melodie von Mein kleiner grüner Kaktus .
Keine besonderen Vorkommnisse
Mit 160000 ehrenamtlichen Helfern bilden die Bereitschaften heute die größte Gruppe innerhalb des DRK . Sie unterstützen den Rettungsdienst, betreuen Blutspendetermine und stehen für folgenschwere Unglücksfälle bereit. Zu den klassischen Aufgaben gehört auch der Sanitätsdienst bei Fußballspielen, Autorennen oder Popkonzerten. Eine der größten Massenveranstaltungen ist jedes Jahr der Karneval in Köln.
Am Rosenmontag ist Isabel Diener früh um halb sieben auf den Beinen. Die Medizinstudentin kam einst als Patientin zum Roten Kreuz – mit einem Wespenstich. Inzwischen führt sie selbst eine Einsatzeinheit. Die Zelte der Unfallhilfsstelle blähen sich zu Füßen des Doms im Wind; an den umliegenden Kreuzungspunkten haben sich Vierertrupps der Bereitschaften postiert, junge, engagierte Leute zumeist, die, abgesehen von den Besatzungen der Rettungswagen, alle ehrenamtlich tätig sind. Die Betroffenen werden zunächst in der Unfallhilfsstelle behandelt, schwere Fälle übernimmt dann der Rettungsdienst.
Anfangs bleibt noch Zeit für einen Plausch mit den Kollegen, auf den Straßen ist es noch ruhig. »Das Beste am Dienst ist die Gemeinschaft«, meint die Zugführerin, »sie macht selbst langweilige Arbeiten reizvoll.« Die Mitglieder halten auch privat Verbindung, machen Fahrradtouren und Grillabende. Wobei sie auch die Einsätze als »eine Art von Freizeit« ansehen, als Hobby und Berufung zugleich.
Allmählich strömen immer mehr Schaulustige an die Strecke, die Tribünen füllen sich. Tarzan trifft Ölscheich, Nofretete küsst Wikinger. Isabel Diener trägt es mit Gleichmut, dass sie alle naslang auf ihre tolle Verkleidung als Sanitäterin angesprochen wird. Dann heißt es: »Zug in unserem Abschnitt.« Getragen von einer Woge des Jubels, kriecht der kilometerlange Lindwurm durchs Zentrum. Die Sinne taumeln, das Auge findet nirgendwo Halt im Gewühl. Umzugswagen, Tanzgruppen, Reiter und Musikkapellen ziehen vorbei, Wolkenbrüche aus Konfetti und Kamellen regnen aufs verzückte Publikum nieder. An der Unfallhilfsstelle bleibt es lange ausgesprochen ruhig, lediglich ein Schwächeanfall und ein paar Passanten mit flauem Gefühl in der Magengegend finden sich ein. Doch plötzlich entsteht Bewegung, die Helfer im Zelt machen sich bereit: »Was Chirurgisches kommt!«
»Liegend?«
»Nein, kann wohl noch laufen.«
Eskortiert von zwei Helfern, tappt der Unglücksrabe auch schon heran: ein Gardist in der schmucken Dragoneruniform der Blauen Funken, sichtlich lädiert und mit blutüberströmtem Gesicht. Er wirkt wie ein Soldat, der direkt aus der Schlacht zum Verbandsplatz wankt; tatsächlich wurde die Karnevalsgesellschaft einst 1870 während des Kriegs gegen Frankreich gegründet. Doch den Jecken hat kein Artilleriegeschoss getroffen, sondern eine Schokoladentafel, wie sie die Karnevalisten von den Prunkwagen in die Menge werfen. Die Bereitschaftshelfer haben ihn aus dem Zug gefischt, er selbst hat die Platzwunde im ersten Schock gar nicht bemerkt.
Aus Sicht der Einsatzleitung kann der Umzug als ein wohlvorbereitetes Chaos betrachtet werden. Sie sitzt fernab in einem Bürohaus, Tür an Tür mit dem Festkomitee. Ordnungsamt, Bundesbahn, Feuerwehr, Polizei und Hilfsorganisationen arbeiten eng zusammen, der Karneval würde die Kapazitäten einer einzigen Institution übersteigen. Mehr als fünfhundert Ehrenamtliche sind beteiligt. Eine
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